z'nehmen, uns aufs Verhandeln eing'lass'n, weil jeder nur auf sein Fell, auf sein' Vorteil g'schaut, weil wir nit einig war'n^^." So trium phieren schließlich wieder die Herren, der Graf von Milland zeigt im letzten Auftritt den Auf ständischen den abgeschlagenen Kopf Gaißmayrs — und während die eingeschüchterten Bauern um Gnade bitten, läßt der Graf den Erzherzog Ferdinand und das ganze Habsburgische Haus hochleben. Die Sprache Kranewitters ist im Wortschatz und in der Syntax tirolisch getönt. Mundartliches fließt ein, nicht nur in die Dialoge der ländlichen Bevölkerung, sondern auch in die Sprechweise des Grafen. Schon in diesem Früh werk deutet sich das Bestreben an, aus naturali stischer Milieubefangenheit zu dramatischer Bal lung und Steigerung zu gelangen, Eigenschaften, welche die weitere Entwicklung Kranewitters vom „Andre Hofer" (1900) bis zu dem Einakter zyklus „Die sieben Todsünden" (1909—1925) auf einem Wege charakterisieren, auf dem er als Vorläufer seines erfolgreicheren Landsmannes Karl Schönherr bezeichnet werden kann. Die Gestalt des tirolischen Florian Geyer hat vier Jahrzehnte nach Kranewitter der Südtiroler Josef Wenter (1880—1947) nochmals auf die Bühne gestellt. Doch sein Drama „Michel Geismair" (1940) — die Schreibung des Eigen namens ist wechselnd — bedeutet weder dichte risch noch dramaturgisch einen Fortschritt gegen über dem älteren Vorgänger. Dem Thema Bauernkrieg hat sich, noch in der naturalistischen Phase seiner Entwicklung, ein Autor zugewendet, der bald darauf als progres siver Lyriker des Expressionismus bekannt ge worden ist: August Stramm (1874—1915). Sein Jugendwerk „Die Bauern", ein Schauspiel in fünf Akten, ist 1905 entstanden und erst aus dem Nachlaß an die Öffentlichkeit gelangt. Der 1927 als Manuskript vervielfältigte Text lag als Regie buch der Uraufführung vom 6. Dezember 1929 am Landestheater in Oldenburg zugrunde. Das Stück ist heute im Rahmen der von Rene Radrizzani herausgegebenen Gesamtausgabe abge druckt^®. Verschiedene literarische Anregungen sind feststellbar: stofflich Kleists „Michael Kohl haas", in der dramatischen Konzeption Goethes „Götz" und vor allem Hauptmanns „Florian Geyer". In der Verwendung der niederdeutschen Mundart ist der Verfasser nicht konsequent: Hochsprache und Dialekt stehen selbst innerhalb mancher Sätze nebeneinander, auch in der Schrei bung mundartlicher Wörter gibt es dauernd Ver schiedenheiten. Desgleichen wird hinsichtlich der Sprachschichten der einzelnen Personen nicht folgerichtig differenziert^®. Die durch Kleists Erzählung geläufige Kolbas = Handlung (so die Schreibung des Eigennamens bei Stramm!) ist ausgeweitet, der Kleistsche Roßhändler wird zu einem Freibauern gemacht, seine private Ver geltungsaktion schwillt zu einer Bauernbewegung an, die von Kleist als „Hölle unbefriedigter Rache" bezeichnete Handlungsweise des Rebellen wird zu einer sozialen Tat für die unterdrückten Volksmassen umfunktioniert. Kolbas will die Bauern nicht „sitzen" lassen in ihrer Not, als die Landsknechte des Herzogs kommen: .. ik hevv noch keinen sitten lotten, dä in Not wor®"!" Aber auch er gerät wie die übrigen bekannten Bauernführer in Konflikt mit denen, die Untat gegen Untat setzen und aus Recht suchenden zu Räubern und Mördern werden. Hier fehlt der Hinweis auf Luther nicht, auch Götz von Berlichingen, Florian Geyer und Thomas Münzer werden genannt. Kolbas selbst endet nicht wie bei Kleist unter dem Beil des Scharfrichters, sondern stirbt, schwerverletzt durch fanatische Bauern, die er am Rauben und Plündern hindern wollte, im Anblick seines Her zogs, der das letzte Wort über ihn in diesem Drama spricht: „Deckt ihn zu!... Er war ein Mann . . . der Besten wert®^!" Die Ära des Expressionismus war einer Wen dung zum Historischen nicht zugetan. Dennoch gibt es ein Sonderbeispiel merkwürdiger Art: Franz Kranewitter: Michel Galßmayr. Tragödie aus dem Tiroler Bauernkriege von 1525. In: F. K.: Gesam melte Werke. Herausgegeben von der Adolf-PichlerGemeinde in Innsbruck. Mit einem Vorwort von Hans Lederer, Graz-Wien-Leipzig-Berlin 1933, S. 226. August Stramm: Das Werk. Herausgegeben von Rene Radrizzani, Wiesbaden 1963. Das Schauspiel „Die Bauern", S. 253—350. ^ Vgl. diesbezüglich die Bemerkungen des Herausgebers der Gesamtausgabe, a. a. O., S. 483 f. Ebenda, S. 338. " Ebenda, S. 350.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2