Professor Georg Grüll gestorben Mit 1 Abbildung Am Nachmittag des 18. September ist Professor Georg Grüll kaum zwei Monate nach Vollendung seines 75. Lebensjahres gestorben. Mit ihm ist ein Mann von uns gegangen, der als Landes historiker und Archivar ganz bedeutende Lei stungen vollbracht hat. Die Daten seines äußeren Lebensweges bean spruchen nur wenig Raum. Georg Grüll wurde am 21. Juli 1900 in Rechberg im Mühlviertel als Sohn eines Lehrers geboren. Er besuchte die Volksschule in St. Florian und anschließend von 1912 bis 1915 das Akademische Gymnasium in Linz. So wie seine Vorfahren wollte auch er Lehrer werden und trat daher 1916 in die Linzer Lehrerbildungsanstalt über. Nach freiwilligem Kriegsdienst legte er 1920 in der Lehrerbildungs anstalt in Krems die Matura ab. Vier Jahre lang (1920 bis 1924) war Grüll in mehreren Orten des unteren Mühlviertels als provisorischer Leh rer tätig. Nachdem er 1923 in Linz die Lehrbefähigungsprüfung abgelegt hatte, leitete er 1924 bis 1937 die einklassige Volksschule in Lohnsitz bei Gaflenz. Im Jahre 1937 kam er nach Linz, wo seine Tätigkeit als Oberlehrer und Volksschuldirektor mehrfach durch Kriegsdienste unterbrochen wurde. Aus englischer Gefangen schaft zurückgekehrt und wegen seiner politi schen Einstellung außer Dienst gestellt, beschäf tigte ihn ab 1946 der damalige Landesarchivdirektor Ignaz Zibermayr als Hilfskraft im oö. Landesarchiv. Im Jahre 1954 wurde er dann als Vertragsbediensteter des gehobenen Fach dienstes aufgenommen und trat nach Erreichung der Altersgrenze mit 31. Dezember 1965 in den Ruhestand. Schon als junger Lehrer hat sich Grüll neben seinem Beruf intensiv der Heimatgeschichte ver schrieben. Sein Interesse galt jeweils dem Be reich, den er aus eigener Anschauung kannte, dem Markt Münzbach, der Herrschaft Windhaag, den Pfarren Altenburg und Pergkirchen sowie dem Raum Gaflenz—Weyer. Bereits in dieser Zeit trat die Vielseitigkeit seiner Interessen hervor. Er beschäftigte sich mit den Flurnamen, mit Häusergeschichten, mit der Baugeschichte von Kirchen und Burgen, mit Familiengeschichte, mit besonderen historischen Ereignissen, mit der Ge schichte der Landwirtschaft, mit Volkskunde und nicht zuletzt mit Schulgeschichte. Als einer der ersten auf diesem Gebiet begann Grüll 1924 die Verhärtung der Matriken der Pfarre Gaflenz mit dem Ziel, die Bevölkerungs geschichte innerhalb eines begrenzten Raumes erschöpfend zu behandeln. Er hat sich schon mit Sippenforschung und Familiengeschichte beschäf tigt, bevor sie unter dem Nationalsozialismus staatlich gefördert wurde. In den Jahren 1938 bis 1945 war er Leiter der Hauptstelle für Ahnen nachweise und der „Arbeitsgemeinschaft für Sip penforschung und Sippenpflege im Gau Ober donau". Diese Dinge sind nach 1945 vorüber gehend in einen sehr schlechten Ruf gekommen, weil sie eine politisch bedingte Modeerscheinung waren, und das erarbeitete Material auch für die naturwissenschaftliche Rassenlehre ausgewertet werden sollte. Diese Abwertung ist inzwischen auf ein vernünftiges Maß reduziert worden, und Grüll war auch damals schon viel zu sehr an den Quellen orientierter Forscher, um hier den Boden unter den Füßen zu verlieren und sich in frucht lose Spekulationen zu ergehen. Er hat auf diesem Gebiet Bleibendes geleistet, eine Bestandsauf nahme der Matriken durchgeführt und dieses Verzeichnis auch im Druck herausgebracht. Er hat verschiedene Anleitungen zur Benützung die ser wichtigen Quellen verfaßt und solche audr selbst für genealogische Arbeiten ausgewertet. Wäre die systematische Verhärtung der Matri ken und die Zusammenstellung von Genealogien der einzelnen Familien, wie man sie damals in Angriff nahm, vollendet worden, würde heute ein einzigartiges Quellenwerk zur Bevölkerungs geschichte des ganzen Landes vorliegen. Schon in Gaflenz war Grüll Archivalienpfleger für den Bereich des Bezirksgerichtes Weyer und hat hier in seiner Gründlichkeit einzelne Archive geordnet, um sie für seine Forschungen brauch bar zu machen, da ein ungeordneter Bestand eben nicht benützbar ist und auch nicht zitiert werden kann. Seit seinem Eintritt in das Landes archiv mit 46 Jahren hat er sich dann dienstlich vor allem solchen Arbeiten gewidmet. Er hat auf diesem Gebiet eine einmalige Fertigkeit erlangt und unglaubliche Massen an Archivalien bewäl tigt. Es ist hier natürlich nicht der Ort, alle diese
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