Geistlichen! Doch seine Tage in der Pfarre Ober weißenbach waren gezählt. Die Protestanten ver langten von ihm das Sakrament des Altares unter beiden Gestalten. Weil er ihnen das ver weigerte, brachten sie ihm keinen Zehent, unter ließen das Heiraten und Taufen, schickten auch ihre Kinder nicht zur Schule. Weil aber der Pfarrer das Dorf nicht verließ, brach eines Tages gegen ihn eine offene Widersetzlichkeit aus. Die Bauern rotteten sich zusammen, bewaffneten sich mit Sensen, Gabeln und Dreschflegeln und trie ben ihn gewaltsam fort. Auch den Schulmeister, der zu den wenigen Katholischen zählte, warfen sie hinaus und sperrten die Schule. Ja, die Bauern gingen sogar daran, aus ihrer Mitte eine große Anzahl wehrfähiger Männer auszusuchen und diese zu Kompanien zusammenzuschließen — wer nicht freiwillig mitmachte, dem wurde von den Anführern das Dach über dem Kopf in Brand gesteckt. Mit Waffen versehen, durch zogen sie die umliegenden Dörfer und belagerten schließlich die Burgen Piberstein, Waxenberg und Helfenberg. Einfache Bauersleute und plündern des Gesindel schlössen sich ihnen an. Von den Grundherren auf den Burgen verlangten die Lutherischen, daß ihnen kein katholischer Geist licher mehr aufgezwungen werde, daß sie frei ihrem neuen Glauben leben dürften und daß für ihre Toten wieder der Friedhof freigegeben werde. Bisher waren sie durch das Verbot der Friedhofbenutzung gezwungen, die verstorbenen Lutheraner im Garten beim Edtdopplergut in Stumpten zu beerdigen. Doch die Strafe folgte bald auf diese Widersetzlichkeit. In jedem Dorf nahm eine Kompanie Quartier. Nun gingen geistliche und weltliche Obrigkeiten daran, die Bekehrung der Protestanten mit aller Strenge zu vollziehen. Jedermann hatte an Sonn- und Feier tagen beim katholischen Gottesdienst anwesend zu sein. Alle lutherischen Prediger und Schul meister mußten das Land verlassen. Die Kinder mußten wieder getauft und die Ehen wieder in der Kirche geschlossen werden. Ostern wurde als letzte Frist zur Rückkehr in die katholische Reli gionsgemeinschaft gesetzt. Von den Geistlichen mußte ein Verzeichnis über die Beichtkinder an gelegt werden, damit gegen jene, die nicht gebeiditet hatten, mit Strafe vorgegangen werden konnte. Waffen und lutherische Bücher waren abzuliefern. Wer heimlich Zusammenkünfte ver anstaltete, war mit Gut, Leib und Leben dem Gerichte verfallen. Darum wanderten zeitweilig lutherische Bewohner des Weißenbachtales in die Grafschaften Ortenburg und Regensburg. An dere wieder trafen sich in einsamen Häusern zu Postillenlesungen und Predigten. Am Südostabhang des Langsteinerwaldes befin det sich ein Steinblock, der seit dieser Zeit als Predigtstein bezeichnet wird. Aus den umliegen den Waldhängen versammelten sich die Unter tanen bei diesem Stein, wo ein Prädikant aus der Bibel vorlas tmd ihnen predigte. Der lutherisdie Freithof In Köckendorf nahe Afiesl liegen bayrische Rei tersoldaten. Stuben, Keller und Scheune sind geplündert, Truhen und Kästen durchwühlt. Beim ödnerbauern hausen zwei Offiziere. Ihren Soldaten fällt Tag für Tag ein neues Ungemach ein, das sie den Bauersleuten zufügen. In der großen Stube liegen schwere Reitersäbel und geladene Pistolen griffbereit. An der Wand hän gen die breitkrempigen, prächtigen Hüte der Offiziere mit den bunten Federbüschen an der Seite. Die Offiziere selbst, gekleidet mit gold betreßtem Wams, weiten Beinkleidern tmd lan gen Schaftstiefeln, sitzen allein in der Stube und vertreiben sich die Zeit bei Kartenspiel und Wein. Draußen am Gang hallt der schwere Schritt des Wachesoldaten. Der Hof selbst gleicht einem Feldlager. Auf der Tenne stehen die Pferde, und vor dem Haus lärmen die ausgelassenen Reiter. Die verängstig ten Bauersleute haben in der Haarstube, einer strohgedeckten Hütte am Waldrand, Zuflucht ge sucht. Tag um Tag sehen sie, wie ihr Hab und Gut von den wilden Gesellen mutwillig beschä digt oder vernichtet wird. Mit geballten Fäusten steht der junge Bauer vor der Tür, und sein Weib hat oft große Mühe ihn zu besänftigen. Mit roher Gewalt und harten Strafen sollen die Untertanen zum katholischen Glauben zurück geführt werden. Nur ein Ausweg steht ihnen offen: Die Heimat verlassen. In den norddeut schen Landen unter Regierung eines protestan tischen Fürsten können sie hoffen, ihren luthe rischen Glauben frei bekennen zu dürfen. Zu
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