OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

Eisfischen am Irrsee Mit 2 Abbildungen Der Irrsee ist in der Regel von Anfang Jänner bis Mitte März zugefroren. Er hat dann meist eine feste, tragfähige Eisdecke. Die Uferbewohner überqueren in dieser Zeit den See zu Fuß, nachdem ein Weg mit Stauden markiert wurde. Nach Angaben von Ortsbewohnern erreicht die Eisdecke eine Stärke bis ca. 50 cm. Infolge des Eises ruht heute im Winter die Fischerei auf dem Irrsee. In der Zeit um die Jahrh~ndertwende bis in die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg wurde aber am Irrsee die „Eisfischerei" (siehe Abb. 1) betrieben. In Zell am Moos lebt heute noch einer von jenen, die damals beim Eisfischen dabei waren. Es ist der heute 89jährige Franz Schink (Hausname „Männer"), Guggenberg 43, geboren am 25. Februar 1885. Ihm verdankt der Verfasser in der Hauptsache, daß die folgende Schilderung festgehalten werden kann. Seit alters her bestanden auf dem Irrsee feste, an bestimmte Häuser gebundene Fischereirechte. Die Fischerei des damaligen Seebesitzers übte zu jener Zeit ein Fischermeister namens Mehlmann aus. Die Fischerhütte stand bei der Einmündung des Zellerbaches. Das Fahrzeug der Fischer war damals hier noch der Einbaum1 . Am Irrsee gab es Einbäume bis in die dreißiger Jahre. In der Schiffhütte stand auch der Kalter, und hier war auch das große Zugnetz (die „Segn") aufbewahrt, wenn es nicht gerade im Freien daneben auf Stangen zum Trocknen ausgespannt war. Die Schiffhütte barg auch das andere Gerät für die Eisfischerei, nämlich zwei 11Segnschlitten", das 11Fischfaßl", 11Eishacken" und 11Griesbeile". Das 11Segnfischen" war am Irrsee bis 1950 die übliche Art der Großfischerei2 . Das Fischen mit der 11Segn" mußte bei zugefrorenem See naturgemäß völlig anders vor sich gehen. Ein Boot war da nicht zu verwenden. Die Voraussetzung für das Eisfischen war die Tragfähigkeit des Eises. Es mußte 11mindestens sechs Zoll" Dicke erreicht haben. Das ist häufig Anfang Jänner schon der Fall. Sechs Männer waren beim 11Segnfischen" auf dem Eis erforderlich. Außer der ortsüblichen Kleidung hatten sie Stiefel an und einen Lederschurz umgebunden. Gestrickte Fäustlinge wurden beim Ziehen des Netzes angezogen. Die "Segn" wurde wegen Ihres Volumens auf zwei nebeneinander fahrende Schlitten (die 11Segnschlitten") verladen. Diese Schlitten waren eigens für diesen Zweck gebaut (siehe Abb. 2). Es mußten besonders starke Schlitten sein, weil die „Segn" im nassen Zustand ein großes Gewicht hatte. Zur Erhöhung der Festigkeit waren sie mit Eisenverstrebungen versehen. Auch in ihrer Form weichen sie von den üblichen Schlitten dieser Größe ab. Die Kufen (naturgewachsen) sind breiter, ihr Abstand voneinander beträgt 85 cm, ihre Länge 205 cm. Die Höhe der Schlitten beträgt 48 cm. Die lastentragenden waagrechten Querhölzer (,,Ewö") sind mit 122 cm auffallend weit auseinandergesetzt. Bei der Verwendung des Schlittens wurden für die Lagerung der „Segn" Bretter darüber gelegt. Zur Fortbewegung auf dem Eis wurde vorne ein Seil angebracht. Einer der beiden Schlitten mußte auch das „Fischfaßl" aufnehmen, ein längliches Faß mit einer Öffnung an der Längsseite. Ferner wurden zwei Winden (einfache hölzerne Haspelwinden) zum Ziehen des Netzes mitgenommen. An Werkzeug brauchte man Hacken zum Öffnen der Eisdecke (,,Eishacken"). Diese waren langstielig, hatten eine verhältnismäßig schmale, ebene Schneide und einen längeren Kragen. Zum Einführen des Zugnetzes unter das Eis waren zwei ca. 8 m lange Stangen (aus Fichte) notwendig. Für das Führen der Stangen unter dem Eis brauchte man "Griesbeile" (an einer Stange befestigte Spitzhaken). Mit den beladenen 11Segnschlitten" ging es über das Eis zum vorgesehenen Platz, wo der "Zug" gemacht werden sollte. Die Plätze für die „Züge" (Ziehen des Zugnetzes) waren annähernd dieselben wie beim „Segnfischen" ohne Eisdecke. Diese Plätze mußten 11geräumt", d. h. die Hindernisse (Astwerk u. a.) auf dem Seeboden entfernt werden, um das Netz nicht der Gefahr des Zerreißens auszusetzen. Dies geschah mit Hilfe einer Art großer Eisenangeln, die an einem Seil aufgehängt über den Seeboden gezogen wurden. Es kam aber vor, daß dann wieder Holz angetrieben wurde und sich ein Netz daran verfing. 1 Vgl. Walter Kunze: Der Mondseer Einbaum; Jb. d. 00. Musealvereines, 113. Bd. {1968), I, 5. 173 ff. 2 Eine am Mondsee und Irrsee gebräuchliche „Segn" ist im Heimatmuseum Mondsee ausgestellt. 95

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2