OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

ärgert das Schildchen „Photographieren verboten", weil über weite Strecken der Sinn nicht einzusehen ist. Also trug bereits meine erste Sonderausstellung im Innviertler Volkskundehaus die weithin sichtbare Bekanntgabe „Photographieren gerne gestattet". Die Wirkung dieser kleinen Geste auf das allgemeine Ausstellungsklima war außerordentlich. Warum sollte man auch verbieten, was im Grunde gar nicht wesentlich ist? Die weitaus größte Zahl der Besucher knipst ohnehin herum, daß einem die Filme leid tun - aber die Leute sind glücklich, wenn es gestattet ist. Das Ergebnis sind bestenfalls Erinnerungsphotos, die darüber hinaus kaum eine Auswertung erlauben. Wer gute Aufnahmen machen will, muß ohnehin mit Stativen und Lampen angerückt kommen, braucht Stromanschlüsse und damit automatisch die Genehmigung der Museumsleitung. Außerdem ist ein solches Photographieren auffallend genug und kann vom Aufsichtspersonal leicht kontrolliert werden. Kurzum, der Besucher ist glücklich, wenn er Großzügigkeit begegnet. Derartige Eindrücke bleiben haften und tragen ihre Früchte, wie die Erfahrung zeigt. Gesprächsbereitschaft und ein Anerkennen des oft erstaunlichen Wissens der Besucher gehören ebenfalls dazu - auch ein paar Sitzgelegenheiten, damit Müdegewanderte Platz nehmen können. Natürlich gibt es auch Leute, die jedes Entgegenkommen schamlos ausnützen, aber sie sind in der Minderzahl, glücklicherweise. Begeisternd in Einzelfällen, aber insgesamt doch etwas problematisch verläuft das Unternehmen, Jugendliche ins Museum zu bekommen. Die Möglichkeit, wie in Bonn eine Bar einzurichten, hat nicht jeder - wobei außerdem nicht ganz sicher ist, ob Erfolge dieser Art überhaupt wünschenswert sind. Neben dem Bemühen, Schulklassen gut zu betreuen, nämlich Schülern mehr zu bieten als den Spaß ausfallender Schulstunden (wobei man sich eine entsprechende Mitarbeit der Lehrpersonen sichern muß), zielte vor einiger Zeit auch in diese Richtung eine Sonderausstellung (,,Jugend stellt aus"). Ein paar kunstbegeisterte junge Leute sammelten Blätter und Objekte künstlerisch tätiger Jugendlicher und gestalteten völlig eigenständig eine optisch sehr ansprechende Schau, in die seitens der Museumsleitung weder wertend noch sonst „manipulierend" eingegriffen wurde. Im Interesse einer breitestmöglichen Wirkung wurden auch gerne kleine Abendveranstaltungen im Ausstellungsraum gestattet, bei der in gastlicher Atmosphäre lautstark musiziert und auch deklamiert wurde. Der unbekümmerte und wenig pflegliche Gebrauch der Einrichtung konnte nach mancherlei Bremsmanövern noch akzeptiert werden, blaß wurde der Kustos erst, als er am nächsten Tag trotz unauffälliger Beaufsichtigung an den unglaublichsten Stellen ausgedrückte Zigarettenreste fand. Penetranteste Randerscheinung war aber immer wieder die Bildung von Diskussionsrunden, in die Jugendliche von ultralinken „Studenten" förmlich gezwungen wurden. Das normale jugendliche Publikum verließ deshalb nicht nur einmal die Szene. Soweit ganz offen ein paar Erfahrungen, die zeigen, daß es bei aller Aufgeschlossenheit auch Grenzen gibt, die abgesteckt bleiben müssen. Sehr erfolgreich wirken sich Aktivitäten aus, die mit Dichterlesungen und kleinen Hauskonzerten Museumsräume direkt in das Kulturleben der Stadt einbeziehen. Die Meinung führender Museumsleute, daß derartige Verbindungen verschiedener Kunstzweige fehlgehen, weil der Besucher nicht gleichzeitig Musik und bildende Kunst aufzunehmen imstande ist, ist nicht stichhaltig. Der Mensch ist freilich nicht fähig, sich in zwei Konzentrationen gleichzeitig zu versenken, darin liegt aber auch die Lösung: Wenn der Musik gelauscht wird, werden die Werke der bildenden Kunst nur mehr im Unterbewußtsein wahrgenommen, sie werden zur Staffage und dienen nur mehr dem festlichen Rahmen (dem sie über weite Strecken übrigens auch ursprünglich gedient haben!). Eben diese Atmosphäre wird als besonders anregend empfunden und wird mit steigenden Besucherzahlen gewürdigt. Auf erlesene Qualität, sowohl des gesprochenen Wortes wie der Musik (zwangsläufig Kammermusik in kleinsten Besetzungen) ist allerdings besonders zu achten, sonst erlischt die Wirkung schlagartig. Auf Erfahrungen in beiden Richtungen kann verwiesen werden. Im Innviertler Volkskundehaus pendeln sich solche Veranstaltungen derzeit ein und bringen zum Beispiel: Dichterlesung Wilhelm Rudnigger 93

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