der Divisionsstab in Linz relativ gut über die Entwicklung informiert i,st. Der Kampf-Wert dieser Truppen ist von vornherein bescheiden; er wird noch dadurch wesentlich beeinträchtigt, daß die Einheiten zusammengewürfelt si:nd und sich viele Soldaten untereinander überhaupt nicht kennen. Hinzu kommt die unt.erschiedliche Auffas•sung der militärischen Führer, d~e noch dazu mi•t den Tendenzen der Soldaten nicht übereinstimmen. Energischer Widerstand soll in ,dlies•er Phase nur noch gegenüber dem Osten geleiSll:eit werden, inwiewei!t der nach Osten kämpfenden Truppe der Rücken gedeckt oder für ein rarsches Absetzen freigehalten werden soll, darüber gehen die Meinungen auseinander oder ändern sich täglich. Die Tendenz der Truppenführung, vor allem die Ostfront zu -stärken, wird wieder von den meis·ten Soldaten nicht geteilt, die alles andere, nur keine Abkommandierung nach dem Osten ·erstreben. Die Einheiten, die nun OberöSlt.erreich schützen sollen, 10.000, vi,elleicht auch 15.000 Mann, machen nur zwei Prozent jener Truppen aus, die im Osten der deuts•chen Heeresgruppe „Süd" (Rendulic) unterstehen. Hier verteidigen noch rund 800.000 Mann die Front, atlso Niederösterreich nördlich und südlich die,r Donau, dazu Nord- und Oststei.ermark. Bezeichnend für die Verteidigung Oberösterreichs i1st, daß etwa die Regimentsgruppe, die für den oberösterreichischen Bereich Gmunden-Braunau zuständig iSlt, einen Bereich umfaßt, für den 100 km weiter ostwärts eine ganze deutsche Armee eingesetzt ist. Im letzten Augenblick, am 2. Mai 1945, werden Bad Hall, Bad Schallerbach, Gal1spach, Gmunden, Bad Isch'1, Goisern, St. Wolfgang und Bad Aus,see als „Lazarettorte" aus dem vermeintlichen Kampfgebiet ausgeklammert. Übrigens sagen die friedensmäßigen Bezeichnungen wie Regiment, Division, Korps oder Armee längst nichts mehr aus. Es sind vielfach nur noch hochtrabende Namen zusammengeschrumpfter und ausgebrannter Einheiten, Gruppen V1erzweifelter Soldaten. Noch am 15. April hatte Gaulei:ter Eigruber für den Leiter der Parteikanzlei Bormann bekanntgegeben, der Gau Oberdonau ,sei seit Monaten 86 darauf vorbereitet, zu kämpf.en; in dem Fernschreiben werden allerdings gleichzei<tig auch Zweifel angedeutet, ob der Gau überhaupt noch zu verteidigen sei. War ,damals vor ,allem noch an eine Verteidigung gegenüber dem Osten gedacht, so sollte innerhalb der nächsten 14 Tage ein.e radikale Wendung vorgenommen werden und die westliche Gaugrenze al1s westlriche Grenze der Heeresgruppe „Süd" zwi;schen Wallern, Schärding, Braunau und Salzburg zur Verteidigung vorbereitet werden, was nur vereinzelt verwirklicht werden kann. Ende April überträgt der Gauleiter von „Niederdonau", Dr. Jury, Eigruber die Funktion .eines Reichsverteidi'gungskommi'ssars für die noch unbesetzten Teile Niederösterrei:chs. Jury selbst begeht wenig ,später Selbstmord, während sich der Wiener Gauleiter Baldur von Schirach über Oberösterreich nach dem Westen absetzt. Der Sechs-Tage-Krieg im Mühlviertel Oberösterreich, v. a. das Mühlviertel, wird plötzlich in der letzten Kriegsphase interessant und wichtig, nicht zuletzt wegen des Tauziehens der Alliierten um den böhmisch-mährischen Raum und d1e wiedererstehende T,schechoslowakei, gewiß auch, um dringend nötig.e Pfänder für Österreich selbst in dre Hände ru bekommen8 . Am 30. AprH informiert nun Ei:senhower den russischen Generaistab über die begrenzten amerikanischen Pläne bezüglich der Tschechoslowakei in Westböhmen; gleichzeitig schlägt er als Demarkationslinie in Österreich die Straß.e UnzFreistadt und südlich davon die Enns-Linie vor. Die Russ·en, die •sich ursprünglich energisch gegen einen weiteren Vormarisch der Amerikaner bis zur Elbe und Moldau gewandt hatten, stimmen nun rasch zu. Nach ersten Kämpfen an der früheren bayerischoberösterreichischen Gr.enZJe, die am 26. April erreicht wird, verhalten hier die Amerikaner drei Tage, bis auf höchster Ebene (Ei:senhower-Stalin) die Tschechoslowakei-Frage geklärt ist, womit gleichzeitig auch 11grünes Licht" für den Einmarsch ins Mühlviertel gegeben iist. 8 Winston Churchill, Der Zweite Weltkrieg, 1. Auflage, Bern 1953/54, ,Band 6/2, 197.
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