auch ein Vo11stoß nach Norden, zur Besetzung von Bremen und Hamburg, gleichzeitig aber auch einer nach Südosten, in den Raum von Linz, um gemeinsam mit der 1. französ~schen Armee (Tassigny) und der 2. US-Armee (Path) in die Alpenfestung zu ·stoßen. Gerade dies·e Alpenfestung berei,tet Bse.nhower, bedingt durch stark übertriebene, vermutlich auch von den Deutschen gespeisten Agentenmeldungen besondere Sorge. Er wrll in diesen letzten deutschen Rückhalt, bevor er noch wirklich von den Deutschen besetzt wird, stoßen, um ,schwere Blutverluste seiner Truppen unmittelbar vor Kriegsende zu verrneiden4 . Diese „Alpenfestung" ist, wenn auch Hitler gelegentlich mit dem Gedanken spielt, von den Alpen aus den Kampf weiterzuführen, ein Phantom, wie vieles andere in den letzten Krieg,sjahren. Militäri!sche und industrielle Fals·chrneldungen von Einheiten, die •sich hierher abgesetzt hatten, tragen neben ·einer deutschen Propaganda dazu bei, diesen Mythos· zu nähren. Natürlich bleibt auch der letzte Befehl Hitlers vorn 28. April zum Ausbau der Kernfestung Alpen, die dem Tiroler Gauleiter Hofor übertragen wird und deren Grenzverlauf in Oberösterrei'ch von Waidhof-en nach Steyr und weiter nach Salzburg g,eführt hätte5 , im Wirrwarr der letzten Tage stecken. Die schon bedenkliche Verpfleg,slage hätte dazu geführt, daß diie Insas1sen ,auch einer sehr gut ausgebauten Alpenfestung nur zu bald verhungert wären. Aber noch am 3. Mai gibt Kesselring - nunmehr Oberbefehlsha'ber Süd - in Berchtesgaden den Gauleitern Anweisungen für einen letzten W,idevstandsve11such in den Alpen. Insbesondere soll bils zuletzt der Pötschenpaß gehalten werden, um die im Au5'seerland zusarnrnengedrängt.en höchsten Befehlsstellen zu schützen. Das Ausseerland gehört zu die,ser Zeit ja noch zum „Gau Oberdonau". Eisenhowers Plan ,stößt vorerst auf englischen Widerstand, die Priorität für furen Vorstoß nach Hamburg gewünscht hätten, diie es a:ber auch gern gesehen hätten, wenn sich die westlichen Alliierten an der Besetzung von BeThn, möglichst vorher auch schon an der Besetzung von Wien beteiligt hätten. Aber Eisenhowens Plan wird im wesentlichen realisiert und die 3. amerikanische Armee (Patton) S'tößt von Hof genau in südlicher Richtung nach Regensburg und dann in südostwärtiger Richtung nach Passau und wei1ter nach Linz. Dieser Wettlauf beginnt am 17. April. Am 14. April hatte Churchill neuerlich den Vorstoß nach Linz gefordert. Ziemlich genau zehn Tage nach diesem Vorr:stoß erreichen sie dlre frühere oberösterre.ichische Grenze, die nunmehrige Gau-Grenze von Oberdonau, die zugleich Westgrenze der nach Osten kämpfenden deutschen Heeresgruppe „Süd" ist. Zwei Tage später stehen US-Einheiten der 3. Arrn.ee im Be11eich von Schärding und Braunau auch am Inn. Womit der „Gau Oberdonau" verteidigt werden soll Damit i:st Oberösterreich nach den Monaten des Luftkrieges auch zu Land Krieg,sschauplatz - zum erstenmal übrigens seit rund 140 Jahren. Was s,teht zur Verteidigung des Landes zur Verfügung? Die 487. Diviision (Wagner), die noch dazu keine Felddivision, sondern eine Ersatzund Ausbildungsdivision ist6 . Dazu die Flakbrigade „Oberdonau", bisher 1.m Lufteinsatz tätig, teilweis.e mit Schülem und „Hill.f,swilligen" besetzt7. Weiters bewaffnete Hitlerjugend, Volkswehr und Reichsarbeitsdienstmänner. H~nzu kommen versprengte Einheiten, die aU<S Böhmen und Mähren kommen, vor allem aber nach Hause drängen. Diese rund 10.000 Manin werden in fünf Regiments-Kampfgruppen gegliedert, von denen eine im west:llichen Mühlviertel, eine nördlich von Linz, eine im Raume Linz- Enns, eine im Raume Steyr und eine zwischen Gmunden und Braunau eingese•tZJt ist. Die Einheiten sind mittelmäßig bewaffnet, Nachrichtenmittel s,ind kaum vorhanden, doch kann natürlich das besteh.ende Telefonnetz verwendet werden, so daß 4 Lothar Gruchmann, Der Zweite Weltkrieg. Kriegsführung und Politik, München 1967, 428 und 429. 5 ]edlicka, Letzte Kriegsphase, 138. - Rodney G. Minott, Top secret. Hitlers Alpenfestung. Tatsachenbericht über einen Mythos, Hamburg 1967. 6 Rudolf Walter Litschel, Lanze, Schwert un:d Helm. Beiträge zur oberöst-erreichischen Wehrge.schichte, Linz 1968, 133-146. 7 Gustav Holzmann, Der Einsatz der Flak-Batterlien im Wiener Ra.wn 1940-1945, W,ien 1970. 85
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