OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

später, am 27. August 1819, erstieg eine Gruppe unter der „Führung" von Erzherzog Ludwig von Österreich den Gipfel. Sie benutzte die Route von Hinterstoder aus, das damals noch lnnerstoder hieß, über das Schneefeld in Kühkar und durch die Brotfallscharte. Dabei soll es angeblich zu einem heiteren Zwischenspiel gekommen sein: Der Schulmeister von Innerstoder befand sich ebenfalls in der Begleitung des Erzherzogs und hatte die Aufgabe, das Kaffeegeschirr für die hohen Herrschaften auf den Berg zu tragen. Er jedoch war nicht berggewohnt und wohl durch seine Last auch etwas behindert, jedenfalls er glitt aus und rutschte, wie man sich denken kann, in schönem Tempo über das ganze Schneefeld ab; glücklicherweise trug er keinen Schaden davon, und sogar das Kaffeegeschirr blieb ganz! Es ist vollkommen gleichgültig, ob diese Erzählung auf einer wahren Begebenheit beruht oder nicht, die Tatsache allein, daß eventuell eine derartige Anekdote entstehen konnte, zeigt auf, in welcher Ausrüstung man damals auf den Berg ging. Da der Berg so verlockend weit ins Land blickt und auch von solch bedeutenden Persönlichkeiten erklommen worden war, schien es allmählich zum guten Ton zu gehören, den Priel erstiegen zu haben. Das Interesse an diesem Berg nahm in den nächsten Jahrzehnten gewaltig zu, und diejenigen, die einmal oben gewesen waren, lobten die Bergwelt in begeisterten Worten. Bereits im Jahre 1860 wurden vom k. k. Bezirksamt Windischgarsten zwei Führerbücher ausgegeben, und in den siebziger Jahren entstanden schon bescheidene Unterkünfte. Einige Jahre vorher hatten einige begeisterte Prielanhänger, unter ihnen auch der Pfarrer von lnnerstoder, Dominik Kastner, den Plan zur Errichtung des Gipfelkreuzes gefaßt. Kaiser Franz Joseph stellte sich als erster mit einer namhaften Spende ein, und viele Freunde des Landes und des Berges schlossen sich diesem Beispiel an. Graf Camillo Starhemberg, einer der Mitinitiatoren, bestellte im Jahre 1869 das Kreuz bei der Firma Schachermayer in Linz. Es war dies der bis dahin wohl ehrenvollste Auftrag für diese aufstrebende Linzer Firma. Das Kreuz sollte acht Meter hoch sein und wog schließlich 2240 kg. Nach seiner Fertigstellung konnten die Linzer das Kreuz im Hof des Scha72 chermayerischen Hauses, Landstraße Nr. 13, bewundern. Anton Boxrucker, ein Realitätenbesitzer von Auhof bei Linz, führte es kostenlos bis in die Polsterluke. Im nächsten Jahr dann trugen Vorder- und Hinterstoderer die Teile freiwillig und kostenlos auf den Gipfel hinauf, wo es von Matthias Schachermayer selbst gemeinsam mit fünf Schlossergesellen und dem Malermeister Scheck aufgestellt wurde. Und nun zum „heiligen Berg Oberösterreichs", dem Traunstein . Er ist ja fast noch markanter als der Große Priel, und zahlreiche Routen führen die Bergsteiger auf seinen Gipfel. Seine erste verbürgte Ersteigung erfolgte durch keinen Geringeren als Kaiser Maximilian, den letzten Ritter, am 14. November 1506. Gamsjäger werden aber auch hier bereits vor ihm auf dem Gipfel des Berges gewesen sein. Auch ein ausgesprochener Flachländer wie Nikolaus Lenau bezwang mit dem Jäger Hansgirgl und 4essen Schwester Nanni bereits am 7. Juni 1831 den Berg. Er erkämpfte sich die Höhe in einem wahren Freudenrausch. Schon am Fuß des Berges trieb ihn die Ungeduld, er ging voran und kletterte die Lainaustiege mit völlig unalpinistischer Eile empor. Der Jäger aber lobte ihn und prophezeite ihm, daß er den Berg „wie ein Hund hinauflaufen werde", wenn er dieses Stück so gut geschafft habe. In drei Stunden hatten sie dann den Gipfel wirklich erreicht. Voll überschwenglicher Begeisterung genoß Lenau den freien Blick in die Runde, ganz nahe am steilen Abbruch stehend, und schrieb später über dieses Gipfelerlebnis: ,,Bruder, die Minute, die ich auf jenem Pfade stand, war die allerschönste meines Lebens; eine solche mußt Du auch genießen. Das ist eine Freude! Trotzig hinab zu schauen in die Schrecken eines bodenlosen Abgrundes und den Tod heraufgreifen sehen bis an meine Zehen, und stehen bleiben und so lange der furchtbar erhabenen Natur ins Antlitz sehen, bis es sich erheitert, gleichsam erfreut über die Unbezwingbarkeit des Menschengeistes ... Bruder, das ist das Höchste, was ich jetzt genossen!" Lenau blieb nicht der einzige, den dieser Berg begeisterte; gerade aber weil dieser Berg so beliebt ist im Land, so markant und weitschauend, faßte man im Jahre 1948 den Plan, auf seinem Gipfel ein Gedenkkreuz für die Toten und Ver-

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