OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

Gipfelkreuze in Oberösterreich Von Hertha S c h o b e r Mit 1 Abbildung (Umschlagbild)* Jahrhundertelang bedeuteten die Berge für die M~nschen ein geheimnisvolles, beängstigendes Stuck Natur. Sich in die wilden Steinwände, in die ewigen Eis- und Schneeformationen hinauf zu wagen, galt als Herausforderung der Himmelsmächte. Jäger, Wilderer, in Grenzgebieten Schmuggler und ab und zu einmal ein Senn blieben wohl die einzigen Menschen die mit den Gebirgsregionen unserer Heimat' einigermaßen vertraut waren, aber auch sie begaben sich nicht leichtfertig in diese unwirtlichen Gebiete. Sie waren es aber auch, die dann, als im Zuge der Aufklärung das Interesse an der Natur erwachte, den Neugierigen und Wißbegierigen als Führer, als Begleiter dienten. Man war nun auf einmal daran interessiert, dieses Neuland zu erobern wenn es auch immer noch sehr wenige waren: die es wagten, diese Strapazen auf sich zu nehmen - aus Ehrgeiz, aus Schwärmerei, aus wissenschaftlichem Interesse -, die Beweggründe waren verschieden. Gelang aber einmal einem eine Besteigung, folgte der andere und folgten immer mehr nach, und man strebte dann natürlich auch danach, die Touren bequemer zu gestalten, ,sich am Berge „wohnlich einzurichten". Bestimmte Pfade, Routen, bildeten sich heraus, es entstanden - je länger je mehr - Schutzhütten, und oft auch setzte der Mensch als Zeichen seines Sieges über die Gewalten der Natur, als stillen Dank für überntandene Gefahren, auf einen Gipfel ein Gedenkzeichen, eine Steinpyramide oder ein Kreuz. Heute zieren solche Kreuze viele Gipfel unseres Landes, besonders in den letzten Jahren wuchs ihre Zahl bedeutend an. Oft auch werden solche Zeichen aus besonderen Beweggründen errichtet, als Gedenkkreuze an ein Unglück, an eine besondere Persönlichkeit, und in den letzten Jahrzehnten werden sie auch als Heimkehrerkreuze deklariert. Wurden die Kreuze früher meist verhältnismäßig roh aus Holz gefügt, bestehen sie jetzt fast immer aus Eisen oder Stahl und sind bedeutend größer; die Errungenschaften der Technik erleichtern unter Umständen ja auch den Transport all der nötigen Materialien auf die luftige Höhe. In Abwandlung des Dichterwortes könnte man wohl sagen „wer zählt die Kreuze, nennt die Namen", die nun die Berge krönen, denn es ist wirklich nicht möglich, sie alle anzuführen, und es ist - so paradox dies auch klingen mag - in den meisten Fällen sehr schwierig, genaue Daten und Fakten über die Errichtung eines Gipfelkreuzes, selbst aus der jüngst vergangenen Zeit, zu erfragen. Das wahrscheinlich älteste Gipfelkreuz steht auf dem Großen Priel. Dieser weithin alles überragende Gipfel des Toten Gebirges war, ähnlich wie Traunstein und Ötscher, auch vom Flachland aus äußerst einprägsam und galt mit .seinen 2515 m Höhe lange Zeit als der höchste Berg Oberösterreichs, selbst I. Gielge (1814) bezeichnet ihn noch so; auf der berühmten Karte von Georg Vischer (1669) heißt es „Priel mons altissimus totius Provinziae". Im Volksmund erhielt er den Namen „Größtenberg". Der Name „Priel" selbst ist wohl slawischen Ursprungs, die Forscher sind sich jedoch über die etymologische Herkunft dieses Wortes nicht einig - priela = Steinmasse und predel = Grenze, Scheidewand - stehen zur Debatte. Seine stolze Größe beeindruckte jedoch die Menschen nicht nur, sie verlockte verhältnismäßig früh dazu, den Bändern und Graten folgend, der Höhe näher zu kommen. Will man über Gipfelkreuze sprechen, muß man auch die Vorgeschichte, die allmähliche Eroberung der Berge ein wenig betrachten. Erzherzog Johann erwähnt bereits 1810 in seinem Tagebuch: ,,Von dem Schneethal über kahle Felsen kann man ohne Gefahr auf den Gipfel des Hochpriel im Lande ob der Enns in zwei Stunden gelangen; Wildschützen bestiegen ihn schon. Er ist der höchste in der ganzen Gegend ...". Die erste touristische Besteigung erfolgte dann nur wenige Jahre später, und zwar nicht durch einen berggewohnten Einheimischen, auch nicht vielleicht durch einen Gelehrten, sondern durch einen Adeligen. Siegmund Graf von Engl war es, der mit seinen Führern, den Oberjägern Hans und Anton und den Jägern Engelbert und Ferdinand Riedler, alle vier Brüder, am 29. August 1817 den Gipfel als erster erreichte. Einer der Begleiter, der Jäger Ferdinand Riedler, hat dieses Ereignis auf einer Kupfertafel vermerkt. Diese Tafel wurde dann an einem Holzpflock auf dem Gipfel und später am Prielkreuz angebracht. Zwei Jahre * Gipfelkreuz am Traunstein; Aufn.: Sepp Stahri. 71

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