OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

St. Leopold im Stoder Von Hans K r a w a r i k Mit 2 Abbildungen und 1 Textskizze Einführung - Zur Besitzgeschichte Vorderstoders - Zur Baugeschichte (Kirche, Friedhof, Pfarrhof und Wirtschaftsgebäude) - Zusammenfassung. Einführung „Während Hinterstoder mit teuren Pensionen und vornehmen Jausenstationen anspruchsvolle Fremde anlockt, bietet Vorderstoder den Ruhebedürftigen und Besinnlichen Erholung", schrieb Elisabeth Kleinbrod 1958 über das wenig bekannte Bergdörflein Oberösterreichs1 . Die Entwicklung der höchstgelegenen Alpengemeinde (805 m) Oberösterreichs ist seither nicht stehengeblieben (siehe Abb. 1). Noch vor fünfzig Jahren hätte auf der Straße ein Auto keinen Platz gehabt, heute ziehen bequeme Kehren und Schleifen zur Paßhöhe von Vorderstoder empor. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es nur im Pfarrhof elektrisches Licht (seit 1933), nun besitzen manche Bauern Telefon, Kühlschränke und andere Zivilsationsgüter, und Wochenendhäuser sind auch in Vorderstoder keine Seltenheit mehr. Ruhe und Besinnlichkeit sind den Bewohnern aber großteils erhalten geblieben und haben den Reiz des Bergdörfleins belassen. Anmut und schöne Lage des Ortes werden durch ein gotisches Bergkirchlein ins Spielerische, Märchenhafte verzaubert - St. Leopold in Stoder. Das Stodergebiet liegt abseits der Pyhrnlinie und war von Spital und Windischgarsten aus schwer zu erreichen. Der erste Gedanke an einen Kirchenbau in Stoder mag unter Urban von Weiz im Kollegialstift erörtert worden sein. Freilich war das 15. Jahrhundert noch weit von einem josefinischen Pfarrnetzausbau entfernt; ging doch auch der Bau dieser Leonhardskirche bei Spital auf die Initiative einzelner, insbesondere des Kanonikers Johannes Ackerl, zurück. Dechant Andreas Sackauer aus dem schwäbischen Hirsau; der in Wien Theologie studiert hatte und wie viele Schwaben in Österreich hervorragend wirkte, gab schließlich den Auftrag zum Bau einer Kirche in Stoder. Er hatte als Student die Wiederaufnahme des Kanonisationsprozesses Leopolds III. durch Papst Paul II. erlebt. Innozenz VIII. schloß ihn am 6. Jänner 1485 mit der Heiligsprechung ab2 . Schon vor über 30 Jahren hat Pfarrer Franz Auinger in der Zeitschrift Heimatland auf die erste St.-Leopolds-Kirche Österreichs hingewiesen3 • Aber nicht immer hat die Pfarrkirche Vorderstoders so ausgesehen wie heute. Auch die Landschaft um die Kirche war zahlreichen Veränderungen unterworfen. In dieser Arbeit sollen Quellen und Literatur davon erzählen. Gegen den Paß von Vorderstoder zieht vom Stodertal herauf ein breites Band von Gutensteinerkalk, der meist von jüngeren Ablagerungen überdeckt ist. Im Gebiet des Dorfes Vorderstoder kommt das weithin leuchtende Kalkgestein zweimal stark zum Vorschein, und zwar beim sogenannten „Steinkogel", unterhalb des Stockerwirtes, und „am Stein", auf dem Platz der heutigen Kirche. Dieser auffallende Gesteinsaufschluß mag schon früh eine gewisse Anziehung auf die Bevölkerung gehabt haben. Jedenfalls hat sich in der Überlieferung der Gedanke an eine Kapelle „Maria am Stein" erhalten4 . Der Name „am Stein" ist erst über das Bauernhaus „Gut am Stein", heute „Steinerwirt", in dessen Besitz dieser Ort lag, auf spätere Bauten übertragen worden. Der Bestand einer Kapelle läßt sich guellenmäßig nicht erweisen5 . Daß der Gnadenaltar „Maria am Stein" in der Überlieferung Bedeutung erlangte, scheint mit dem „Schlüsselwunder" Heinrich Otto Gaßners und der erhöhten Frömmigkeit und Verehrung Mariens in der Barockzeit zusammenzuhängen. Bis um die letzte Jahrhundertwende war die Kirche St. Leopold eine lokale Wallfahrtsstätte. Zur Besitzgeschichte Vorderstoders Das Dorf Vorderstoder entwickelte sich auf einem Riedel, der vom Damberg aus nach Süden vorspringt und dann in Richtung Stodertal umbiegt. Er wird auf zwei Seiten vom Furtbach, früher Burnbach, und dem Ploisbach im Norden 1 Elisabeth Kleinbrod, Ein wenig bekanntes Bergdörflein, Heimatkundl. Hausarbeit, 1958. 2 Willy Szawert - Franz Gall, Die Matrikel der Universität Wien, II, 1451-1518, 1967: 14. April 1464. - Erich Zöllner, Leopold der Heilige, in: Hugo Hantsch, Gestalter der Geschichte Osterreichs, S. 33. 3 Franz Auinger, Die erste St.-Leopoldskirche in Osterreich, Heimatland XIII, Heft 11, 1936. 4 Auinger, St. Leopoldskirche. - Gustav Gugitz, Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch, Bd. 5, Wien 1958, S. 138. 5 Pfarrchronik Vorderstoder, S. 51. 63

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