über skeptisch. Göllerichs Weg war steinig, und Erfolge waren nur unter Einsatz äußerster körperlicher, geistiger und organisatorischer Anstrengungen möglich. Göllerich fühlte diese geistige Beengtheit und Beengung. Provinzielles lastete schwer auf einem Mann, dessen Ideen und Fähigkeiten reif für größere Vorhaben und für einen weiteren Kreis gewesen wären. über seine interpretatorischen Interessen hinaus vergaß Göllerich jedoch nicht seine Kunst des Schreibens. Schon 1900 stellte er 11Liszt-Erinnerungen" fertig, die allerdings erst 1908 erschienen; 1903 gab er eine kleine 11Beethoven-Biographie" in Druck, als deren Herausgeber ebenso wie für die 11Liszt-Erinnerungen" Richard Strauss in der von ihm betreuten Sammlung 11Die Musik" zeichnete. Sein größtes Vorhaben war jedoch die Veröffentlichung der Bruckner-Biographie, wozu ihn Bruckner selbst noch autorisiert hatte. Dieses Vorhaben erlebte Göllerich nicht mehr, da in diesem Fall vornehmlich finanzielle Hindernisse im Wege standen. Kurth vermerkt zu diesem Problem allerdings - nicht zu unrecht - kritisch: 11Für das große, allgemein erwartete Hauptwerk, das er vierhändig angelegt hatte, sammelte er sein Leben lang Material, zersplitterte aber durch äußeres Wirken seine reichen Kräfte, während er die literarische Arbeit über Bruckner zu sehr in einzelnen Einführungen zu Konzertprogrammen verzettelte. Erst als Greis löste er durch Beendigung des ersten, nur die Jugend bis 1845 umfassenden Bandes einen dürftigen Teil seiner Lebensschuld ein; er erschien - in nicht ganz unverdienter Tragik - wenige Wochen nach Göllerichs, ein Menschenalter nach Bruckners Tod (Juni 1923)49 ." Bittbriefe an das Wiener Unterrichtsministerium und an private Institutionen zeugen vom Einsatz eines Mannes, dessen Arbeit in der Öffentlichkeit kaum entsprechend gewürdigt wurde. 46 Göllerichs unermüdliche Tätigkeit in Linz wurde nur wenige Male unterbrochen, so durch eine Nordlandreise mit dem Wiener Schubertbund und eine Amerikafahrt mit dem Wiener Akademischen Gesangverein. 1921 konnte Göllerich sein 25jähriges Jubiläum als Musik- und Schuldirektor in Linz feiern. Die beiden letzten Konzerte, die er leitete, fanden am 18. Dezember 1921 (Bruckner-Feier anläßlich des 25. Todestages von A. Bruckner) und am 12. März 1922 im Sängerbund 11Frohsinn" mit G. F. Händels 11Messias" in der Bearbeitung von Josef Reiter statt50 • Am 19. Februar 1923 erlitt er einen Unfall, von dem er sich bis zu seinem Tod nicht mehr erholte51 . Am 16. März 1923 um 7.30 Uhr früh starb Göllerich an einem Herzversagen, noch im Krankenhaus mit den Vorbereitungen zu einer Aufführung von Franz Schuberts Es-dur-Messe beschäf tigt52 . Es blieb erst späterer Zeit vorbehalten, Göllerich eingehender zu würdigen. Die Aufarbeitung seines Nachlasses wird in Zukunft die Fachwelt weiter beschäftigen, die es mit einer komplexen Persönlichkeit zu tun hat, die gleichermaßen die Bedeutung als Klaviervirtuosen, Dirigenten, Musikpädagogen und -schriftsteller einschließt. Sein vehementes Eintreten für das echte Neue in der Musik, für Bruckner und Liszt, stellt ihn in die erste Reihe mit Arthur Nikisch, Hermann Levy, Gustav Mahler und den Brüdern Josef und Franz Schalk an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. 49 Vgl. Kurth, Bruckner, .S. 1316. 59 Vgl. Anton Riegl: Persönliche Erinnerungen an August Göllerich. In: Gisela Göllerich: In memoriam ..., S. 29 ff. 51 [Palma Paszthory}: Lebensbild ..., 5. 48 f, berichtet bereits einen ersten Unfall, der sich 1921 zugetragen haben soll. 52 [Palma Paszthory]: Lebensbild .. ., S. 86 f.
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