OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

August Göllerich (1859-1923) - Eine biographische Skizze Von Veit Wilhelm Je r g er Mit 3 Textbildern August Göllerich, Schüler und Sekretär Franz Liszts und erster Biograph Anton Bruckners, ist durch verschiedene nicht unerhebliche Funde stärker in das Interesse der musikwissenschaftlichen Fachwelt einbezogen worden. Diverse Arbeiten über Göllerich - sie sind in nachfolgender Arbeit ausgiebig zitiert - , die in letzter Zeit erschienen sind, zeugen über diese Aufmerksamkeit. Die vorliegende kleine biographische Skizze soll das bereits vorliegende Material ergänzen und die Kenntnis über einen stillen, aber umso produktiveren Musiker und Lehrer erweitern. Der biographische Abriß erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da der Nachlaß Göllerichs noch immer nicht aufgearbeitet ist. Der Verfasser dankt Frau Franziska Göllerich, Hildesheim, für die Erschließung ihres reichhaltigen Archives, und seinem Vater, Wilhelm Jerger, für die Unterstützung bei der Bearbeitung des Quellenmaterials aus dem Nachlaß August Göllerichs. August Göllerich wurde am 2. Juli 1859 als Sohn des Welser Stadtsekretärs und nachmaligen Reichsrats- und Landtagsabgeordneten August Göllerich sen. und dessen Frau Maria, geborene Nowotny, in Linz, Baumbachstraße 16, geboren1 ; eine Gedenktafel an diesem Haus weist darauf hin. Göllerich wuchs in gutbürgerlicher Atmosphäre auf. Sein väterliches Haus, dem der Rückhalt durch die katholische Kirche nicht fehlte, genoß das Ansehen der Stadt. Der junge August fühlte sich in mütterlicher Geborgenheit und väterlichem Trachten nach künstlerischer Betätigung - wenngleich nur im besten Sinne in dilettantischer Form - durchaus wohl. Nach dem Besuch der Trivialschule in Wels kam er nach Linz und nahm an der dortigen Realschule seine ersten Studien auf2. Er wohnte zuerst bei Rudolf Ritter von Hoyer3 und anschließend bei den Schwestern Anna und Eleonore Löffler4 • Gleichzeitig pflegte er freundschaftlichen Umgang mit Ludovika Rohr, Tochter einer Familie aus Urfahr. Seinen ersten Klavierunterricht erhielt er am 18. Februar 1868 in Wels durch einen Herrn Obernhuber5 und anschließend in Linz bei dem 1825 in Rostock geborenen Musiklehrer August Wieck6 , der in Linz domizilierte. An MittwochAbenden trafen sich dort Ludovika Rohr und Göllerich regelmäßig zu vierhändigem Spiel; hierbei dürfte der Realschüler den Grundstock für sein pianistisches Können der späteren Jahre gelegt haben. Bereits der Vierzehnjährige (1873) befaßte sich mit den Schriften Richard Wagners - leider wissen wir nicht, welche dieser Wagner38 sehen Werke auf ihn besonderen Eindruck machten. Freilich beschäftigten die damalige Jugend in weitestem Maße politisch und kulturell liberale Tendenzen. Göllerichs Vater selbst war Mitglied eines liberalen Schriftsteller- und Literatenvereines in Wels. 1873 trat Göllerich bei einem Wohltätigkeitskonzert in Wels auf und erntete dabei ersten Erfolg, obwohl er bereits seit dem elften Lebensjahr in Wels öffentlich aufgetreten war und Einführungen in Kompositionen geschrieben hatte. Die Linzer Realschuljahre wurden erfolgreich mit der Maturität beendet. Göllerichs Mathematikprofessor reihte ihn unter die besten Mathematiker der Linzer Realschule ein und versprach ihm eine glänzende Karriere als Physiker. Wohl deshalb inskribierte sich der Maturant alsbald an der Technischen Hochschule in Wien und hatte sich zum „ordentlichen Professurs-Kandidaten für Mathematik und Physik brav hinaufstudiert."7 1 Maria Novotny, die „zeitlebens sehr viel krank war, starb am 7. Mai 1889 in Wels" (lt. frdl. Mitteilung von Frau Franziska Göllerich, Hildesheim). - Die Familie Göllerich übersiedelte 1860 nach Wels, wohin August Göllerich sen. als Stadtsekretär berufen wurde. Vorher war er in Linz Konzepts-Adjunkt I. Klasse (Richterlicher Beamter) bei der Polizeidirektion Linz. 2 Von 1870 bis 1877. Vgl. Erwin Schaller: August Göllerich / Ein ehemaliger Schüler unserer Anstalt . .. Jahresbericht der Bundesrealschule Linz, Schuljahr 1958/59, 5. 5-8. 3 Rudolf Hoyer, Ritter von Blumenau, Linz, Altstadt Nr. 10/I. 4 Hofgasse 14, später Waltherstraße 3. 5 Dieses Datum des ersten Klavierunterrichtes ist in einem Brief der Schwester Göllerichs, Marie, vom 15. März 1868 enthalten. Bereits am 24. Februar 1868 spielte Göllerich mit seiner Schwester vierhändig. 6 Über August Wieck können vorerst nur wenige Daten beigebracht werden. Im Linzer Meldebuch für ,;Selbständige, männlich und weiblich", Zeitraum 1870 bis 1879, scheint auf Seite 581, laufende Nr. 2, folgende Eintragung auf: ,,Wieck, August, geb. 1825, Musiklehrer, aus Rostock, Landstraße 15. 18. 6. 1878 Humboldtstraße 36. 13. 11. 1878 Franz Josef Platz 21, 8. 8. 1879 Bethlehemstraße 6. (Lt. freund!. Mitteilung der Bundespolizeidirektion Linz.) 7 Bei Studienbeginn an der Wiener Technischen Hochschule hatte Göllerich ein Mittellosigkeitszeugnis vorgelegt und den Antrag auf ein Stipendium gestellt. Mit „Nr. 79 ex 1878" vom 3. Juni 1878 gibt das Dekanat der Wiener Technischen Hochschule der Eingabe statt und gewährt Göllerich für das Sommersemester 1878 einen Zuschuß von 60 Gulden.

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