auf d'Bank, d'Wirtin, d'Frau Wirtin, d'Pfarrleut, d'Ehr, d'Regierung, d'Neufeldna, für d'Nasen, d'Eisenbahn. . . (diese Beispiele sind Norbert Hanrieder, Der oberösterreichische Bauernkrieg, Oberösterreichischer Landesverlag 1964, entnommen.) d'Mariedel, d'Frau, d'Schuah, d'Straßen, d'Post, d'Sunn, d'Füaß, d'Knia, d'Achsel... (diese Beispiele sind Josef Viktor Stummer [1971] entnommen.) Die Sprache und umso mehr der Dialekt dienen vor allem der mündlichen Kommunikation. Daher meine ich, daß die lautliche Realisierung des bestimmten Artikels DIE im Dialekt auch durch die Schreibweise unverfälscht wiedergegeben werden sollte. Die Schreibweise d' . . . zeugt eigentlich nur davon, daß man den Dialekt als eine defekte Form der deutschen Sprache betrachtet, der eben vom Artikel die nur den ersten Laut beibehält. Abschließend möchte ich noch auf ein interessantes syntaktisches Faktum hinweisen, das in Zusammenhang mit dem bestimmten Artikel steht. Man müßte annehmen, daß der Dialekt immer dann, wenn das Deutsche die Form die des bestimmten Artikels verwendet, zu einer der genannten Realisierungen von DIE greift. Dem ist aber nicht so. Das komplizierte Artikelsystem des Dialektes, das wir soeben eingehend betrachtet haben, kommt nämlich nur dann zum Einsatz, wenn das Substantiv dem bestimmten Artikel DIE unmittelbar folgt. Man würde erwarten, daß es z. B. heißt: pfesche Katz kloan Kinder die fesche Katze die kleinen Kinder Diese Äußerungen sind aber im oö. Dialekt völlig unmöglich, das heißt, ungrammatisch. Es muß natürlich heißen: de fesche Katz40 de kloan Kinder etc. Die Form de ist nichts anderes als das Demonstrativpronomen des oö. Dialektes, vgl.41 . de kemama net ins Haus = Die kommen mir nicht ins Haus Die anderen Formen des bestimmten Artikels 36 lassen sich allerdings ohne weiteres auch vor einem attributiven Adjektiv verwenden: s'lange Messa oder des lange Messa da lange Kunt oder der lange Kunt in großen Stier oder den großen Stier usw. Auch vor substantivierten Adjektiven sind die Realisierungen von DIE im Dialekt nicht zulässig: de Gscheitn und nicht G"scheitn de Geldigen und nicht G"eldigen de Kloan und nicht K"loan Die anderen Formen des Artikelparadigmas (vgl. oben) hingegen können auch vor substantivierten Adjektiven stehen: da Gscheite in Geldigen in Kloan usw. (= (= (= der Gescheite) den „Geldigen") den Kleinen) Hier sind wir auf ein ebenfalls sehr interessantes Kapitel der Dialektgrammatik gestoßen, nämlich auf die Frage, welche Kategorie - der bestimmte Artikel oder das Demonstrativpronomen - vor ein substantiviertes Adjektiv im Dialekt zu treten hat42 . Wir wollen aber auf diese Frage hier nicht weiter eingehen. Es genügt mir, gezeigt zu haben, daß die Dialektrealisierungen der deutschen Artikelform die auch hier „aus der Reihe tanzen". Nach eingehender Betrachtung des Artikelsystems möchte ich noch einmal begründen, warum ich das oö. Artikelsystem mit seiner teilweise phonotaktischen Artikelbildung gegenüber Artikelsystemen anderer Sprachen so kompliziert und schwierig einschätze. Werfen wir in diesem Zusammenhang einen Blick auf einige europäische Sprachen, die anerkanntermaßen ein schwierigeres Artikelsystem als das Deutsche haben. 40 Die Dialektschreiber g,ebrauchen hier folgende Schreibweise: dö raren Gsölln, die faden Sprüche! (Hanrieder) . 41 Hier verhält sich der oö. Dialekt ähnlich wie das Lateinische, Rumänische oder Albanische: Socrates ille s•apientissimus lat. der weise Sokratei cop,ilul. cel cum:inte rum. das brave Kind barra e rande alb. die schwere Last 42 Für eine detaillierte Beschreibung dieses Phänomens siehe H. Krenn (1975) Bestimmter Artikel oder Demonstrativpronomen vor substantivierten Adjektiven? Bausteine zu einer oö. Dialektgrammabik. Unveröff.
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