OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

Lehrbuch, das in unserer Gegend verwendet wird, nach und beachte den Regelaufwand, der zur Erklärung der englischen Reflexivpronomina eingesetzt wird11 . Ein kleiner Hinweis auf die Parallelität in unserem Dialekt würde hierzulande genügen. Was die Syntax der Personalpronomina betrifft, ist zunächst festzuhalten, daß es im oö. Dialekt, ähnlich wie im Französischen, Italienischen und anderen romanischen Sprachen, zwei Typen von Personalpronomina gibt. In den Grammatiken der genannten Sprachen spricht man meist von einem b e t o n t e n und einem u n b e - t o n t e n Personalpronomen. Vergleiche zum Beispiel die Pronomina me (unbetont) und moi (betont) im Französischen, beziehungsweise mi (unbetont) und me (betont) im Italienischen. Dem hochdeutschen Pronomen mir und mich entsprechen im Dialekt von Oberösterreich jeweils zwei Formen; wir können sie ebenfalls als betonte und unbetonte Form bezeichnen12 : Deutsch: oö. Dialekt ma: Da denk' ih ma. mir.,---- ------ mir: Sie gibt's mir und net dir. mi oder me13 : Sie schaut < me (mi) net an. mich m1: Mi fragt's und net dt Der oberösterreichische Dialekt besitzt für jede Form des Personalpronomen-Paradigmas zwei Entsprechungen, eine betonte und unbetonte. Ich will hier nicht alle aufzählen. Ich möchte nur einen kurzen Hinweis auf die 3. Person des Personalpronomens geben, wo der Unterschied zwischen der betonten und der unbetonten Form morphologisch ganz beträchtlich sein kann. Vergleiche in diesem Zusammenhang folgende Gegenüberstellung: Deutsch: Ich sehe ihn. oö. Dialekt: lh siagg14 Deutsch: Ich sehe ihn und nicht sie. oö. Dialekt: Ih siag eahm und net sie. Deutsch: Ich haue ihn. oö. Dialekt: lh hauna14 Du haust ihn. Du haustn. Deutsch: Ich haue ihn und .nicht sie. 0 oö.·Dialekt: Ih hau eahm u'nd net sie. 28 Während im Deutschen das Personalpronomen ihn je nachdem, ob es eine Hervorhebung erfährt oder nicht, mit einem deutlichen Stimmakzent versehen werden kann, verhält sich der oberösterreichische Dialekt wie die romanischen Sprachen, das heißt, er läßt nur eine der beiden zur Verfügung stehenden Formen des Personalpronomens zu. Die Gemeinsamkeiten zwischen dem oberösterreichischen Dialekt und den genannten Sprachen gehen aber noch weiter, auch auf der syntakti11 Vgl. .z. B. H. Kozio! 'll. F. Hüttenbrenner (1956) Grammatik -der englischen -Sprache, Heidelberg, pp. 70-73. 12 Im folgenden s,tellt .sich s·ehr oft das Problem der Graphie und ,der phonetischen Transkription dialektaler Wörter. Die SchI'efüung dialektaler Wörter sollte mögHchst getreu ihI'e Ausspvache widerspiegeln. Idealziel wäre natürlich eine Schreibung, die die Aussprache genau wiedergibt. Aber auch die ,Beschreibung der A'lls·sprache bereitet oft große Schwier1gkeiten, da der oö. Dialekt ein1ge Laute ,enthält, die das Hochdeutsche oder andere bekanntere Sprachen nicht kennen. Vgl. beispielsweise Anm. 13 und Anm. 38. Im Laufe der Zeit hat sich für die Schreibung des oö. Dialektes besonders bei Mundartdichtern eine bestimmte, relativ verbindliche Schreibweise eingebürgert. Diese Schreibweise ist aber immer noch uneinheitlich und außerdem kann sie unter einem linguistisch-phonetischen Standpunkt oftmals nicht akzeptiert werden. Josef Viktor Stummer (1971) 1Da Grundbesitzer und .andere neue heitere Mundart-Vortragsstücke sowie Kurze Abhandl'llngen für Mundartdichter, Artina Verlag Linz, hat vernucht, ·eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen zur Schr-eibung des -Dialektes zu machen, aber seine Argumentation ist teils unlog,isch und unlinguistisch ,und teils wideI'spricht sie sich selbst. Es wäre die Aufgabe geschulter PhoneHker, für unseren Dialekt eine einheitliche und vor allem konsequent durchdachte Mundartorthographie zu er.stellen. Zuvor müßte .aber noch ,die exakte Beschreibung bestimmter Laute unseres Dialektes und ihre phonetische Transkription „geregelt" we11den. ,Für meinen Beitrag habe ich mich entschieden, eine Art Mittelweg einzuschlagen, ,d. h., ich halte mich soweit als möglich an die ,herkömmHche(n) Schreibweise(n) ,der Mundart und weiche nur ,dort -ab, wo ich es für unbedingt nöHg erachte. 13 Durch e soll angedeutet werden, daß es sich um ein sehr geschlossenes [e] handelt. 14 Eigen~lich liegt e.in [ng] v,or, dais mit -einem speziellen Tonansatz ver.sehen wird. Bei haustn wiI'd dasselbe mit (n] gemacht. Solange keine wis,senschaftliche 1Beschreibung dieser ,eigenartigen Lautung uns·eres Dialektes zur Verfügung steht, soll sich der Dialektspr-echer ,den Satz am be-sten vorsagen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2