OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

Buch von F. Baltzarek, mit einem Vorwort von Alfred Hoffmann, berührt ein sehr interessantes Thema. Die beiden großen Weltwirtschaftskrisen des 19. und 20. Jahrhunderts nahmen von der Börse ihren Ausgang. W,ährend die Weltwirtschaftskrise von 1929 durch einen Kurssturz an der New Yorker Börse hervorgerufen wurde, nahm die Krise von 1873 anläßlich der Weltausstellung von der Wiener Börse aus ihren Verlauf. Der Verfasser gliederte das Buch in drei Abschnitte: 1. Die sogenannte staatliche Zwangsbörse (1771-1854). Für die Entstehung der Börse war der Übergang vom Darlehen zur Anleihe entscheidend. Ein verstärkter staatlicher Fremdkapitalbedarf führte zu Anleihen des Staates bei anonymen Geldgebern anstelle der bisher gebräuchlichen persönlichen Darlehen verschiedener Einzelpersonen beziehungsweise der Stände an den Landesfürsten. Diese Aus- und Umgestaltung im Staatskredit führte nun als Abschluß der Entwicklung 1771 in Wien zur definitiven Gründung des Marktes in Staatsobligationen in Form einer Börse. Das neue Institut wurde mit verschiedenen Privilegien ausgestattet bei einem gleichzeitigen Verbot der Winkelbörsen. Die Errichtung einer Warenbörse kam trotz verschiedener Pläne nicht zustande. Die erste Phase ist durch vorwiegend staatliche Aufgaben des Institutes gekennzeichnet. 2. Die erste Börsenkammer in der liberalen Ära (1855 bis 1875). Bereits im Vormärz hat eine starke Auflösung der traditionellen Verhältnisse stattgefunden. Im Neoabsolutismus (nach der Revolution von 1848) gab der Staat seine Bevormundung über den Kapitalmarkt der Börse weitgehend auf. Er zog sich schrittweise zurück, wobei die Kriegsjahre 1859 und 1866 den Prozeß beschleunigten. Parallel zum Schwinden des staatlichen Engagements wuchs der Einfluß der Privatwirtsdtaft, die dem Kapitalmarkt der Börse einen starken Aufschwung verlieh. Bodenkredit und Aktiengesellschaften führten zu neuen wesentlichen Umwälzungen im Bankensystem und wurden zu einem entscheidenden Motor der Industrialisierung. Während der Gründerzeit erlebte die Börse von 1867 bis 1873 eine ausgesprochene Blüte, deren Ursachen in der Spekulation zu suchen sind. In dieser Fehlleitung von Kapital lag auch der Ursprung der Krise von 1873. Österreich wurde von ihr viel härter und nachhaltiger getroffen als andere Staaten, weil seine Industrialisie118 rung noch immer stark nachhinkte und das gesamte verlorene Spekulationskapital für einen weiteren Aufbau dringend notwendig gewesen wäre. 3. Die autonome Börse von 1875 bis zur Gegenwart. Das Börsengesetz von 1875 stellte eine Neuorganisierung der Bör,se dar. Es stattete das Institut mit einer vollständigen Autonomie aus. Die neuen Tendenzen hielten im wesentlichen bis zur Gegenwart an. Die Banken gewannen im Wertpapierumsatz gegenüber der Börse immer mehr an Terrain. Die Führung im Wirtschaftsleben ging im Laufe der Zeit auf die Banken über. Heute ist die Börse Vermittlerin oder Clearingplatz für die Banken. Nur noch etwa ein Viertel des gesamten österreichischen Wertpapierverkehrs geht als Bankenkompensation über die Börse. Der Wertpapiermarkt Osterreichs zeigt seit dem Zweiten Weltkrieg ein starkes Übergewicht des Anlagemarktes und der öffentlichen Anleihen. Der Autor hat die zentrale Position, die die Börse in der Volkswirtschaft innehatte, gut herausgearbeitet. Ihr Einfluß auf die Industrialisierung und auf die gesamte wirtschaftliche Entwicklung kommt besonders deutlich zum Ausdruck. Das Buch von F. Baltzarek stellt eine weitere Fortsetzung der Arbeiten zur neueren Wirtschaftsgeschichte Osterreichs dar. Rudolf Kropf Franz Braumann: Alpenländisdte Sagenreise. Linz 1974 (00. Landesverlag), 224 Seiten Text mit 50 Illus,trationen von H. Friedl, farbig.es Titelbild, Hin. S 98.-. Franz Braumann führt uns mit seinem neuen Buch in die Sagenwelt Österreichs, Bayerns, der Schweiz, Südtirols und Krains. Von den 65 Sagen, die der von Friedl geschmackvoll illustrierte Band enthält, verdienen jene aus Vorarlberg, der Schweiz und Krain besondere Aufmerksamkeit, da sie bei uns weniger bekannt sind und somit einem breiten Leserkreis erschlossen werden. Der Autor weiß vor allem auch den jugendlichen Leser zu fesseln; ein Vorteil, der von Eltern und Erziehern sicherlich geschätzt werden wird. Das Nachwort des Autors bringt eine völlig überflüssige Attacke gegen die sich auch mit der Sagenforschung beschäftigende Volkskunde, wobei die neuere Forschung außer acht gelassen wird. A. S.

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