Johann H aider: Die Gesichte des Theaterwesens im Benediktinerstift Seitenstetten in Barock und Aufklärung ( = Theatergeschichte Österreichs, Band IV: Niederösterreich, Heft 1). Wien 1973 (Ostenr. ,Akademie der Wissenschaften), 226 Seiben. Die wichtigste dichterische Erscheinungsform der Gegenl!eformabion in Österreich ist das Schul- und Ordensdrama, wJe es ,die Klosterschulen pflegten: religiös werbende Bühnenstücke .in lateinischer Sprache, für Laien mit ,deutschen Programmheften; verfaßt von Lehrern, aufgeführt von Schülern zum Erleben und üben des gesprochenen Lateins. Man -spielte in der Schulaula oder im Innenhof des Klosters. Während von d!iesen Schul- und O!!densdramen jene der Jesuiten weitgehend erforscht sind (Namen wie Jakob Bidermann und Nicolaus Av.ancinus sind in dJe Literaturg,eschichte eingegangen), wciß man um -die Dmmen der Piaristen-, der Augustiner- und der ,Benediktinerschulen verhältnismäßig wenig. Zwar hat man vermutet, daß auch bei ihnen eine gewisse Theatertradition geherrscht hat, -doch es sind nur ver-einzelt Dichtemamen bekannt geworden. E11wähnt seien nur der aus ,Salzbul!g stammende Benediktiner Simon Rettenbacher (Kremsmünster) und Maurus 1.Jindemayr (Lambach). Erstmals liegt mm eine :z;usammenhäng,ende Theatergeschichte eines ös,terreichischen Benediktinerkloster-s vor. Johann Hai-de!ls ,Fo11Schungserg-ebilli.ss·e überrasch·en deshalb, we~l man ·gemde heim .Stift Seitenstetten bisher keinerlei Anhaltspunkte für eine kontinuiierliche Theaterpflege hatbe. Der Autor mußte zu diesem Zwecke die gesamten Bestände des reichhaltigen Stiftsarchivs durchai,beiten. Aus .der ,Fülle ,seiner teils überraschenden Ergebnisse seien einige berichtet: Nach seinen Forschungen stammt das älteste belegbare Se<itenstettner Weihnachtsspiel aus dem ·Jahr 1606. 1626 sind ,zum erstenmal Sternsinger erwähnt. Von der 1623 eröffneten Benediktiner~Universität Salzburg •bringen die dorthin •entsandten Theologen zunächst Theatertexte mit. Alsbald versuchen sie sich jedoch selber 1im Stückeschreiben, und bald blühte das Theate11spielen ,an der Klosterschule derart, daß man 1644 sogar eine eigene Bühne baute. Auf ihr wurden u. a. regelmäßig Passionsoratorien aufgeführt, so z. B. Joseph Haydns Weihnachtsoratorium (,,Frohlocke Sion") zwischen 1773 und 1796 sog,ar zwölfmal. Für Oberösterreich bedeutend ist, daß Haider in Seitenstetten ,drei bisher nicht bekannte Stücke -des Lambacher Benediktiners Maur,us Lindemayr (1723-1783) wiederentdeckt hat: ,,Der Argonautenzug nach Kolchis rum das goldene Fell", ,,Die Hochzeit nach GeLd" und „Der von allen Seiten für einen Narren gehaltene Herr von Storax gebürtig von ,Weilham". Lindemayr wJrd wegen seiner Munda11tstücke als V•ater der oberösterreichischen Mundartdichtung angesehen, ,doch es ist wenig bekannt, ,daß er wegen seiner hoch- oder umgangssprachlichen Stücke zu seiner Zeit der meistgespielte Autor tin -den ländlichen österreichischen Klöstern war. In •Seitenstetten, wo ,man besonders das S.ingspiel pflegte, entdeckte Hai.der zu Lindemayr.s Bühnenspiel „Die reisende Ce11es" Noten112 material von JQeinem Ge11ingeren als Joseph Haydn. Waren bisher zu Lindemayrs „Der ernsthafte Spaß" Vertonungen von Joseph Langthaler (1776) und Anton(?) W1ittmann (1799) in Lambach bekannt, so ist nun zu demselben Stück (allerdings unter dem Titel „Bekehrung ohne Besserung oder Der R,auschige Hannß von der Gruebe. Eine Operette in dreyen Aufzügen") eine Partitur samt Stimmen von dem 1Mozart-,Schüler ,Franz Xaver Süßmayr aufgetaucht. Diese Einzelheiten mögen verblüffen. .Sie sind nur Mosaiksteinchen, die alle, zusammengefügt, den klaren Beweis ergeben für eine KontinuJität des Theaterwesens im Stif.t Seitenstetten vom Barocken Ordensdrama über die mundartliche Klosteroperette zum deutschen Singspiel hin. Das auf umfiangreicher Quellenforschung beruhende Buch ist ein gediegenes Werk. Es enthält neben einer ausführlichen Biogmphie elin Personen-und Werkregister. Den Abschluß bildet ein Katalog von 88 größtenteils unbekannten Periochen (1650 bis 1797) u. a. aus dem Bereich der Benedikhner- und JesuJtenniederlassungen in Freis-ing, Göttweig, Graz, Herzogenburg, Kremsmünster, Lambach, Linz, •Michaelbeuern, Mondsee, Passau, Salzburg und Wiien. Albrecht ,Etz Der einfache Mensch in Kirche und Theologie ( = Linzer Phil.-theol. Reihe, Bd. 3), hrsg. von Kurt Krenn. Linz 1974 (00. Landesverlag), 269 Seiten, 4 Abb. S 98.-. Diese neue Reihe hat sich dank ihrer guten thematischen Auswahl und dank des immer hervorragenden Mitarbeiterstabes bereits ihren festen Platz unter den Periodica gesichert. Auch dieser Band ist wieder ausgezeichnet redigiert und widmet dem „einfachen Menschen" aus verschiedener Sicht heraus 14 vorzügliche Beiträge. Dieser dritte Band ist zugleich eine Festschrift zum 300jährigen Bestehen der heute „Phil.-Theol. Hochschule der Diözese Linz" genannten Einrichtung für diesen Studienzweig. Josef Lenzenweger widmet diesem Anlaß den ersten Beitrag dieser Reihe, es handelt sich dabei um seinen Festvortrag vom 3. Februar 1972. Die Einführung theologischer Vorlesungen in Linz, die Schwierigkeiten mit den bestehenden Universitäten und die Verhandlungen mit den Jesuiten werden darin ebenso kurz, aber prägnant behandelt wie die Professoren und Hörer. Die 1802 erstmals (wenn auch unter etwas anderem T•itel) herau,s.gegebene „Theologisch-Praktische Quartalschrift" legt beredtes Zeugnis auch von der wissenschaftlichen Leistung dieser Anstalt ab, die nicht nur viele „einfache Menschen" zu schließlich hervorragenden und bedeutenden Priestern und Bischöfen ausgebildet hat. Neben einigen theologischen und philosophischen Abhandlungen zum Generalthema seien auch einige pädagogisch ausgerichtete erwähnt, wie z. B. der Beitrag von Alois Gruber über ,;Erziehung der Jugend zum einfachen Leben und die Gefährdungen von heute" oder „Zur sittlich-religiösen Formung der Hauptschüler" von Franz Huemer.
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