R. W. Litschel hat sich vor allem auf den allerersten Band Krempls gestützt, auf „Meine Landsleut'". Man sagt ja immer, das erste Buch eines wahren Dichters schließt alle kommenden in ,sich ein. So stehen auch bei Krempl die schönsten Gedichte in seinem ersten. Ihr Humor hat die Natürlichkeit, die nur einem feinen heiteren Gemüt entspringt, Krempls Gedichte sind keine Faschingsbriefe mit Pointen, die irgendein lustiges Geschehnis beschreiben, wie wir sie bei Mundartdichtern häufig finden, also keine Gelegenheitsdichtung. Aber man spricht auch nicht von ungefähr, daß Humoristen am allerwenigsten von einem unbeschwerten Leben zehren. Sie träumen höchstens davon. „Dö Dorfkumedi, ,,'s Turnaföst z' Kraxldorf" rund „Dö altö Pfarrerköchin", um nur drei Gedichte von den vierzig des Bandes zu nennen, bezeugen diesen trotz aller Lebensnot unverwüstlichen Humor aufs beste. Ohne ihn käme der Dichter nicht zur Einsicht in die verschiedenen menschlichen Verhältnisse, also zu einer Beobachtungsgabe, die um so stärker nachwirkt, als Josef Krempl über eine mundartliche Verssprache verfügt, deren Klangfarbe, bei wenigen Anlehnungen an die allgemeine Umgangssprache, ohne Zweifel aus dem Dialekt stammt, wie er noch vor dreißig Jahren überall im .Steyrer und Welser Bezirk gesprochen worden ist und noch heute dort von den Bauern gesprochen wird. Das häufige direkte Frage- und Antwort-Spiel weist auf den Dramatiker hin, der Krempl aber nicht gewesen ist; er wollte nur einer sein. Diese Ansicht Litschels muß für jeden, der das Volksstück „Der Gottlose" des Dichters kennt, Axiom sein. Die Wiedererweckung Josef Krempls war in unseren Tagen einer Welle neuer 1Mundartdichtung fällig. Daß der Band gut ausgestattet ist, sollte ihn den Freunden der Mundartdichtung über die Dichtung hinaus empfehlen. ,Erfreulich, daß mit Herbert Friedl ein zeitgenössischer Grafiker für die Illustrationen herangezogen wurde. Dadurch erhält das Buch eine Note, die alles Vergangene - immerhin liegen rund 65 Jahre zwischen der Erstausgabe und der neuen von „Meine Landsleut'" - ins Gegenwärtige versetzt. Der bildende Künstler hat den Dichter verstanden: Krempl hat im Grunde das ewig Menschliche in seinen Gedichten aufgegriffen, etwas Zeitloses. ,,Meine Landsleut'" könnte, so glauben wir, bei dörflichen Veranstaltungen manchem Vortragenden gute Dienste leisten. Vielleicht sollte man sogar nach dieser gelungenen Herausgabe zu anderen oberösterreichischen Mundartdichtern weitergehen und sie herausbringen, als ersten Maurus Lindemayr, den „Vater der oberösterreichischen Mundartdichtung", dessen Werke, Gedichte und Dramen, durch ihre Kritik an der Zeit des Dichters, mit unserer Epoche ähnlich, wieder aktuell geworden sind. Der ,seinerzeit von Anschober herausgegebene Sammelband der Werke Lindemayrs ist schon lange vergriffen. Krempl sollte mit den paar anderen vom Landesverlag bereits herausgebrachten Dichtern Stelzhamer und Reinthaler doch nicht allein bleiben nicht zuletzt deshalb, weil gerade die oberösterreichisch; Mundartdichtung in vieler Hinsicht auf die übrige österreichische Dialektdichtung, ja sogar auf die bayerische - siehe Stelzhamer - befruchtend gewirkt hat. Carl Hans Watzinger Otto Jungmair: Adalbert Stifter als Denkmalpfleger (= Schr.rei,he ,des Adalbert Stifter-Institutes des Landes Od., 28). Linz 1974 (Od. Landesverlag), 165 T,extseiten, 32 Abb. Ln. S 248.- . Einer der profiliertesten Kenner der Persönlichkeit und der Zeit von Adalbert Stifter, der im Oktober 1974 verstorbene Professor Otto Jungmair, trug sein Wissen zu einem Thema zusammen, das im Rampenlicht des internationalen Spektakulums „Europäisches Jahr der Denkmalpflege 1975" die besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der ansprechend gestaltete Band mit seinen zahlreichen ausgezeichneten Abbildungen ist Jungmairs letztes Werk. In zahlreiche Kapitel gegliedert, wird dem Leser eine fast verwirrende Fülle an Fakten, Persönlichkeiten und Daten in Originaldokumenten, Briefen und Aufsätzen mit Querverbindungen zur gesamten Zeit rund um Adalbert Stifter und dessen kulturelles und künstlerisches Ambiente geboten, aus der sich erst nach und nach neben dem Hauptthema „Stifter als Denkmalpfleger" noch zwei weitere Themenkreise herausschälen, die aus dem Inhaltsverzeichnis anfänglich nicht unbedingt ablesbar sind. Es sind dies einmal eine Darstellung der landesgeschichtlich bedeutenden und überragenden Persönlichkeit Anton Ritters von Spaun, und zum anderen die Geschichte der Rettung des Altars von Kefermarkt, der bedeutende Auftakt der denkmalpflegerischen Bewegung im Lande Oberösterreich. Die Vielzahl von Namen und Ereignissen im Zusammenhang mit Anton Ritter von Spaun, seinem weiten Freundeskreis, seinen Ideen, Anregungen und deren Auswirkung sind es, die zum sorgfältigen Lesen anhalten. Reichhaltige Anmerkungen am Schluß des Buches helfen dem Interessierten weiter. Ein neues und vielschichtiges Bild des biedermeierlichen Linz und seiner Bewohner, abweichend vom Klischee mit Goldhaube und Linzer Torte, entsteht vor dem Leser. Die angebliche „Provinz" entpuppt sich, dank großer Persönlichkeiten wie Spaun oder Stifter, beinahe als Knotenpunkt neuer kultureller Ideen, mit denen die romantische Bewegung den deutschen Kulturraum überspann. Jungmair bindet die zeitkritischen Ausflüge immer wieder ins Hauptthema ein und erarbeitet dann eine Entwicklungsdarstellung der Denkmalpflege an einem klassischen Beispiel: dem gotischen Flügelaltar in Kefermarkt. Der Zeitgenosse, konfrontiert mit dem Werk Jungmairs, erlangt sicher ein besseres und grundsätzlicheres Verständnis für die Bemühungen der Denkmalpflege, die heute mehr denn je zwischen oberflächliche Nostalgie und kulturelle Barbarei geraten sind. Erst in der Auseinandersetzung mit der Gegenwart wird klar, welche einzigartige Leistung und Bedeutung Adalbert Stifter zukommt, der, eingebettet in eine großräumige geistige und gesellschaftliche Bewegung, aus dem Gedankengut seiner Zeit mit seiner Arbeitskraft und 109
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