naheliegendes Betätigungsfeld. Der Unermüdliche entwickelte einen so eigenwilligen Stil, daß man unter Hunderten von Blättern, auch wenn man das „Hauszeichen" des Künstlers, das übermütige Vögelchen, nicht sieht, sofort eine Kislinger-Graphik oder -Keramik erkennen kann. Auf dem Gebiet des Exlibris ist er so fruchtbar, daß er zwar, wie der Eingeweihte weiß, schon seit Jahren das letzte Blatt schneidet, dennoch aber immer wieder ein neues ausführt.* Was den, seinen Freunden mit schwarzem Talar und Käppi vertrauten, scherzhaft „Pater Kisei" genannten Künstler aber in weitesten Kreisen bekannt und berühmt machte, ist seine unausrottbare Liebe zu Kunst und Kultur des oberösterreichischen Bauern. Es ist sein großes Verdienst, daß er gerade noch rechtzeitig die eigenwüchsige Bauernkunst unseres Landes am Ende ihrer Epoche mit Pinsel, Zeichenfeder und Kamera festhielt. Als Beamter hatte er leider nur. die kurzen Tage seines Gebührenurlaubes, um dieser selbstgewählten Aufgabe nachgehen zu können. Es mag ihm oft als ein kaum erträgliches Hindernis erschienen sein, Reiserechnungen, oder wie es im schönsten Beamtendeutsch hieß, ,,Partikulare adjustieren" zu müssen statt strohgedeckte Bauernhäuser, schwarze Kucheln oder reichbemalte Staubläden zu zeichnen und zu malen. Im Jahre 1939 gelang ihm, wenn auch seine Freunde abgeraten hatten, der Sprung in die Freiheit. Er suchte um Frühpension an und wurde so der Bürde eines ungeliebten, seiner Art so widersprechenden Berufes ledig. Nun begann er mit vollem Einsatz die Erfassung und Aufnahme der noch erhaltenen Bauernkunst Oberösterreichs. Zusammen mit seiner Gattin wanderte er kreuz und quer durch die Landschaften unserer Heimat, um zu zeichnen, zu malen und zu fotografieren, was er an bäuerlichen Kulturdenkmälern noch vorfand, um aber auch das alltägliche und festtägliche Leben des Landvolkes, Arbeit, Sitte und Brauchtum zu erforschen und in Aufschreibungen festzuhalten. Die volkskundlichen Wanderwege führten den von seiner Aufgabe Besessenen durch alle Viertel unseres Landes. Er wanderte, mit schwerem Rucksack bepackt, bergauf und bergab, kam zu freundlichen und zu abweisenden Menschen, er104 zielte Erfolge und erlebte Enttäuschungen. Wie oft geschah es, daß er nur mehr Ruinen und Trümmer alten wertvollen Volksgutes vorfand, daß Händler das gekauft und verschleppt hatten, was er zeichnen und malen wollte oder daß er lediglich aus kümmerlichen Resten erkennen konnte, was verloren gegangen war. Es gehörte viel Idealismus, viel Begeisterungsfähigkeit und auch nicht wenig körperlicher Einsatz dazu, um auf diesen Wegen zur alten Bauernherrlichkeit nicht zu verzagen und aufzugeben. Dem unermüdlich Forschenden und Strebenden waren trotz mancher Rückschläge und Widerwärtigkeiten große Erfolge beschieden. Ein Teil seiner Zeichnungen und Aquarelle wurde 1950 in einer Sonderausstellung im Landesmuseum unter dem Titel „Von alter Bauernherrlichkeit" der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Jahre 1957 stellte Kislinger unter dem Titel „Denkmäler der alten Bauernherrlichkeit Oberösterreichs" wiederum im Landesmuseum aus. Die letztgenannte Ausstellung fand gleichzeitig mit dem Erscheinen seines ersten Buches „Alte Bauernherrlichkeit" statt. Nach vielerlei Schwierigkeiten war es gelungen, dieses Buch der Mahnung, der Einkehr und der Besinnung im OÖ. Landesverlag herauszubringen. 1963 folgte Volkskundewerk Band II „Alte bäuerliche Kunst". Beide Bücher fanden eine so einhellige Zustimmung, daß der erste Band bald vergriffen war. Im Jahre 1969 wurden beide Werke, zu einem Band vereinigt, neu aufgelegt. Um die Fülle der Lebensarbeit Max Kislingers ermessen zu können, dürfen aber nicht diese zwei grundlegenden Bücher allein herangezogen werden. Wer einmal Gelegenheit hatte, in seinem Heim in all den Mappen mit Aquarellen, Zeichnungen und Graphiken zu blättern, die sorgfältig geordneten Fotos zu besichtigen und die genau geführten Fahrtenbücher mit ihren Eintragungen über Tracht und Brauchtum, Arbeit und Freizeit des bäuerlichen Menschen vor noch 30 40 Jahren durchzusehen, kann ermessen, was hier geleistet wurde. Welche Erkenntnisse nach Auswertung dieses überreichen Materials noch * Ein Werkverzeichnis seiner graphischen Arbeiten bis 1966 ist angeführt im Biogr. Lexikon von Oö., 2. Liefg. (1956), Nachtrag 11.-14. Liefg. (1968).
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