OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

Max Kislinger zum achtzigsten Geburtstag Mit 2 Abbildungen Das achtzigste Lebensjahr in ungetrübter Schaffensfreude und in der Hingabe an ein gestecktes Ziel erleben zu können, ist eine Gnade. Daß diese dem Maler, Graphiker und Zeichner, dem Keramiker und Volksturnforscher Max Kislinger zuteil wurde, ist für die vielen, die ihn kennen und schätzen, eine hohe Freude. Ihn vorzustellen, erscheint unnötig, denn der weitgespannte Rahmen seiner Arbeitsgebiete hat ihm bald einen Namen geschaffen. Bekannt wurde er zunächst durch seine sehr eigenwilligen graphischen Arbeiten und Keramiken. Zu Ruf und Ruhm aber kam er durch seine Beschäftigung mit der alten Bauernherrlichkeit, einem weiten und schönen Arbeitsgebiet, dem er sich immer noch mit all. seiner Schaffenskraft und Begeisterungsfähigkeit hingibt. Max Kislinger wurde am 4. April 1895 in Linz geboren. Seine Tauffeier fand unter einem für seine spätere Einstellung und Geisteshaltung sehr charakteristischen Vorzeichen statt. Wie nämlich sein Vater, ein wohlhabender Linzer Kaufmann, beim Taufschmaus eine Champagnerflasche öffnete, spritzte der perlende Inhalt gegen die Zimmerdecke, von der er auf den kleinen, in seinem Wickelpolster friedlich schlummernden Max herabtropfte. Man könnte fast annehmen, daß diese Schaumweintaufe die oft köstlich skurrile Phantasie, den grotesken Humor und die romantische Einstellung des Künstlers Max Kislinger geweckt hat. Seine Lebenseinstellung wird aber zweifellos auch durch seine bäuerlichen Vorfahren beeinflußt. War doch Großvater Kislinger Greißler und Besitzer einer ölstampfe in Kreuzberg bei Schärding, der Urgroßvater aber Bauer in St. Roman-Altendorf im Sauwald. Die Ahnen des heute noch weitverbreiteten Geschlechtes wanderten einst aus Traunstein und Nürnberg ein. Bemerkenswert erscheint, daß sich unter ihnen auch Glasbläser befanden, Menschen also, die mit künstlerischen Werten in Berührung kamen. Der kleine Max wuchs in dem heute abgetragenen Hause Ecke Landstraße-Magazingasse heran. Hier, wo sein Vater ein Spezerei- und Delikatessengeschäft betrieb, stand früher die BarbaraKapelle des gleichnamigen Linzer Friedhofes. über dem alten Haus mit seinen Gängen und Gewölben lag ein Hauch von Geheimnisvollem und Abgründigem, der die romantischen Neigungen und die üppig blühende Phantasie des Kindes sehr ansprach. Hier züchtete Max Seidenraupen, pflegte Goldfische, weiße Mäuse und Igel, bestaunte die damals auf der Landstraße noch verkehrende Pferdetramway, zeichnete und malte mit viel Eifer und befaßte sich so lange mit der Feuerwerkerei, bis eine qualmend donnernde Schießpulverexplosion dieser gefährlichen Liebhaberei ein Ende setzte. Im Jahre 1906 begann Kislinger das Mittelschulstudium an der Linzer Realschule. Hier lenkte Direktor Commenda den Darstellungstrieb des Studenten in eine Richtung, die sein ganzes Leben nachhaltig beeinflussen sollte. Er gab ihm nämlich zusammen mit anderen Schülern Gelegenheit, die Zeichenstunden in der Bauernstube des oberösterreichischen Landesmuseums zu verbringen, wo Kislinger zum erstenmal mit der Darstellung volkskundlicher Gegenstände bekanntgemacht wurde. Ähnliche Anregungen erfuhr er bei seinem Onkel Rath in Urfahr, der Schoppermeister, Zillenbauer, war und seinen Neffen gerne bei seinen Bootsfahrten mitnahm. Im Jahre 1908 traf den jungen Kislinger durch die Erkrankung und den Konkurs seines Vaters ein schwerer Schlag. Statt nach der Matura die Kunstakademie besuchen zu können, mußte er am 28. Jänner 1915 den Dienst bei der oö. Landesregierung antreten. War er doch gezwungen, seine kränkliche Mutter, die sich mit Koststudenten und Mittagsa.bonnenten mehr als mühsam durchbrachte, zu unterstützen. Um sich weiterzubilden, besuchte er 1919 Abendkurse beim akademischen Maler Matthias May, 1924 einen Lehrgang bei Professor Ikrath und war 1925 Gastschüler der Salzburger Keramikmeisterin Luise Spannring. Trotz der einengenden Beamtenlaufbahn entstanden in der kargen Freizeit Kislingers, manchmal als Entwürfe sogar auf der Rückseite amtlicher Formulare, vielerlei Werke wie Bucheignerzeichen, Urkunden, Notgelder, Diplome und Ansichtskarten. Im Jahre 1930 erhielt Kislinger einen ersten Preis der Internationalen ExlibrisAusstellung in Los Angeles. Auch auf dem Gebiete der Keramik fand er ein reiches, seiner an Kubin und Billinger gemahnenden Vorliebe für das Phantastische und Absonderliche besonders 103

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2