OÖ. Heimatblätter 1975, 29. Jahrgang, Heft 1/2

Die Rastelbinder Mit 4 Abbildungen ,,Der Pfannenflicker schwenkt seinen Hut, lebwohl, lebwohl Mamsell, der Fleck sitzt gut." Ein Plachenwagen mit einem vorgespannten, mageren Pferd war nicht nur Küche, Wohn- und Schlafzimmer, sondern auch die Werkstätte und das Materialdepot der Rastelbinder. Mit diesem Gespann zogen sie durch die Gegenden. Die Rastelbinder verließen meistens im Frühling ihren ständigen Winterwohnsitz und kamen erst im Herbst wieder dorthin. Außer jenen, die mit Pferd und Wagen fuhren, gab es auch solche, die mit einem Werkzeugkisterl am Rücken oder mit einem Wagerl, vor das ein Hund gespannt war, von Haus zu Haus zogen und in den Stallungen oder Heustadeln der Bauern übernachteten. In geschlossenen Ortschaften schlugen sie am Eingang des Ortes ihre Werkstätten auf. Hatten sie Frau und Kinder mit, so wurden diese im Dorf von Haus zu Haus geschickt, um das zu bindende und zu flickende Geschirr und die Gebrauchsgegenstände abzuholen. Die zu reparierenden Dinge wurden von der Hausfrau das ganze Jahr aufgehoben, denn die Rastelbinder kamen zumeist nur einmal im Jahr vorbei. Meistens waren sie aber allein, und so holten sie sich die Sachen von den Bäuerinnen und Bürgersfrauen selbst. Das Pferd wurde ausgespannt und graste rund um den Wagen; Hafer gab es ja nur sehr, sehr selten. In den alleinstehenden Höfen wurde vor dem Haus, im Schatten eines Obstbaumes, die Werkstätte aufgeschlagen. Das Werkzeug war sehr bescheiden. Es bestand, wenn es gut ging, aus einer Blechschere, einigen Zangen und einem Hammer. Regnete es, so mußten sie ihre Arbeit entweder im Vorhaus des Bauernhofes oder im Plachenwagen selbst durchführen. Die Dorfkinder oder auch die Kinder des Bauernhofes waren die Zuseher. Mit geschickter Hand verfertigten sie ein Drahtgeflecht (siehe Abb. 1), um die Steingutgeräte, wie Flaschen, Bluzer, Krüge, Häfen und Reindln zu binden. Die Stücke mußten nicht immer gebrochen sein, sondern es wurden auch neue Sachen sofort mit Draht oder Blechstreifen gebunden, die den Gefäßen eine längere Haltbarkeit gaben, denn das Zerbrechen wurde durch die Bindung herabgesetzt. Selbst teures Porzellangeschirr (siehe Abb. 2) wurde so repariert, denn der Erwerb neuer Gegenstände war immer viel kostspieliger. Wenn man ein gebundenes Geschirr ansieht, so wird man bemerken, daß nach gerade verlaufenden Stücken Draht immer ein gedrehter Teil folgt. Dieser gedrehte Teil diente dazu, einen gewissen Zug auszuüben, damit sich der Draht ganz dicht an die zu reparierenden Gefäße anschmiegte. Das Geflecht ist ein enganliegendes Gebilde um das Reparaturstück. Es gab - besonders bei Schüsseln - unterschiedliche Methoden. Manchmal wurde der Boden der Schüsseln oder auch der der Reindln mit Draht verflochten, was allerdings den Nachteil hatte, daß durch die Hitze am Herd der Draht weicher wurde und die Haltbarkeit verringerte. Weiters war die Standfestigkeit stark herabgemindert (siehe Abb. 3). Außer mit diesen Drahtgeflechten reparierten die Rastelbinder auch kleine Löcher, indem sie innen und außen ein Blechstück anbrachten, dieses auf den Innenseiten, also zum Tongefäß zu, mit geknetetem Brot verschmierten und mit einem schmiedeeisernen Nagel, den sie in der Mitte der Blechstücke einsetzten, abzwickten und dann vernieteten. Durchgehende Sprünge in Gefäßen wurden dadurch repariert, daß die Rastelbinder links und rechts des Sprunges vorsichtig ein Loch {mit einem Spitzbohrer) bohrten, durch diese Löcher einen Draht zogen und denselben auf der Außenseite zusammendrehten (siehe Abb. 4). Ich will mich hier nur mit der Reparatur von Tongefäßen befassen, da diese viel häufiger zu reparieren waren, weil sie leichter als Kupferoder Eisenblechgefäße brachen. Selbstverständlich reparierten die Rastelbinder auch Kupferund Eisenblechgefäße! Ein besonders großes und interessantes Gefäß sei am Ende meiner Ausführungen beschrieben. Der genaue Verwendungszweck konnte leider nicht mehr festgestellt werden. Es ist 1852 datiert. Ich nehme an, daß es ein Heizgefäß ist. Auf den im Gefäß befindlichen Tonrost stellte man in nasse Tücher eingebundene Gläser, die 97

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