Jahrgang 29 1975 Heft 1/2
Oberösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpß.ege in Oberösterreich; Leiter: W. Hofrat Dr. Aldemar Schiffkorn. 29. Jahrgang (1975) HeftV2 INHALT Vinzenz J a n i k : Form und Entwicklung der Flußmündungen - Beispiele aus der Landschaftsentwicklung Oberösterreichs (1) 3 Herwig K r e n n : Zum Artikelsystem im oberösterreichischen Dialekt - Ein strukturlinguistischer Beitrag zur Charakterisierung des Oberösterreichischen 25 Veit Wilhelm Je r g er : August Göllerich (1859-1923) - Eine biographische Skizze . 38 Georg Keime 1m a y r: Georg Wieninger - zum 50. Todestag 47 Hans R ö d h a m m e r : Die Reise des Propstes Wilhelm III. von Suben nach St. Margarethen am Hengist 52 Ernst F i et z : Auf dem Weg zum römischen Ziegelofen bei Wilhering 58 Hans K r a w a r i k : St. Leopold im Stoder 63 Hertha S c h o b e r : Gipfelkreuze in Oberösterreich 71 Johann Franz Mayer : Pferde-Schlitten-Rennen in Oberösterreich 78 Harry S I a p nick a : 1945 - Oberösterreich eine Woche Kriegsschauplatz . 83 1975 - Das europäische Jahr des Denkmalschutzes (Dietmar Assmann) . 90 Versuche zur Verlebendigung des Innviertler Volkskundehauses (Josef Mader) . 92 Eisfischen am Irrsee (Walter Kunze) 95 Die Rastelbinder (Fritz Thoma) . 97 Das „Hohenzeller Muster" in der Bauernmöbelmalerei (Cölestin Hehenwarter) . 98 Zum Alter der „tausendjährigen" Eiche von Klam (Alois Topitz) . 99 Der Erdstall „Ratgöbluckn" in Perg - ein Kulturdenkmal (Rudolf Zach) 101 Max Kislinger zum 80. Geburtstag (Fritz Merwald) 103 Gedanken zur Landschaftsmalerei - Ernst Pader zum 60. Geburtstag (Herbert Dimme!) 105 Schrifttum . 107
Anschriften der Mitarbeiter Prof. Herbert Dimme!, Akad. Maler, Auf der Haide 9, 4020 Linz. Prof. Dr. Albrecht Etz, Schloß Traunsee, 4810 Gmunden. Techn. Rat Dipl.-Ing. Ernst Fietz, Fritz-Lach-Weg 7, 4020 Linz. OStR. Prof. Dr. Cölestin Hehenwarter, Röntgenstraße 2, 4020 Linz. Dipl.-Ing. DDr. Vinzenz Janik, Ramsauerstraße 50, 4020 Linz. Chefdramaturg Veit Wilhelm Jerger, Fischergraben, D-24 Lübeck. Ing. Georg Keimelmayr, Landwirtschaftskammer für Oö., Auf der Gugl 3, 4021 Linz. Dr. Hans Krawarik, Taborstraße 93/13, 1200 Wien. Univ.-Prof. Dr. Herwig Krenn (Ruhr-Universität Bochum), 4144 Oberkappel. Mag. Dr. Walter Kunze, Konsulent der oö. Landesregierung, Strindbergstraße 5, 5310 Mondsee. AR Josef Mader, Kustos des Innviertler Volkskundehauses, 4910 Ried i. I. OStR. Prof. Johann Mayer, Ermesgasse 8, 7210 Mattersburg. Rechn.-Dir. Fritz Merwald, Beethovenstraße 9, 4020 Linz. Hans Rödhammer, Garnisonstraße 55, 4020 Linz. Dr. Hertha Schober, Konsulent der oö. Landesregierung, Halbgasse 4, 4020 Linz. Prof. Dr. Harry Slapnicka, Leiter d. Abt. Zeitgeschichte u. Dokumentation am Oö. Landesarchiv, Anzengruberstraße 19, 4020 Linz. Kustos Fritz Thoma, Konsulent der oö. Landesregierung, Kurhausstraße 8, 4540 Bad Hall. Dr. Alois Topitz, Leystraße 19/18/27, 1200 Wien. SR Rudolf Zach, Konsulent der oö. Landesregierung, Dr.-Ehrentraut-Straße 1, 4320 Perg. Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexemplare etc.) und Bestellungen sind zu richten an den Herausgeber : Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in OÖ., 4020 Linz, Landstraße 31 (Landeskulturzentrum Ursulinenhof), Tel. (0 72 22) 28 7 38 u. 28 7 39. Red a k t i o n : Wiss. Rat Dr. Dietmar Assmann, Anschrift siehe Herausgeber. Ver 1 a g : Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich. Druck : Oberösterreichischer Landesverlag, 4020 Linz, Landstraße 41. Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich. Alle Rechte vorbehalten.
Form und Entwicklung der Flußmündungen Beispiele aus der Landschaftsentwicklung Oberösterreichs* (I): Von Vinzenz Jan i k Mit 10 KartenskiiJzen, 1 Diagramm und 2 AhbHdungen Einleitung - Grundlagen der fluviatilen Landschaftsgestaltung (Die Flußenergie, Die Flußfracht, Erosion und Akkumulation, Die Auswirkungen der Hochwässer) - Die Formen der Flußmündungen (Die normale Mündung, Die flußabwärts verlegte Mündung, Die verschleppte Mündung, Die flußaufwärts verlegte Mündung) - Zusammenfassung - Beispiele für die verschiedenen Formen der Flußmündungen - Literaturverzeichnis. Die allgemeine Geomorphologie befaßt sich in neuerer Zeit sehr eingehend mit der Erforschung der klimabedingten Landschaftsformung großer Gebiete (J. Büdel 1948, 1971, H. Louis 1960, C. Rathjens 1971, H. Wilhelmy 1958 u. a.), wodurch die Beschreibung der kleinräumlichen Landschaftsgestaltung zurückgetreten ist. Anderseits können erst auf Grund der klimamorphologischen Untersuchungsergebnisse die Landschaftsformen der Vorzeit in Mitteleuropa geklärt werden, weil damals andere Klimabedingungen geherrscht und gewaltige klimatische Verände.rungen in der Erdneuzeit sich vollzogen haben. Doch die landschaftliche Eigenart eines Ortes wird vom Einwirken aller endogenen und exogenen Kräfte bestimmt (lanik 1974) und es soll in einigen Aufsätzen nunmehr versucht werden, dieses örtliche Entwicklungsgeschehen an verschiedenen Beispielen in unserem Raume darzustellen. Die Landschaftsgestaltung Oberösterreichs wurde im Tertiär vom ehemaligen subtropischen Klima bewirkt, doch seit dem beginnenden obermiozänen Meeresrückzug wird sie immer mehr von der Tektonik beeinflußt. Dadurch verlandete der Meerestrog (Geosysklinale) der Tethys und wurde vorerst ein stark verwildertes Augebiet; und als Folge weiterer verstärkter Landhebung und Kühlerwerdens des Klimas begannen sich im Oberpliozän-Unterpleistozän die großen Eismassen in den Alpen zu bilden. In der Eiszeit lagerten die Gletscher gewaltige Moränen ab; und infolge ausgedehnter Akkumulationen und bedeutender Erosionen entstanden die weiten Terrassenflächen entlang den großen Flüssen, in die nunmehr die Gerinne eingeschnitten sind. Somit liegen in unseren Landschaftsräumen sehr unterschiedliche Reliefgenerationen vor, da klimagenetische Formen in tektonisch-beeinflußte übergehen, wobei eine starke fluviatile Einwirkung auf die Landschaftsgestaltung erkennbar ist. Eine solche rasch aufsteigende Landschaft wird gekennzeichnet durch Versteilung der Gefällsverhältnisse und Verstärkung der Reliefenergie, indem die Tiefenerosion ,gefördert wurde. Dabei blieb jedoch die Ausschürfung bei den kleinen Gerinnen infolge geringer Wasserführung zurück, so daß sich ihre Gefällskurve versteilte, während größere Flüsse sich gleichmäßig eintiefen konnten. Da, wie die Gesamtlandschaft, auch die Formung der Gerinne vom geologischen Bau, von den gestaltenden Kräften und von der landschaftsgeschichtlichen Zeit abhängig ist (Janik 1974), tragen wegen des humiden Klimas in Oberösterreich die Flüsse wesentlich zur Landschaftsformung bei, indem die Gestaltung ihrer Mündung und ihres Laufes maßgebend das Landschaftsbild bestimmen. Besonders in der Eiszeit hatten die Gerinne gewaltige Wirkungen und es muß somit ihre Energieleistung kurz dargelegt werden, um diesen Faktor in der Landschaftsentwicklung beurteilen zu können. Die Darstellung der Landschaftsgestaltung kann nur mittels guter Geländekarten mit genauen Höhenlinien (Isohypsen) veranschaulicht werden, weil nur aus ihnen einerseits die jetzigen Höhen der Landflächen über dem Meeresspiegel (Seehöhe stets O m) und anderseits auch die Veränderungen im Gewässernetz ablesbar sind. Als Grundlage dieser Untersuchungen dienen die vorzüglichen topographischen Karten 1 :50.000, herausgegeben vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, die vom Planungsamt der oö. Landesregierung auf 1 :25.000 vergrößert wurden. für dieses zur Verfügung gestellte Kartenmaterial wird hiemit herzlichst gedankt. Außerdem wurden teilweise auch die alten Landesaufnahmen 1 :25.000 dort, wo seither Flußregulierungen die Landschaft veränderten, benützt. Dennoch ist es trotz der ausgezeichneten Kartenunterlagen schwierig, das dynamische Geschehen der Landschaftsentwicklung leicht faßlich darzu- * Vgl. die einführende Arbeit vorn selben Aut~r „Die Landschaftsentwicklung Oberösterreichs", in: OÖ. Heimatblätter, 28. Jg. (1974), 5. 36-56. 3
stellen, insbesondere weil wegen der großen Kosten auf einen Farbdruck verzichtet werden mußte. A. Grundlagen der fluviatilen Landschaftsgestaltung Das Zusammenspielen der (endogenen) Tektonik seit Ende Miozän, die seit beginnendem Meeresrückzug als epirogenetische Landhebung wirksam ist, und der (exogenen) klimabedingten Kräfte wird im oberösterreichischen Landschaftsraum sehr deutlich an der Entwicklung des Gewässernetzes ersichtlich. Denn die Flüsse reagieren einerseits sogleich auf tektonische Vorgänge, wenn eine Änderung im Gefälle bzw. im Niveau der Erosionsbasis eintritt, andererseits aber auch auf klimatische Schwankungen, sobald die abfließende Wasserm.enge sich vergrößert oder verkleinert. Der größte Teil unseres Landes, insbesonders das Alpenvorland, soweit es nicht von Eismassen bedeckt war, wurde fluviatil, d. h. durch die Arbeit der fließenden Gewässer der jüngsten Erdgeschichte, gestaltet*, und die dabei sich abspielenden Vorgänge sollen zuerst an Beispielen der Entwicklung von Gerinnemündungen aufgezeigt werden. Dies kann auch als Beitrag zur allgemeinen Geomorphologie gelten, indem sich bei gleichen geologischen Substraten, unter gleichen klimatischen und tektonischen Voraussetzungen aus gleichen Ausgangsformen auch dieselbe Landschaftsgestaltung in der Erdgeschichte vollzieht (geomorphologisches Grundgesetz). Daher sind in der aufsteigenden Landschaft des süddeutschen und österreichischen Alpenvorlandes unter gleichartigen Bedingungen sehr ähnliche Landschaftsformen entstanden. Da an diesen Vorgängen die Flüsse, die in der Eiszeit mit den Schmelzwässern riesiger Gletschermassen gespeist wurden, entscheidend beteiligt waren, muß vorerst das Ausmaß und Wesen der Gerinnedynamik erörtert werden. 1. Die Flußenergie Jedes Gerinne ist ein dynamisches System, dessen Energie (E) von der Wassermenge (Q) und vom Gefälle (G) abhängig ist. (E = Q.G.), wo4 bei erstere vom Klima des Einzugsgebietes und letzteres vom Relief und der Tektonik bestimmt wird. Demnach wird die Flußleistung vor allem von den Wassermassen bedingt, so daß in Trokkengebieten (Wüsten) infolge Wassermangels keine fluviatile Landschaftsentwicklung stattfinden kann. Der zweite Wirkungsfaktor ist das Gefälle, das die Strömung verursacht; es entsteht durch die Höhendifferenz zwischen zwei Punkten (h) und wird aus der Beziehung dieser zur Flußlänge (1) berechnet (G = f) und zumeist in 0/oo angegeben. Somit steigert sich die Flußenergie mit der Wassermenge und dem Höhenunterschied im Flußlauf, ist aber umgekehrt proportional der Fluß1.. (E Q • • ange = - 1 Durch das gefällsbedingte Fließen erfolgt eine Umwandlung der ruhenden (potentiellen) Energie des stehenden Wassers (E = m. g. h; m = Wassermenge, g = Gravitationskonstante und h = Höhendifferenz) in arbeitende (kinetische) 2 - Energie ( E = m/ iJ; m = Wassermenge und v Strömungsgeschwindigkeit), wobei die Summe der beiden Energiearten in einem gegebenen Flußabschnitt eine Konstante ist, d. h. wenn die potentielle Energie abnimmt, vergrößert sich die kinetische und umgekehrt; letztere bedingt die Leistung eines Gerinnes, und durch sie werden alle fluviatilen Landschaftsveränderungen verursacht. Sie wächst quadratisch mit der Strömungsgeschwindigkeit an, doch entstehen sehr große Energieverluste durch Reibung sowohl an der Flußsohle und an den Uferwänden als auch durch turbulentes Fließen im Wasser selbst. Die Strömungsgeschwindigkeit kann somit aus dem kinetischen Energiegesetz bzw. aus der Verknüpfung der beiden Energiegleichungen berechnet werden. Sie ist, wenn man statt E = Q . G einsetzt, die Quadratwurzel aus dem doppelten Gefälle (i[iG) bzw. die Quadratwurzel aus dem Quotient der doppelten Höhendifferenz zwischen ,. Folgen von Windeinwirkung auf .die oö. Landschaft, wie dies auf Grund der äolischen Lößtheonie der Fall sein müßte, sind nicht er,kennbar, da keine dementsprechenden Oberflächenformen ,auch nicht im gletschemahen (perigla:züalen) Gebiet vorliegen.
zwei Punkten zur Flußlänge, wenn man die Beziehung des Gefälles zur Höhendifferenz und Flußlänge berücksichtigt ( y 2 ~ ) Anderseits ist die Strömungsgeschwindigkeit auch der Quotient von Wassermenge und Flußquerschnitt, so daß sie im verschmälerten Flußbett größer wird als im erweiterten. Durch diesen Energiezuwachs werden aber bei plötzlicher Laufverengung, in sogenannten Durchbrüchen, bedeutende Erosionsleistungen ermöglicht und größere Flüsse können daher infolge ihrer verstärkten Energie und Laufvereinheitlichung diese Gefällshindernisse rasch ausgleichen, und in solchen Flußabschnitten nimmt sogar das Gefälle zu. Der Stromstrich, die Linie der größten Fließgeschwindigkeit, befindet sich normalerweise in der Mitte des Gerinnes, da dort der geringste Reibungswiderstand bzw. der kleinste Energieverlust herrscht und die Turbulenz durch die Uferwände nicht mehr bedeutungsvoll ist. Die optimale Gefällsnutzung zwischen zwei Höhenstufen hat ein Wasserfall (oder ein Kraftwerk), wenn die Höhendifferenz zur Flußlänge wird, so daß die potentielle Energie auf kürzester, d. h. senkrechter Strecke zur Gänze in kinetische umgewandelt wird; dabei haben die herabstürzenden Wassermassen die größtmöglichste Strömungsgeschwindigkeit. Hingegen ist in einem See infolge annähernder Niveaugleichheit zwischen Gerinneeinfluß und Seeausfluß nur eine sehr geringe Strömung vorhanden, in ihm ist daher die potentielle Energie sehr groß und die kinetische sehr klein. Im allgemeinen wird die Fließgeschwindigkeit umso geringer, je länger die Fließstrecke bei gegegebenem Höhenunterschied ist, und völlig gleichmäßig wäre sie, wenn der Flußweg zwischen Quelle und Mündung gefällsgleich und geradlinig, .d. h. als kürzeste Verbindung (= Luftlinie) verlaufen würde. Dann wird die Wegstrecke zur Hypothenuse und der Höhenunterschied zu einer Kathete des rechtwinkeligen Dreieckes. Dieser Idealfall, bei dem die Umwandlung der potentiellen Energie in kinetische gleichförmig verläuft, ist jedoch in der Natur kaum gegeben, und bei Laufverlängerung spricht man von einer Flußentwicklung. Demnächst werden hiefür Beispiele aus Oberösterreich aufgezeigt werden. In der Regel vergrößert sich zwischen dem Ursprung eines Gerinnes bis zu seiner Mündung, d. h. zwischen dem höchstgelegenen und tiefstmöglichsten Niveau (die Differenz zwischen diesen beiden Punkten ist die volle Gefällshöhe) durch verschiedene Zuflüsse bzw. infolge Erweiterung des Einzugsgebietes die Wassermenge eines Gerinnes, während sein Höhenunterschied zur Meeresmündung abnimmt. Daher hat der Oberlauf zumeist weniger Wasser und größeres Gefälle als der Unterlauf, so daß ein kurvenförmiger Profilschnitt von der Quelle bis zur Mündung vorliegt. Doch können durch tektonische Einwirkungen große Veränderungen bei den Gefällsverhältnissen im Laufe der Erdgeschichte eintreten, da sowohl Landhebungen als auch Landsenkungen auf allen Abschnitten der Flußstrecke möglich sind, wodurch sich die verschiedensten Formen bzw. Entwicklungen der Gerinne und Mündungen ergeben; außerdem hat selbstverständlich das Material des Untergrundes, in dem der Fluß eingeschnitten ist, maßgebende Bedeutung. Alle diese Faktoren verursachen eine stark unterschiedliche Dynamik im Flußsystem, so daß fast ein jeder Punkt seiner Wegstrecke einen charakteristischen, nur mittels sehr komplizierten Berechnungen ermittelbaren Energiewert hat. Dieser erbringt eine bestimmte Arbeitsleistung, indem das Wasser das aufgenommene Abtragungsmaterial verfrachtet, aber auch an der Flußsohle bzw. an den Uferwänden schürft. 2. Die Flußfracht Bei der Darstellung der Landschaftsentwicklung durch die Gerinne können in diesem Zusammenhang nur die wichtigsten Beziehungen mit der Flußfracht aufgezeigt werden. Dabei hat vor allem die Geschiebeführung eine große Bedeutung, während die Schwebstoffe (Flußtrübe) nur im Falle ihrer Ablagerung landschaftsverändernd wirken und die gelösten Stoffe (Suspension) nebensächlich sind. Die Flüsse verursachen verschiedene geomorphologische Veränderungen, indem sie das von den Flächen durch Abspülung (Denudation) abgetra5
gene Material aufnehmen, weitertransportieren und ablagern und dadurch auch ihr Flußbett ausformen. Vor allem kann die Geschiebeführung als Arbeitsleistung der kinetischen Flußenergie bezeichnet werden. Sie ist von der Menge des aufgenommenen Materials, von den transportierenden Wassermassen und vom Gefälle bzw. von der Strömungsgeschwindigkeit abhängig. Die Zunahme von Geschiebe bzw. die Abnahme der Flußenergie verursachen jedoch eine starke Behinderung bei der Verfrachtung, so daß eine Ablagerung von Kies und Schotter eintreten muß (Grobakkumulation). Die Größe und Bedeutung der Flußfracht wird am Beispiel der Donau ersichtlich, die bei Linz aus ihrem Einzugsgebiet von 79,500 Quadratkilometern eine durchschnittliche Abflußmenge von 1410 Kubikmeter pro sec aufweist (Rosenauer 1948) und 0,3 Mill. Tonnen Geschiebe, rund 6 Mill. Tonnen Schwebstoffe sowie 10,9 Mill. gelöste Stoffe (z. gr. T. Karbonate) pro Jahr abführt. Beim Kraftwerk Ybbs-Persenbeug müssen jährlich rund 9 Mill. Tonnen Geschiebe und abgelagerte Schwebstoffe ausgebaggert werden. In der Eiszeit hatte die Donau infolge Abschmelzung der großen Gletschermassen eine bedeutend größere Wassermenge (das KatastrophenHochwasser 1955 hatte bei Linz einen Abfluß von über 9000 Kubikmetern pro sec) und enorme Geschiebefracht, wie dies aus den großen Terrassenaufschüttungen ersichtlich ist. Bei Normalwasser besteht in jedem Gerinne ein arteigenes Gleichgewicht zwischen seiner kinetischen Energie und Flußfracht, indem sich diese mit der Wassermenge und dem Gefälle im Einklang befindet. Sie kann also bei zunehmender Wassermenge und größerem Höhenunterschied größer sein als bei geringer Wasserführung und kleinem Gefälle. Der Geschiebetransport ist im Flußbett nicht gleichmäßig über die ganze Flußsohle verteilt, sondern erfolgt z. gr. T. am Gerinnegrund im Stromstrich, d. h. in die Linie der größten Fließgeschwindigkeit. Daher werden in den verzweigten seitlichen Nebenarmen keine Kiese und Schotter, sondern nur die in den oberen Wasserschichten mitgeführten Schwebstoffe verfrachtet. Bei starker Überlastung des Gerinnes mit Geschiebe wird das Gleichgewicht zwischen 6 Flußenergie und Flußfracht sehr labil, so daß einerseits bald eine Akkumulation eintritt und anderseits der Flußlauf durch Nebengerinne leicht beeinflußt bzw. abgedrängt werden kann. 3. Erosion und Akkumulation Das fließende Wasser schürft an der Sohle und an den Uferwänden seines Bettes, wobei diese Reibungsarbeit von der Größe seiner kinetischen Energie, d. h. von der Wassermenge und quadratischen Strömungsgeschwindigkeit abhängig ist. Die Erosionsleistung wird jedoch durch das mitgeführte Geschiebe wesentlich vergrößert, so daß sich in geschiebereichen Flüssen die Abreibung an Gesteinen und Sedimenten bedeutend verstärkt. Bei dieser Erosionsarbeit ergeben sich große Wirkungsunterschiede je nach Härte und Verfestigungsgrad des Materials, in dem der Fluß eingebettet ist. Wo kein fließendes Wasser vorhanden ist, kann keine Einschneidung stattfinden, so daß bei geringem Flächenabtrag auch tertiäre Altflächenreste in der Landschaft erhalten bleiben. Bei entsprechendem Gefälle verursacht jedes Gerinne eine Tiefenerosion, die sich vor allem bei Normal- und Niederwasser auswirkt und im Stromstrich vor sich geht, wo das Geschiebe z. gr. T. verfrachtet wird. Wenn eine Tieferverlegung der Flußsohle infolge Einschneidung sich ständig in der Strommitte vollzieht, kann keine Veränderung im Flußlauf eintreten, so daß dieser infolge tektonischer Hebungen eine konstante Form beibehält und landschaftlich sozusagen fossil wird (z. B. Donau zwischen Passau und Schlögen). Da die Tiefenerosion durch ,das Gefälle bedingt ist, wirkt jede Höhenveränderung im Flußlauf oder an der Erosionsbasis auf sie ein und daher ist sie besonders empfindlich auf tektonische Vorgänge. Nun kann das Einschneiden der Gerinne mit der Landhebung entweder Schritt halten oder zurückbleiben, wobei sich im letzteren Fall die Reliefenergie verstärkt (siehe „Oö. Heimatblätter", Jg. 28/1-2). Bei Landsenkungen hingegen nimmt die kinetische Energie ab, indem die Strömungsgeschwindigkeit geringer wird, wodurch das Gerinne stark verwildert. Denn der Flußlauf wird
durch Seitenerosion stark verändert und diese ist besonders bei geringem Gefälle oder bei großer Wassermenge wirksam. Als Folge der seitlichen Verlegung des Stromstriches wird die eine Uferseite erheblich mehr ausgeschürft (Prallhang) als die andere (Gleithang), wie dies deutlich bei Mäanderbildungen erkennbar ist. Die größten Veränderungen im Flußlauf treten jedoch bei starker Akkumulation von Geschiebe ein, wenn die Flußenergie zu gering ist, um die anfallenden Kies- und Schottermengen weiterzutransportieren. Dadurch kann die Flußsohle ausufern und eine Verwilderung des Flußlaufes infolge starker Verzweigung (Armbildung) durch gleichzeitige Seitenerosion eintreten. Die Höherverlegung des Flußbettes als Folge von Aufschüttungen schafft in einem Flußabschnitt neue Gefällsverhältnisse und bedingt eine Hebung der örtlichen Erosionsbasis, so daß dort ein Rückstau der Nebengerinne erfolgt. Dadurch verringert sich bei diesen das Gefälle und sie werden zur Seitenerosion gezwungen, besonders wenn sie in unverfestigten Sedimenten eingetieft sind. Nach erfolgter Akkumulation wird wieder ein Ausgleich in der überhöhten Gefällsstrecke vollzogen, wobei eine Eintiefung in den aufgeschütteten Schottermassen stattfindet, so daß diese flußabwärts umgelagert werden (Ausbildung eines Trompetentales nach C. Troll 1957). Die Akkumulation von Feinsedimenten findet nur bei starker Verzögerung der Strömungsgeschwindigkeit statt, wie dies einerseits im überfluteten Augebiet und anderseits in langsam fließenden Seitenarmen und Totarmen der Fall ist. In diesen werden die Schwebstoffe z. gr. T. abgelagert, wodurch sie aufgefüllt werden und verlanden. Desgleichen kann auch am strömungsschwachen Gleithang eine Akkumulation von Feinsedimenten erfolgen, so daß sich dort eine landwirtschaftlich fruchtbare Fläche mit gleichmäßiger geringer Hangneigung entwickeln kann, die landschaftlich im wirkungsvollen Gegensatz zum gegenüberliegenden schroffen Felsgehänge steht. 4. Die Auswirkungen der Hochwässer Wie bereits aus den vorherigen Abschnitten hervorgeht, bedingt eine starke Zunahme der Wassermassen eine bedeutende Verstärkung der kinetischen Energie, wodurch wesentliche Veränderungen im dynamischen Flußsystem eintreten. Die bei Normalwasser gleichmäßige (laminare) Strömung und das vorhandene Gleichgewicht mit der Flußfracht wird empfindlich gestört, da sich die Fließgeschwindigkeit im gegebenen Flußbett verstärkt und während des Flußabwärtswanderns des Hochwasserkammes sogar das Gefälle etwas vergrößert. Dabei nimmt die Turbulenz erheblich zu und die Transportkraft wird wesentlich erhöht. Dieses Anwachsen der kinetischen Energie kann manchmal sogar katastrophale Landschaftsveränderungen verursachen, indem die Wassermassen sich eventuell ein neues Abflußbett suchen. Denn bei Hochwasser zerfällt in Beckenlandschaften das einheitliche dynamische Flußsystem in einige Teilkomponenten, indem auch Seitenarme aktiviert werden, so daß mehrere Flußbette mit sehr unterschiedlicher Energieleistung vorliegen. Ähnlich wie bei Akkumulationen tritt auch bei höherem Wasserspiegel, wenn auch nur kurzfristig, eine Hebung der örtlichen Erosionsbasis und ein Rückstau der Nebengerinne ein, außerdem wird an der Stirnfront der Hochwasserwelle ziemlich viel Flußfracht mitgeführt, wodurch Uferwälle aufgeschüttet werden. Die aufgestauten Nebengerinne werden von der Hochwasserflut zumeist abgedrängt und müssen sich sodann einen neuen Weg bahnen, der sogar flußaufwärts verlaufen kann, da dort, hinter dem Hochwasserkamm, das Gefälle wieder abflacht. Durch die Ausuferung der Hochwässer werden die Augebiete überflutet, dab-ei fällt die Strömungsgeschwindigkeit etwa senkrecht zum Stromstrich sehr rasch ab, so daß die mitgeführten Schwebstoffe absinken. Dadurch erfolgt eine Akkumulation von Feinsand und Schluff auf den Auflächen, wobei die Korngröße mit der Entfernung vom Ufer abnimmt. Da besonders vor Engstellen und Durchbrüchen das Hochwasser aufgestaut wird, tritt in diesem Überschwemmungsgebiet eine verstärkte Feinakkumulation ein, desgleichen auch in größeren Seen (Seetone), wo die Hochwasserfluten aufgefangen werden. Diese erleiden hier eine Ab7
schwächung und Verzögerung, so daß unterhalb des Seeausflusses der Hochwasserschwall kleiner und später vorrückt. Zum Abschluß zeigt eine schematische Darstellung der Hochwasserdynamik die Veränderungen im Flußsystem durch Hochwässer auf, wobei in Schematische Darstellung der Hochwasserdynamik bei gleichmäßigem Gefälle und viel Geschiebe Hochwasser Hochwasser stark TE {z.B. Donau in der Kaltzeit) allgemein örtlich A Mittelwasser•-i---- gering 8 allgemein: W= Wassermenge F=Flußfracht St =Ström ungsgeschwind igkeit TE örtlich: TE= Tiefenerosion SE=Seitenerosion A = Akkumulation
diesem Idealfall ein gleichmäßiges Gefälle und viel anfallendes Geschiebe sowie eine starke Laufverwilderung mit Verlegung des Stromstriches angenommen wird. Das dargestellte allgemeine Geschehen ist zwar die Grundlage des örtlichen, doch sind die Auswirkungen im Flußbett nicht immer spiegelbildlich, da die Flußdynamik auf jedem Abschnitt sehr unterschiedlich ist (siehe schematische Darstellung - die Donau in der Kaltzeit). Bei Normalwasser besteht ein Gleichgewichtszustand zwischen Strömungsgeschwindigkeit, Wassermenge und Flußfracht sowie Tiefenerosion, anderseits ist weder Seitenerosion noch Akkumulation vorhanden. Mit zunehmendem Hochwasser nimmt die Strömungsgeschwindigkeit, aber noch mehr die Flußfracht zu, während die Tiefenerosion sehr schnell abnimmt und beinahe aufhört. Dafür wird die Seitenerosion rasch wirksam, und von dem Zeitpunkt bzw. Hochwasserstand an, wenn die Tiefenerosion fast eingestellt ist, beginnt die Akkumulation. Diese erhöht vorerst das Flußbett, wodurch auch das Geschiebe ausufern kann, während die Schwebstoffe im überschwemmten Augebiet abgelagert werden. Bei Rückgang des Hochwassers nimmt die Strömungsgeschwindigkeit und Flußfracht wieder ab, so daß Seitenerosion und Akkumulation rasch beendet werden, während die Tiefenerosion wieder zu wirken beginnt. Der Zusammenhang dieser landschaftsgestaltenden Vorgänge mit dem Gletschergeschehen und der Terrassenentwicklung wird in einem weiteren Beitrag dargelegt. B. Die Formen der Flußmündungen Die allgemeine Geomorphologie hat bisher die Landschaftsentwicklung am Zusammenfluß zweier Gerinne noch wenig untersucht, obwohl dieser Vorgang für die fluviatile Landschaftsgestaltung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Denn an der Mündungsstelle wird die Flußdynamik infolge des Zusammenprallens der Energie der beiden Gewässer verändert bzw. deren Gleichgewicht mehr oder weniger gestört, wodurch verschiedene Mündungsformen entstehen. Eine Mündungslandschaft liegt am EnergieSchnittpunkt zweier Gewässer mit unterschiedlichem Niveau, wobei außer fließenden Gerinnen mit kinetischer Energie auch stehende mit potentieller Energie beteiligt sein können. Daher sind einerseits Gerinnemündungen und anderseits See- oder Meeresmündungen zu unterscheiden. Während bei den letzten die absolute Erosionsbasis mit erdgeschichtlich gleichbleibender Seehöhe O vorliegt*, vollziehen sich alle anderen Mündungen bei einer örtlichen Erosionsbasis, deren Höhe nicht konstant bleibt. Eine Flußmündung in das Meer ist der allgemeinste Fall, weil die Dynamik des fließenden Gewässers am wenigsten beeinflußt wird, indem es in ein stehendes mündet; dabei wird die kinetische Energie des Gerinnes langsam in die ruhende des Meeres übergeführt. Bei dieser normalen Mündungsform bildet der Stromstrich mit dem Meeresufer einen rechten Winkel, und ein gleiches Bild zeigen auch die Gerinnemündungen in einen See, wobei in beiden Fällen an der Mündungsstelle die ganze Geschiebefracht abgelagert wird. Daher baut sich die Mündung seeinwärts vor, wobei keine Aufschüttung über das Seeniveau erfolgen kann. Anderseits besteht beim Seeausfluß nur eine geringe Tiefenerosion, denn wegen des Fehlens von schürfendem Geschiebe ist keine wesentliche Reibung gegenüber dem Flußuntergrund vorhanden.** Bei Gerinnemündungen beeinflussen sich die beiden Systeme gegenseitig, indem gleiche oder unterschiedliche Wassermassen, Gefällsverhältnisse * Weil die Meeresspiegelschwankung-en nur am Festland erkennbar sind, müssen tSie als Landhebungen 1bel -Meeresrück2!ug o.der a'Ls Landse.nikungen bei Meer,esüberflutung ,angesprochen werden. Dadurch hat der MeeresspiegeJ, auf .den wir alle unsere Hohe11Jkoten bezilefuen, ·stets ldie Seehöhe O, auf die ·sich das ,einmündende Gerinne -einstellt und u.nt·erhaJb der keine Eintiefung möglich ist. Aiuf diese konstante M-eereshöhe müssen bei Rekonstruktion ehemaliger Landschaften aHe Landhöhen ·entsprechend dem damaligen Gefälle zum Meeresspiegel bezogen werden. ** Die •schwache lliefienerosion beim Seeausfluß bedingt nur eine langsame Absenkung der eiszeitlichen Seen und auch ein geringes 1E'inschne1den der Flüs,se nach ihrem Seeaustritt, ·da noch kein Schottertrieb vorhanden ist (Beispiele hiefür werden in weliteren Aufsätzen bei den Landschaftsentwicklungen Oberösterreichs dargestellt wer,den). 9
oder Geschiebemengen aufeinanderprallen, wobei das mannigfaltige Kräftespiel aller dieser Faktoren im weiterfließenden Fluß wieder zum Ausgleich kommt. Außerdem kann bei fließenden Gewässern auch das Mündungsniveau stark veränderlich sein, wenn verschiedene Erosions- oder Akkumulationsleistungen vorliegen. Dabei muß sich jeweils das höhere Niveau auf das tiefere anpassen und das erodierende, zumeist gefällsstärkere Gerinne sich auf die Niveauhöhe des akkumulierenden, zumeist gefällsschwächeren einstellen. Dadurch entstehen die verschiedenen Mündungsformen, deren erdgeschichtliche Entwicklung aufgezeigt wird, indem jeweils jüngere Beispiele älteren gegenübergestellt werden. Sobald sich in der Landschaft eine nicht senkrechte Mündungsform vorfindet, wurde die ursprüngliche Normalform verändert und die Ursachen hiefür müssen jeweils erforscht werden. Dies ermöglicht die strenge Kausalität in der Landschaftsentwicklung, wobei ältere Phasen im Sinne des Aktualismus, d. h. durch Rückschlüsse auf junge Geschehnisse, wie dies in der Geologie allgemein üblich ist, geklärt werden. 1. Die normale Mündung • Die normale, d. h. senkrechte Mündungsform tritt bei Flußmündungen auf, wenn die Dynamik des Nebengerinnes gegenüber dem Hauptgerinne unwesentlich ist (siehe Beispiel AistDonau, Bild 1) bzw. wenn beide Gerinne nur eine geringe Flußfracht mit sich führen (siehe Beispiel Pram und Nebengerinne, Bild 2). Da bei einem unbeeinflußten Flußlauf der Stromstrich in der Flußmitte verläuft und an den Ufern infolge Reibungswiderstand schwächere Strömungsverhältnisse herrschen, bedingt die normale, senkrechte Mündung ein allmähliches Zusammenfließen der beiden Gefällslinien, so daß keine plötzliche Abflußhemmung eintritt. Dadurch wird die Geschiebefracht leichter weitertransportiert und die Möglichkeit einer Verschüttung der Mündungsstelle verringert. Die Flußrichtung nach der Mündung ist das Ergebnis der Flußdynamik beider Gerinne und etwa mit der Resultierenden eines Kräfteparallelogrammes vergleichbar, das durch Wassermenge, Gefälle 10 und Flußfracht der zwei Komponenten bestimmt wird. Im allgemeinen erfolgt vor der Einmündung des Nebengerinnes eine geringe Anhebung der Flußsohle des Hauptgerinnes, weil wegen des Rückstaues die Geschiebefracht teilweise abgelagert wird. Dadurch tritt nach der Einmündung eine gewisse Verstärkung des Gefälles ein, worauf sich flußabwärts wieder ein Ausgleich durch stärkere Tiefenerosion einstellt (Wundt 1953). Aus zahlreichen Beispielen von normalen Flußmündungen wurde der Zusammenfluß SteyrEnns (siehe Bild 3), dessen jetzige Form sich seit der letzten Kaltzeit gestaltete, und die Entwicklung der Mündung Ranna-Donau seit dem Unterpliozän (siehe Bild 4) ausgewählt. 2. Die flußabwärts verlegte Mündung Diese Mündungsform ist eine Weiterentwicklung der normalen Mündung, indem das Nebengerinne vorerst in einen Seitenarm des Hauptgerinnes mündete, der flußoberhalb dieser Mündungsstelle mit Sedimenten aufgefüllt wurde. Die ursprüngliche normale Mündung ist noch am scharfen Knick des jetzigen Gerinnes erkennbar und außerdem kann man in der Landschaft auch den Verlauf des ehemaligen Seitenarmes noch wahrnehmen und rekonstruieren. Seine Verlandung vollzog sich im Rückstau des Gewässers durch das einmündende Gerinne, wodurch die Schwebstoffe sedimentierten. Infolge Tiefenerosion des Hauptgerinnes wurde der Seitenarm nach und nach zum aufgefüllten Totarm, der aber vom Nebengerinne weiter als Abflußrinne benutzt wird. Daher bleibt er von der ehemaligen Mündungsstelle das umgestaltete Bachbett, wodurch das jetzige Bild einer flußabwärts verlegten Mündung entsteht. Eine solche junge nacheiszeitliche Mündungsform ist beim Pesenbach ersichtlich (Bild 5), und ein Beispiel aus dem Tertiär zeigt die Aschach, durch deren erdgeschichtliche Entwicklung das landschaftlich schöne Tal gestaltet wurde (Bild 6). 3. Die verschleppte Mündung W·enn die beiden Gerinne eine große Geschiebefracht mit sich führen, bauen sie ihre Aufschüttungen flußabwärts vor, so daß eine Verschleppung der Mündung stattfindet.
Die Entstehung d~eser Mündungsform seit der Würmkaltzeit zeigt das Beispiel des Zusammenflusses Traun-Alm (Bild 7) und seit dem Altpleistozän der parallele Verlauf des Dambaches und Moosbaches (Bild 8). 4. Die flußaufwärts verlegte Mündung Als Sonderform der verschleppten Mündung kann die flußaufwärts verlegte Mündung angesehen werden, wo das Nebengerinne gleichfalls durch Akkumulation abgedrängt und an der Einmündung in das Hauptgerinne verhindert wird. Wenn die ursprüngliche Mündung des Nebengerinnes durch akkumulierende Sedimente zugeschüttet und verlegt wurde, muß sich dieses ein neues Bett suchen und kann auch oberhalb des flußabwärts ziehenden Hochwasserschwalles in das Hauptgerinne münden. Dadurch entsteht in der Landschaft das Bild einer flußaufwärts verlegten Mündung, bei der die zwei Gerinne eine kurze Strecke in entgegengesetzter Richtung fließen, wie dies beim Katzbach als nacheiszeitliche Mündungsform (Bild 9) und beim Rinnerbergbach als altpleistozäne Entwicklung (Bild 10) ersichtlich ist. Zusammenfassung An verschiedenen Beispielen aus Oberösterreich sind die Formen und Entwicklungen der Flußmündungen dargestellt, wobei außer dem allgemeinen Fall des normalen, senkrechten Zusammenflusses die Bedingungen der flußabwärts verlegten, verschleppten und flußaufwärts verlegten Mündung aufgezeigt werden. Alle diese Mündungsformen kommen auch in tertiären und pleistozänen Landschaftsteile vor, wurden jedoch durch die besonders im Quartär wirksame, epirogen-tektonische Landhebung umgestaltet, so daß der jetzige Flußlauf eingeschnitten ist.* Bild 1: Allgemeines Beispiel der normalen Mündung: Donau- A ist. Die Aist mündete früher bei Obersebern in den großen Albinger Arm der Donau, der bei der Donauregulierung abgeschnürt wurde und seit dem Kraftwerksbau Mitterkirchen-Wallsee in der Landschaft kaum noch erkennbar ist. (Aus den Karten der alten Landesaufnahmen wird jedoch das ehemalige Landschaftsbild klar ersichtlich.) Wegen der großen Wassermenge dieses Donauarmes im Vergleich zur Aist und wegen der geringen Flußfracht dieser Gewässer fand keine Behinderung beim Zusammenfluß beider Gerinne statt, so daß eine normale Mündung mit senkrecht zueinander verlaufenden Stromstrichen v•orlag; dabei gelang es der Aist, den großen, gegen Norden verlaufenden Bogen des Albinger Armes etwas gegen Süden einzudrücken. Die Mündungslandschaft Aist-Donau zeigt auch den Beginn einer flußabwärts sich verlagernden Mündung, indem der Albinger Arm von Obersebern bis Au/Donau zum Aist-Flußbett sich entwickeln würde; denn durch das tiefere Einschneiden der Donau wäre die Strecke AlbernObersebern im Laufe ,der Zeit verlandet. Die normale senkrechte Mündungsform der Aist sowie des Poneggen-Baches und Aisthofner-Baches ist auch bei Schwertberg, Poneggen und Aisthofen erkennbar, indem die Gerinne aus den höher gelegenen Landschaftseinheiten senkrecht zur Niederterrasse austreten. Vermutlich ist noch in der letzten Kaltzeit am Rande der Terrassenlandschaft ein starker Donauarm geflossen, der, von der Enns gegen Norden gedrückt, die Ausräumung dieses Beckens bzw. die Aufschotterung dieser Niederterrassenfläche vollzogen hat. Bild 2: AILgemeines Beispiel der normalen Mündung: Pram und Nebenbäche. Da da,s Einzugsgebiet der Pram und i'hrer Nebenbäche vom Gletschergeschehen unbeeinflußt war, haben diese Gewässer nur eine geringe Geschiebefracht zu transportieren, so daß ihre Mündungsform stets senkrecht ist. Obwohl die Pram stark mäandriert, münden die Seitengerinne wie Pramauerbach, Rainbach, Pfudabach u. a. immer senkrecht zu ihrem Stromstrich, wodurch die normale Mündungsform gekennzeichnet wird. Bild 3: Normale Mündung: Steyr-Enns (Entwicklung ab Würmkaltzeit). Siehe auch Abb. 1. Die rund 500-1000 m engen Täler der Steyr (zwischen Christkindl und Steyrdorf) und der * In einem weiteren Beitra.g zur Landschaftsentwicklung Oberösterreichs, der voraussichtlich 1976 erscheinen wird, werden ,Form und Entwicklung der Flußläufe behandelt. 11
12 + 340 -:. .,.:,,,."' 265 .,.:.:,-.:~' ,-:.::"" Niader- ,!/ Zirking ~~' ,, :: '~, 1 ' ist in'~, p ', ,, J ~, ,, ' # ~ ,, ,, ,: \ " \ ,,,, ,, ,y I 2,s , + ,';.' ,, ,, _.,,.-:,_.:,.':,.' 24~!---.::.:.:.:=-=-- .,.~=:, ,,-:.:::::.::===------ :::::',' ........ ~':::: .... ' Albing 244 + i242 0 o.s 1,5 2km 33i.,. +1,✓ lt II II ,, lt ,, , , ~;j~ _:.,." hwertberg 330+ 1
.,: .., ., .., c;; Tautkirch~n/Pr. i. 1 't0 0.5 Entwurf: Dipl.Jng.DDr. V.Jonik 1.5 21cm -c:: .. . ., .., 2 = Zeichnung: H. Kovotsch 13
Enns (zwischen Pyrach-Sarning und Jägerberg) wurden nach ihrem Zusammenfluß zur Zeit des Gletschervorstoßes bzw. Gletscherhaltes im Jungpleistozän zu einer etwa 3 km breiten Aufschüttungsfläche (Stein-Münichholz) ausgeweitet, wobei die Steyr senkrecht in die damals gegen Norden fließende Enns mündete. Nach einem starken Gletscherrückzug, durch den wahrscheinlich das Ennstal westlich Admont zum See wurde, der die Hochwässer der westlichen Enns zum größten Teil auffing, gelang es der Steyr, infolge ihrer damaligen größeren Flußenergie, der Enns ihre Flußrichtung aufzuzwingen und sie gegen Osten abzudrängen. Dadurch wurde die rund 1 km breite Verebnung, auf der die Ortschaft Stein liegt, zur Aufläche (dzt. Hochterrasse mit 330 m jetziger Seehöhe), auf der die Feinsedimente abgelagert wurden. Durch die Eintiefung der beiden Flüsse infolge weiteren Gletscherrückganges und epirogen-tek0 Enlwurf: Dipl.Jng.DDr: V.Janik 14 tonischer Landhebung entstand das jetzige Landschaftsbild, bei dem zwar eine normale Mündung zwischen den beiden Flüssen vorliegt, wo jedoch die Fließrichtung der bedeutend größeren Enns, die nach Rosenauer, 1948, im Mittel eine Abflußmenge von 56 m3/sec. und bei Hochwasser sogar bis 3200 m3/sec. hat, von der wasserschwächeren Steyr, die nur 2,6 m3/sec. und bei Hochwasser bis 310 m3/sec. aufweist, bestimmt wird. Beide Flüsse schütteten gemeinsam die Niederterrassenfläche von Münichholz auf, und erst nacheiszeitlich wurde die Enns durch den Ramingbach gegen Nordwesten gedrängt. Dabei fand sie Widerstand am HochterrassenSteilrand, wodurch sie wieder ihre Fließrichtung gegen Norden erhielt. Der Zusammenfluß Steyr-Enns bzw. Enns-Ramingbach zeigt deutlich sowohl die Wirkung der Flußenergie als auch die Bedeutung der Mündungsstellen für die Landschaftsentwicklung auf. Münichholz ' Zeichnung.: H. Kovatsch
'.risfall • 0 0.5 1.5 2km Enfwurf:Dipf.Jng.DDr. V.Janik zgichnung: H. Kovatsch Bild 4: Normale Mündung: Ranna-Donau (Entwicklung ab Ende Unterpliozän). Die Mündungsstelle der Ranna in die Donau wird erst seit Ende Unterpliozän (d. i. ab der Zeit vor etwa 6 Millionen Jahren) eindeutig fixierbar. Damals flossen die beiden Gewässer bei etwa 500-520 m jetziger Seehöhe, und aus dem Isohypsen-Verlauf ist eine normale Mündung ersichtlich. Da die Ranna im Vergleich zur Donau nur eine geringe Wassermenge und Flußfracht führt, verlaufen die Stromstriche senkrecht aufeinander, und diese Entwicklung ist bis in die Gegenwart, auch bei der derzeitigen Mündung bei 285 m jetziger Seehöhe, erkennbar. Doch ab Oberpliozän (ca. 480 m jetziger Seehöhe) bis zum Großen Interglazial (ca. 320 m jetzige Seehöhe), besonders aber im Alt- und Mittel-Pleistozän kam es infolge großer Geschiebefracht der Donau zu einer gewissen Mündungsverschleppung, wodurch die langgestreckte, von NW-SO gerichtete RiedlRäche entstand, auf der das Schloß Rannariedl steht. (Außerdem ist in diesem Bild auch die Verschleppung der Mündung des Kößlbaches durch die Donau in der Eiszeit erkennbar, wodurch die langgestreckte Riedlfläche von 420 m auf dzt. 300 m Seehöhe entstand. Ursprünglich mündete der Kößlbach noch senkrecht in die Donau, doch wurde von ihr die Mündungsstelle bis zum Großen Interglazial gegen Osten verschleppt.) Das jetzige Landschaftsbild mit der tief eingeschnittenen Donau und Ranna ist durch die epirogen-tektonische Landhebung seit dem Ende Unterpliozän geprägt, wodurch die Rannamündung um rund 230 m tiefer verlegt wurde. Durch die rasch wirksame Epirogenese im Quartär wurden die Verebnungsflächen des kristallinen Grundgebirges höher geschaltet und die Donau sowie ihre Nebengerinne mußten sich in die Böhmische Masse einschneiden. Da die Verwitterung und der Bodenabtrag (Denudation) mit der Landhebung nicht Schritt halten konnten, entstanden die steilen Hänge und tiefen Gräben, die vom jetzigen Gerinneniveau bis etwa 500 bis 520 m Seehöhe ansteigen. Zu dieser Zeit floß noch die Donau entsprechend dem damaligen Gefälle bei etwa 80 m Seehöhe, da sie in das Pannonmeer des Wiener Raumes mündete (lanik 1974). Bild 5: Flußaufwärts verlegte Mündung: PesenbachDonau (Entwicklung .ab Nacheiszeit). Der Pesenbach mündete früher südwestlich von Mühldorf in einen ehemaligen Donauarm, der flußaufwärts von dieser Mündungsstelle bereits verlandet ist. Flußabwärts hingegen wurde er zum Flußbett des Pesenbaches ausgestaltet, der somit etwa 12 km in diesem ehemaligen Arm gegen Osten weiterfließt, bis er bei Hagenau in die Donau mündet. Dadurch entsteht in der 15
Kr ; s t o I I 415+ in ~ s t F~ldkirch~n a.d.D. 0 Mühldorf + #1/ 264 '1i. Goldwörth 262 + + 259 0,5 1,5 2km Landschaft das Bild einer flußabwärts verlegten Mündung, da in der Gegenwart außer am scharfen Knick an der früheren Mündungsstelle bei Mühldorf der ehemalige Donauarm kaum mehr erkennbar ist. Diese Entwicklung vollzog sich bereits nacheiszeitlich, in der Zeit der Entstehung der Höheren Austufe, das war vor etwa 10.000 Jahren, als der ehemalige Donauarm am Rande der Niederterrasse dahinfloß. Sein Lauf ist bei Audorf völ16 lig verlandet, wozu sicherlich auch die Donauregulierung beigetragen hat. Ein ähnlicher Vorgang vollzieht sich beim Voggingerbach, der früher östlich von Goldwörth ebenfalls in einen ehemaligen Donauarm mündete. Auch dieser ist flußaufwärts von dieser Mündungsstelle schon verlandet und in der Landschaft kaum erkennbar. An der Austrittsstelle des Pesenbaches, der Rodl und anderer kleinerer Gerinne kann man noch
die zur Zeit der Aufschüttung der Niederterrasse vorhandene senkrechte Mündungsform erkennen. Vermutlich floß ein starker Donauarm entlang des Abfalles der Böhmischen Masse, in dem die Gerinne aus den höheren Landschaftseinheiten einmündeten. Dieser verursachte einerseits die Ausräumung des Feldkirchner Beckens und vollzog ande11seits die Aufschotterung der 1 St.Agatha (603) 0 Niederterrasse, in der sich der Pesenbach zwischen Oberndorf und Mühldorf bereits etwas eingeschnitten hat. Bild 6: Flußabwärts verlegte Mündung: Aschach-Donau (Entwicklung ab Unterstpliozän). Die Aschach mündete im Unterstpliozän (vor etwa 11 Millionen Jahren) zur Zeit der Ablage- "' 8 0.5 1.5 2km 17
rung der Liegendschotter des Hausrucks und Kobernaußerwaldes (]anik 1974) bei etwa 560 m jetziger Seehöhe senkrecht in einen Donauarm, der zwischen Reith (563 m) und Hundsdorf (609 m) bzw. Mayrhofberg (654 m) in der herzynischen Richtung von Nordwesten gegen Südosten floß. (Die Donau verwendet für ihren Lauf eine tektonische Bruchlinie der Böhmischen Masse, die von Passau bis Eferding zieht. Der oben beschriebene Arm benützte noch diese als Donaustörung bezeichnete Richtung, die nordwestlich von Eferding als Schaumbergleithen in der Landschaft deutlich hervortritt.) Diese normale Mündung ist am Verlauf der 560 m Isohypse beim Aschach-Knie erkennbar und gegenüber ist im Norden noch die Kuppe mit 563 m dzt. Seehöhe vorhanden. Die Höhenlinien in der Ortschaft Dunzing zeigen von 560 m- 520 m ein deutliches Umschwenken gegen Südosten und die dadurch entstandene Riedelfläche ist vermutlich durch eine Verschleppung der ehemaligen Mündung infolge Akkumulation der Aschach zur Zeit der Ablagerung der Hangendschotter des Hausrucks und Kobernaußerwaldes entstanden, wodurch auch die Donau aus ihrem ehemaligen Arm von der Aschach verdrängt wurde. Infolge epirogenetischer, besonders im Pleistozän rasch wirksamen Landhebung mußte sich die Aschach, entsprechend ihrer Erosionsbasis, die von der Donau bestimmt wird, einschneiden, wodurch die beiderseitigen Steilhänge des Aschachtales entstanden. Das rechtwinkelige Aschachknie kennzeichnet aber noch in der Gegenwart die ehemalige Mündungsstelle (siehe Pesenbach bei Mühldorf), so daß im Landschaftsbild die flußabwärts verlegte Mündung ersichtlich wird. Nach der Mäanderbildung bei Schlögen (die in einem weiteren Beitrag beschrieben wird) hat die Donau diesen zwischen Haibach und Dunzing fließenden Arm endgültig aufgegeben. Der nordwestliche Teil dieses Armes wurde zu einem Graben umgebildet, der die Donau zur Erosionsbasis hatte, so daß er sich immer tiefer einschneiden mußte. Der gegen Südosten verlaufende Teil wurde noch im Oberpliozän vom Fuchsbach und anderen kleinen Gerinnen verwendet, bis diese 18 infolge Akkumulation die geringfügige örtliche Wasserscheide überschritten, so daß auch sie gegen Nordwesten zur Donau fließen. Aus dem südöstlich gerichteten Donauarm entwickelte sich der Kehrbach, durch dessen Graben die Nibelungenstraße führt und der zur Entwicklung der langgezogenen, steil abfallenden Riedelfläche, auf der die Ruine Stauff steht, beitrug. Bild 7: Verschleppte Mündung: Alm-Traun (Entwicklung ab Würmkaltzeit). Infolge der großen Geschiebefracht sowohl der Traun als auch der Alm wird das normale Zusammenfließen dieser Gerinne behindert und ihre Mündungsstelle verschleppt. Dadurch bildete sich schon bei der Entstehung der Niederterrasse der schmale Sporn bei der Ortschaft Traun, dessen Schotter abgebaut wird. Nach Rückzug des Gletschers aus dem Traunsee, wo die Hochwässer der Traun gespeichert und ihre Schotter bei Ebensee abgelagert wurden, hat sich deren kinetische Energie sehr stark verringert, so daß die Traun durch die Alm gegen Nordosten abgedrängt wurde. (Ein ähnlicher Vorgang hat sich auch bei der Aufschotterung der Höheren Niederterrasse vollzogen, als die bei Aichham beginnende, gegen Nordosten ziehende Schotterfläche entstand. Von dieser bis zur jetzigen Austufe wurden durch das Zusammenspielen zwischen Traun und Alm sieben Erosionsstufen, wobei auf einer die Ortschaft Graben liegt, angelegt, deren Bodenbildung bereits in den Beiträgen zur Pleistozänforschung [24] beschrieben wurde.) Die große Geschiebefracht der Alm bedingte außer der Verdrängung der Traun auch eine Verschleppung der Mündungsstelle um rund 0,8 km und die Stetigkeit dieses Vorganges ist im flachen Abfallen von der tieferen Niederterrassenstufe (Seehöhe 351 m) zur rezenten Austufe (Seehöhe 330 m) erkennbar. Die Alm mündet mit einem sehr spitzen Winkel in die Traun, und aus der schmalen Landzunge wird sich bei ungestörter Weiterentwicklung infolge stetigen Eintiefens beider Flüsse, bedingt durch die epirogen-tektonische Landhebung, eine langgestreckte Riedelfläche entwickeln.
Bild 8: Verschleppte Mündung: Moosbach-Dambach (Entwicklung ab Ältestpleistozän). Der kleinere Dambach mündete, von Osten kommend, noch zu Beginn des Ältestpleistozän bei etwa 500 m dzt. Seehöhe ungefähr bei der Ortschaft Teiseneck senkrecht in den von Süden kommenden größeren Moosbach. Dies ist am Verlauf der Isohypsen erkennbar, da sich die 500 m Höhenlinien der beiden Talanlagen rechtwinkelig schneiden. Schon im Ältestpleistozän erfolgte eine rund 1 km lange Verschleppung der Mündungsstelle gegen Norden, wodurch die Riedelfläche von 500 m-480 m dzt. Seehöhe entstand. Wegen des längeren Aufstaues dieser kleinen Gerinne durch den Inn und die Mattig infolge starken Gletschervorstoßes im Altpleistozän hat die Isohypse von 460 m wieder einen abgerundeten Verlauf. Die langsame Abschmelzung der Gletschermassen im Alt- und Mittelpleistozän verursachte die Entwicklung der rund 2,5 km langgestreckten schmalen Riedelfläche zwischen 460 m und 430 m dzt. Seehöhe, d. i. von der Ortschaft Treiseneck bis Waasen, indem nur eine langsame Einschneidung der beiden von den Schmelzwässern Inn und Mattig immer wieder rückgestauten Bäche erfolgen konnte. Diese mußten ihre große Geschiebefracht, die sie aus dem hochgelegenen Kobernaußerwald mitbrachten, an den strömungsschwachen Ufern ablagern, wodurch die Mündung der beiden Gerinne weit gegen Norden verschleppt wurde. Die starke Einschneidung der beiden Gerinne im großen Interglazial ist an dem Steilhang von 430-410 m dzt. Seehöhe erkennbar. Infolge neuerlichen Rückstaues im Jungpleistozän fließen nunmehr die beiden Bäche in den von ihnen aufgeschütteten Sedimenten in einer breiten Talaue fast parallel und verzweigt nebeneinander. Die Verschleppung der Mündungsstelle der beiden Bäche zeigt in diesem periglazialen, aber gletscherfreien Gebiet einerseits die Wirkung der epirogen-tektonischen Landhebung und andererseits die Vorstöße und Rückzüge des Inn-MattigGletschers auf. Bild 9: Flußaufwärts verlegte Mündung: KatzbachDonau (Entwicklung ab Nacheiszeit). Siehe auch Abb. 2. Der Katzbach mündete zur Zeit der Aufschotterung der Niederterrasse noch senkrecht in einen Donauarm, der entlang des Abfalles des Kristallinen Grundgebirges floß. Infolge Aufschüttung 19
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