Literatur gelegt, so zeigt F. Haider (1968) in seinem umfangreichen Werk ehemaliges genauso wie noch er haltenes Brauchtum in Tirol auf, und gibt R. Fochler (1971) einen gelungenen „Wegweiser zu volkstümlichen Terminen in Oberösterreich". K. Zinnburg schließlich versucht gleichsam eine Mischung aus „Haider" und „Fochler". Basierend auf dem grundlegenden Werk von Karl Adrian, „Von Salzburger Sitt und Brauch" (1924), hat der Autor in jahrzehntelanger Sammelarbeit dem Brauchtum in Stadt und Land Salzburg nachgespürt und bringt daher auch eine Reihe neu eingeführter oder auch nur wieder belebter Brauchtumsformen. Neben den verschiedenen Kapiteln zum Jahresbrauchtum, beginnend mit dem Fest der hl. Katharina („Kathrein stellt den Tanz ein!"), behandelt Zinnburg in eigenen Abschnitten „Volksmusik und Volkslied", „Brauchtums tänze", „Bäuerliche Unterhaltungsspiele" sowie „Lostage und Bauernregeln". Das Lebensbrauchtum ist etwas unmotiviert zwischen den Kapiteln „Sommer- und Herbstbräuche" und „Die Almzeit" eingestreut. Hervor gehoben seien die Schlußkapitel „Heimat- und Brauch tumsveranstaltungen" mit einem Kalender für die bedeu tendsten Termine und der Anhang, in dem ein Vereinsverzeichnds, die Heimatmuseen, Erläuterungen einiger Brauchtumsbegriffe, Literatur und Bemerkungen zu den gut getroffenen Illustrationen von Richard Treuer ent halten sind. Leider fehlt ein Orts- und Sachregister, das die vielen, oft wertvollen Einzelheiten besser erschließen würde. Wie bei Haider ist es auch bei Zinnburg schwer, ihr Werk kritisch zu betrachten. Bei den mit viel Liebe und Begei sterung zur Sache geschriebenen Werken wird man nicht allzu wissenschaftlich exakte Darstellungen erwarten dürfen, die anders aufgebaut und vor allem auch eine Auseinandersetzung mit der reichlich vorhandenen Lite ratur bieten müßten. So aber werden gelegentlich etwas leichtfertig Erklärungen geboten, die seit Jahrzehnten nicht mehr entsprechen, wie z. B. „Sonnwendfeuer . . . sind ohne Zweifel ein Überbleibsel eines altgermanischen Götterkultes" (S. 148) oder „Schon vor mehr als tausend Jahren liefen Schönperchten" (S. 366) als Altersangabe für den Pinzgauer Tresterer, sein „Stammbaum der Volksbräuche" (S. 440) usw. Was das Buch bemerkenswert macht, ist die Einbeziehung neuen Brauchtums, so daß ein gutes Kompendium des gegenwärtigen Standes vorliegt. Auch der volksbildneri sche Effekt sei hervorgehoben, jene Verbindung von wissenschaftlicher und angewandter Volkskunde, die der Altmeister dieses Faches, Viktor v. Geramb (Graz), so meisterhaft beherrschte. Heimat- und Volkstumsfreunde wie -pfleger werden sicher eine Fülle von Anregungen finden, dem Wissenschaftler bietet sich ein reiches Mate rial. D. Assmann August Retienbacher: Hirten erst kundgemadit... Bil der aus dem Leben von Franz Xaver Gruber. Salzburg 1973 (Verlag der Salzburger Druckerei), 200 Seiten, 14 Abb., Ln., S 139.—. Immer wenn Weihnachten kommt, wird man in beson derer Weise an F. X. Gruber (1787—1863) erinnert, der mit der Vertonung des „Stille Nachf'-Liedes weltweit bekannt wurde. Der Autor des erfolgreichen Büchleins „Hiatz is Advent" — bis 1973 in seinem Heimatort St. Koloman bei Hallein als Volksschuldirektor tätig — verstand es ausgezeichnet, in schlichter, bildreicher Sprache die einzelnen Lebensstationen des Schulmeisters und Organisten F. X. Gruber darzustellen. Es ist keine strenge Biographie daraus geworden, vielmehr werden mit viel Liebe und großem Einfühlungsvermögen ge schriebene, dabei immer sachlich fundierte Erzählungen aneinandergereiht. In ihnen wird nicht nur das Leben Grubers, sondern darüber hinaus der kultur- und gesell schaftspolitische Hintergrund, im weiteren ein gelungenes Volksbild aus der Zeit der Jahrhundertwende und des 19. Jahrhunderts im oberösterreichisch-salzburgischen Salzachraum aufgezeigt. Zu den einzelnen Kapiteln sind in einem eigenen Anhang Erläuterungen und ergänzende Daten und Hinweise ge sammelt. Gut ausgewählte Wiedergaben alter Stiche, Zeichnungen — darunter Grubers eigenhändige Zeich nung seines Geburtshauses in Hochburg, wo zur Zeit ein Franz-Xaver-Gruber-Gedenkraum errichtet wird — und selbstverständlich auch der Niederschrift des „StilleNachf'-Liedes von 1855 (jene von 1818 — die Urfassung — ging leider verloren) illustrieren das lesenswerte Buch. D. Assmarm Das Judentum im Revolutionsjahr 1848 (= Studia Judaica Austriaca, Bd. I, hrsg. vom Verein österr. Jüdisches Museum in Eisenstadt). Wien 1974 (Herold), 125 Seiten, 8 Abb. S 60.-. Der Verein „österreichisches Jüdisches Museum in Eisen stadt" tritt erstmals vor die Öffentlichkeit mit einem Doppelunternehmen, das allgemeine Aufmerksamkeit verdient. Da ist einmal die Ausstellung in Eisenstadt, die anhand von 123 Exponaten (bildliche,' schriftliche und literarische Dokumente) die Stellung des österreichischen Judentums in der 48er-Revolution veranschaulichen soll, im wesent lichen aufgewiesen am Beispiel Wiens. Im Zusammenhang damit steht die Veröffentlichung des ersten Bandes der „Studia Judaica Austriaca". Der erste Teil der Arbeit bringt eine ausgezeichnete Erläuterung der einzelnen Exponate aus der Feder des Wiener Histo rikers Wilhelm Häusler, der zweite Teil befaßt sich mit Sonderproblemen der 48er-Revolution im Hinblick auf die Judenfrage. Mit Nachdruck sei verwiesen auf die ungemein aufschlußreichen Studien Häuslers (Konfessio nelle Probleme der Wiener Revolution von 1848, Demo kratie und Emanzipation 1848) und auf den ebenso vor züglichen Aufsatz von W. I. Cahnmann, New York, Adolf Fischhof als Verfechter der Nationalitäten und seine Auswirkung auf das jüdisch-politische Denken in Österreich. Kaum jemand hat eine auch nur einigermaßen zutreffende Vorstellung, daß das bürgerliche Epochenjahr in mehr facher Hinsicht ebenso ein jüdisches Schicksalsjahr war.
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