OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

Der Ritus der Bestattung dürfte wohl auch hier kaum von dem in Rom allgemein üblichen ab gewichen sein. Eine Bestattung dürfte nach P. Grimal® etwa wie folgt vor sich gegangen sein: Bei den Bestattungen konnten die Toten sogar an das Licht der Öffentlichkeit zurückkehren: In den Trauerzügen, die den Leichnam zum Scheiter haufen geleiteten, wurden sie von Schauspielern in der Maske der Vorfahren, auch in der Maske der Vorfahren befreundeter Familien, dargestellt. Auch der Verstorbene war in Person anwesend: Seit Augusteischer Zeit, in anderer Form teil weise schon früher, war es üblich, daß ein Schau spieler in der Maske des Verstorbenen der Trag bahre mit dem Leichnam voranschritt. Durch das Nachahmen des Toten verlängerte man gleichsam dessen Leben bis zur endgültigen Zerstörung des Körpers. Wie zahlreiche Funde von Fibeln beweisen, war der Verstorbene bei der Verbrennung nach römi schem und keltischem Ritus bekleidet. Auf dem Scheiterhaufen erhielt er die ersten Beigaben, vor allem Gefäße für die Totenmahlzeit. Als Fahrgeld für den Totenfährmann legte man ihm eine Münze in den Mund. War die Leiche mitsamt der Bahre auf den rohen Scheiten imbehauenen Holzes verbrannt, dann wurden die letzten Flam men mit Wein gelöscht, die Knochen und die Reste der Beigaben aus der Holzasche gelesen und in einer Urne oder einem Holzbehälter ge sammelt. Nach ca. 180 n. Chr. scheint das westliche Grä berfeld aufgelassen worden zu sein. Die ustrina selbst wurde vermutlich als Abfallgrube verwen det und im Zuge der fortschreitenden späteren Besiedlung zugeschüttet. Als Beweisführung für die Verwendung der ustrina als Abfallgrube dienen die daraus gebor genen Funde, so z. B. zahlreiche zerbrochene Ke ramiken, schadhafte Beingegenstände und we nige unbrauchbar gewordene Metallgegenstände. Ein besonders interessanter Fund ist eine Halb gefäßwand eines konischen Bechers aus roter Sigillata von der Form Dragendorff 33 ohne Verzierung. Auf der Außenseite des Gefäßes, knapp unter halb des oberen Randes, ist die sorgfältig in griechischen Buchstaben eingeritzte Inschrift „Kleopatra" ersichtlich. Nach A. Betz® dürfte die Besitzerin einen historischen Namen getragen ha ben, der für Freigeborene, Freigelassene und Sklavinnen bezeugt ist. Die Auflassung des westlichen Gräberfeldes dürfte mit dem Anwachsen der Stadt in diese Richtung in Verbindung zu bringen sein. Fried höfe oder Bestattungen innerhalb der römischen Stadt waren nicht möglich, da bereits in den zwölf Tafeln das Verbot ausgesprochen ist: „Einen Gestorbenen sollst du in der Stadt nicht bestatten, noch verbrennen^®." Auf der 200 bis 250 cm starken Schwemmschot terschicht, die das Gräberfeld überlagert — sie dürfte auf eine Überschwemmung größeren Aus maßes zurückzuführen sein, welche nach Auf lösung des Gräberfeldes stattfand — konnten bei späteren Grabungen auch tatsächlich Reste von Bauwerken festgestellt werden. ® Pierre Grimal, Römische Kulturgeschichte, MünchenZürich 1961, S. 97 f. ' Artur Betz, Die griechischen Inschriften aus Öster reich, in: Wiener Studien (Ztschr. f. klass. Philologie u. Patristik), N. F. Bd. 5 (1971), S. 241 f. „Hominem mortuum in urbe ne sepelito, neve urito."

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