OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

Die Steinumfassung der ustrina zeigte überaus starke Brandverfärbung. Des weiteren konnte in den Ritzen der Umfassung die für Verbrennun gen typische verkohlte Masse festgestellt werden. Die einzelnen behauenen Steine sind nur ge schlichtet und nicht mit Mörtel verbunden (Trokkenmauer). Hinsichtlich der Datierung kann auf die noch nicht völlig ausgewerteten Funde des Gräberfeldes verwiesen werden, welche zwischen 140 bis 180 n. Chr. anzusetzen sind. Nahe der ustrina wurde auch ein Brunnen, aus gekleidet mit Quellkalkquadern, gefunden. Be kanntlich ist bei allen römischen Verbrennungs stätten die Errichtung eines Brunnens in aller nächster Nähe üblich. Dieser Brunnen ist kaum 10 m in süd-westlicher Richtung von der ustrina entfernt (vgl. Lage plan). Bedauerlicherweise konnten auf dem ganzen Gräberfeld keine Grabsteine aufgefunden wer den. Der Schluß, den bereits Wagner^ bezüglich der fehlenden Grabsteine in Augsburg zieht, nämlich daß die meisten Steine später als Bau material Verwendung fanden oder gar in Kalk öfen der dauernden Vernichtung anheim fielen, dürfte auch für Wels seine Bestätigung finden. Zweifelsohne dürften jedoch Grabsteine vorhan den gewesen sein, denn die Sitte, solche zu set zen, läßt sich schon in den letzten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts n. Chr. für Noricum nach weisen^. Üblicherweise war eine ustrina mit Steinen ge pflastert^. Jedoch, wie bereits oben erwähnt, weicht die Welser Form davon ab. Ferner war eine ustrina üblicherweise mit Mauern umgeben und mit Hallen, in denen die Zuschauer und das Leichengefolge warteten. Des weiteren gab es Räume für Gerätschaften und für die Leute, die den Platz und die Holzmagazine hüteten. Von der Via Appia weiß man, wie eine solche ustrina beschaffen war. Auch wurde eine solche im Gräberfeld von Veldidena (Wilten bei Inns bruck) freigelegt". Nicht uninteressant ist die Tatsache, daß beim westlichen römischen Gräberfeld Ovilava zwei Arten der Brandbestattung — nämlich solche der ustrina und der busta — vorliegen. Nach den Gräbern, welche geborgen oder zumindest ge nauer untersucht werden konnten, darf fest gestellt werden, daß kaum 10 Prozent der Grab stätten eine busta-Verbrennung aufweisen. Fest steht, daß die Beigaben in den busta-Gräbern zweifelsohne wesentlich reichhaltiger waren. Einer Vermutung G. Schreibers nach könnte der Schluß gezogen werden, daß bei vornehmen Bür gern die busta-Verbrennung üblich gewesen wäre. Die Stelle lautet®: „Ein wohlhabender Bürger in den Donauprovinzen hatte ein eigenes bustum, den Verbrennungsplatz, wie ein stadtrömisdier Adeliger unmittelbar neben dem Grab mal. Dort wurde ihm der Scheiterhaufen aufgeschichtet, während einfachere Leute ihre Scheiterhaufen auf der ustrina, dem allgemeinen Verbrennungsplatz, erhiel ten." Einen weiteren Nachweis von busta-Verbrennungen finden wir bei H. v. Petrikovits^. Demnach befand sich der Verbrennungsplatz allerdings nicht neben der Begräbnisstätte, sondern der Verstorbene wurde, auf einer Kline liegend, über dem Scheiterhaufen in der busta-Grube ver brannt, so daß die Asche in die Grabgrube fiel. Petrikovits weist solche busta-Bestattungen im Rheinland nach. Der Nachweis für die beiden Bestattungsarten ist für die in Wels vorliegenden Grabstätten denk bar einfach. Bei busta-Bestattung ist die Urne in eine weit stärkere Brandschicht gebettet, die Beigaben sind verbrannt und rußgeschwärzt, stark zerbro chen und ergaben wenige ganze Stücke bei der Zusammensetzung. Bei den ustrina-Bestattungen hingegen sind die Beigaben ziemlich unversehrt, meist nur durch den Erddruck zerbrochen und frei von Brand spuren. ' Friedrich Wagner, Die Römer in Bayern, in: Bayrische Heimatbücher I, 3. Aufl., München 1924, S. 46. ' Arnold Schober, Die Römerzeit in Österreich, Baden bei Wien 1935, S. 76. * Georg Schreiber, Den Funden nach zu schließen — Österreich in römischer Zeit (unter Mitarbeit von Wil helm Alzinger), Wien 1960, S. 198. ' Ebenda, S. 198. ' Ebenda, S. 197. ' Harald von Petrikovits, Das römische Rheinland — Archäologische Forschungen seit 1945, in: Arbeits gemeinschaft für Forschung des Landes von Nord rhein-Westfalen, Köln und Opladen 1960, S. 133 ff.

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