OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

seine Stelle wechselte, hatte er meist nur ein Binkerl zu tragen. Zwischen dem Bauern und seinen Dienstboten, den „Ehehalten", bestand in der Regel ein sehr enges, nicht selten ein ganzes Leben lang anhal tendes Verhältnis. Die „treue" Magd war keines wegs nur eine erdachte Figur der Heimatromane, sondern lebte tatsächlich und gehörte genauso zur Familie wie die Kinder und Kindeskinder. Auch manche Knechte blieben ein Leben lang auf dem gleichen Platz. Außer bei großen Bauern saßen die Dienstboten fast immer am gleichen Tisch wie die Bauersleute und aßen mit ihnen aus der gleichen Schüssel. Dennoch aber gab es natürlich Meinungsverschiedenheiten, die einen Wechsel des Platzes notwendig machten. Am Tage Maria Lichtmeß wurden in der Kirche die zum Gottesdienst verwendeten und die von den Bauern mitgebrachten Kerzen und Wachs stöcke geweiht. Die Dim, die dem Knecht das Jahr über „aufgebettet" hatte, erhielt von ihm einen Wachsstock. Auch der Organist und die Mitglieder des Kirchenchores bekamen von den Zechpröbsten die gleiche Gabe oder wenigstens eine Kerze. Am Abend des Lichtmeßtages wurden gerne allerlei Schicksalsbefragungen veÄucht. Auf einem Stiefelknecht oder einer Wäscherolle kleb ten die am Orakel Teilnehmenden sogenannte „Kreuzerlichterln" und zündeten sie an. Wessen Licht am ersten erlosch, der mußte im laufenden Jahr sterben. Die meisten der hier geschilderten Bräuche sind heute bereits verschwunden. Auch das Leben im Dorf und bei den Bauern hat sich weitgehend verändert. Die Maschinen ersetzen einen Groß teil der menschlichen Arbeitskraft, so daß Dienst boten vielfach kaum mehr benötigt werden, aber auch nur mehr sehr schwer aufzutreiben sind. Man zieht heute die nach Stunden bemessene, vielfach leichtere und besser entlohnte Arbeit in den Städten vor. Auch das Bild des Dorfes hat sich sehr gewan delt. Das alte Schulhaus wurde abgerissen, und dafür ein moderner Bau mit viel Glas und wenig Einfühlung in die Bauweise des Dorfes errichtet. Verschwunden ist auch der große Kastanienbaum vor dem Gasthaus, weil er das Abstellen der Autos behinderte, mit denen man heute zur Kirche fährt. Auch der erwähnte Krämerladen wurde modernisiert. Viele dieser weitgehenden Umstellungen und Veränderungen mag der Rückschauende bedau ern, sie sind aber nicht aufzuhalten, denn die Zeiten und die Menschen ändern sich seit unsere Welt besteht.

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