Das Amt vollzog sich nach den altgeheiligten Regeln der Liturgie. Es wurde eine eigene Met tenmesse gespielt, wobei die Dorfmusik und alle Sänger und Sängerinnen mitwirkten. Nach dem Offertorium wurde das Weihnachtslied „Stille Nacht" gesungen. Während des Gottesdienstes ging der Zechprobst durch den Kirchenraum, um mit einem „Vergelt's Gott!" Gaben für die Kir che zu sammeln. Er trug an einer langen Stange die mit einem grünen Samttuch bespannte Lade. Das geopferte Geld fiel in ihren Hohlraum, die größeren Münzen oder Scheine aber legte man oben auf die Lade, damit sie gewechselt würden. Nach der Mette wanderte man wieder im schwankenden Schein der Laternen nach Hause, wo die Bäuerin bereits ein Essen zubereitet hatte. Da nach Mitternacht die Zeit des Fastens vorbei war, gab es nun die fetten Mettenwürste, Blut würste, oder gesottenes Schweinernes mit „Schniden". Wer ohne Grund der Mette fern blieb, soll, wenn er sich vor dem Backofen bückte, durch die gespreizten Beine den Teufel erblickt haben. Am 25. Dezember, dem Weihnachtstag, erhielt das Vieh wieder eine Maulgabe. Alle Gemeinde bewohner besuchten den feiertäglichen Gottes dienst. Von allen Seiten wanderten sie zur Kir che, die Murhamer und Gerstberger, die von der Holzwimm und vom Kastner, die Lochner und Wirschinger. Die Dorfbewohner gingen erst zur Kirche, wenn „zusammengeläutet" wurde, wäh rend sich die weiter weg Wohnenden schon auf den Weg machten, wenn es eme halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes „halbeläutete". Dann durften sie sich aber oft mit dem „An legen , dem Anziehen beeilen, „schlaunen", um nicht „zu lang zu gehen", nicht zu spät zu kommen. Nach dem Amt versammelten sich die Kirchen besucher auf dem Platz vor dem Wirtshaus. Die Männer gingen auf eine Halbe in die Gaststube. Sie saßen eng nebeneinander, die Hüte fest auf Röpfen, rauchten ihre Pfeifen und redeten über ganz einfache und alltägliche Dinge. Manche Bäuerinnen besuchten den „Kramer", um allerlei einzukaufen. Im Laden roch es nach Schuhwichse und Petroleum, nach Zimt, Land tabak und Kernseife. Von der großen Krämer schlange hingen Peitschenschnüre, Schuhriemen und Papiersackerln, während auf der Verkaufsbudel die dicken rimden Gläser mit den „Gutzerln", den Minzenkugeki tmd dem schwarzen „Bärendreck" standen. Neben dem Glassturz mit dem vielbegehrten Germ glänzten die bunten Blechdosen mit Erdal und Maggi. An den Wän den lehnten Peitschenstiele und Sensenknittel, während die vielfächerigen „Stellen" Gabeln, Messer, Kerzen, Kernseife und Wetzsteine, Schultafeln, Griffeln tmd Maßstäbe bargen. Auf einem Kasten standen die damals üblichen Zuckerhüte in ihrem dunkelblauen Papier. Am Stephanitag (26. Dezember) ging man zur „Freundschaft", zu den Verwandten, und zu Be kannten, um das Kletzenbrot zu kosten. Nach einem alten Glauben konnte man mit Gesund heit und Glück in den kommenden neun Jahren rechnen, wenn man „neunerlei Scherzi" dieses Brotes zusammenbrachte. Es wurde sogar be - hauptet, daß man sterben müßte, wenn man nicht die neun Scherzi geschenkt bekam. Am Altjahrstag wurde mit viel Aufwand an Wasser das alte Jahr „hinausgeputzt". Alle Schaffein, Eimer und „Sechter" sowie Geschirr und Krüge wurden eifrig und sorgfältig gerei nigt, wobei man sich beeilen mußte, damit nicht am Abend die Hexe ins Haus oder in den Stall schlüpfen konnte. Der erste Tag des neuen Jahres wurde schon um sechs Uhr früh von der Dorfmusik „angeblasen". Die Musikanten wurden in jedem Hof mit Most und Schnaps bewirtet. Nach dem Anblasen gin gen sie ins Gasthaus, wo es dann oft recht lustig wurde. Überall krachten und rauchten audi die Schüsse aus den alten Terzerolen oder aus Ge wehren, mit denen das neue Jahr „angeschossen" wurde. Sehr viel Wert legte man darauf, daß die „Godenkinder" bei ihren Paten zum Neujahr wünschen erschienen, wo sie natürlich eine kleine Gabe erhielten. Auch Dorfkinder gingen gerne zu bekannten Bauern, um ihre Glückwünsche auszusprechen: „Wir wünschen enk a glückseligs neuchs Jahr, a Christkind in g'kraustn Haar, Gsundheit und a längs Löhn, das wird enk da Herr im Himmi gähn. Und i wünsch enk an goldnan Tisch,
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2