Oft eine Stunde oder mehr wanderten die Er wachsenen und die Kinder in Nacht und Kälte dem Dorfe zu. Von den Kirchenbesuchem blie ben immer einige, bevor sie das Gotteshaus auf suchten, bei einem der Kreuze oder neben einer Grabplatte stehen, falteten die grobschwieligen Hände zu einem kurzen Gebet und sprengten ein paar Tropfen Weihwasser mit dem Zweiglein eines Segenbusches auf den Grabhügel. Dann traten sie in den kleinen Vorraum der Kirche, wo in einer verglasten Nische ein paar Totenköpfe liegen. Die Beter sahen ruhig auf diese Mahner der Vergänglichkeit und betraten dann den eigentlichen Kirchenraum. Mit ihrer Rechten tupften sie in den steinernen Weihbrunnkessel, bekreuzten die Stirn und beugten steif das rechte Knie, einen Fußfall gleichsam nur andeutend. Dann nahmen sie ihren Platz ein, entzündeten die Kerze oder den Wachsstock und stellten ihn auf das angesengte und wachsbetropfte Pult des Kirchenstuhles. Auf dem Chor wartete bereits der Oberlehrer mit seiner Frau, seinen Töchtern und einigen Schulkindern auf den Beginn der geistlichen Handlung. Er hatte die rechte Hand im Sack sei nes Mantels, wo er einen heißen Stein oder eine mit warmen Wasser gefüllte Flasche verwahrte, um seine kalten Finger anzuwärmen Beim Rorate wurden bis zur Wandlung immer ein Teil einer deutschen Messe, anschließend Adventüeder gesungen. Im Winter wurde einst sowohl im Wirtshaus wie auch bei größeren Bauern gerne und viel getanzt. Veranstalter dieser Unterhaltungen waren die Zechen, die Bünde der „Jungherren", der unver heirateten Bauemsöhne. Diesen „Winter fasching" beendete der 25. November, der Kathreintag, an dem zu letztenmal im Jahr von den „Bratlgeigern" aufgespielt und der Tanz ein gestellt wurde. Mit dem Kathreintag begann auch meist das Spinnen, die Arbeit für die däm merigen Nachmittage imd die langen Abende. Auch die älteren Schulkinder mußten täglich ihr „Schneizel" spirmen. Wenn vom Rocken, dem „Rupfen", soviel abgesponnen war, daß die Spule am Spinnrad voll war, wurde auf eine „Haspel" umgewickelt. Nach etwa 100 Umdre hungen dieses Gerätes machte es einen „Schnap per" imd dann war ein „Schneizel", das sind zirka 200 Meter Garn, voll. Das Schneizel wurde zu einer Strähne zusanunengelegt, daim gewa schen und zum Weber gebracht. In den zwanzi ger Jahren arbeitete in der nahegelegenen Ort schaft Hart bei Ort im Innkreis noch ein Weber. Die Kinder legten in den Adventstagen gerne die tiefen Fensternischen mit Moos aus und stellten dort ihr bescheidenes Spielzeug, wie Holzhäus chen und verschiedene, zum Teil selbst gebastelte Tiere, wie Hunde, Kamele oder Vögel auf. Das Vieh erhielt in den Tagen des Weihnachts kreises ein warmes Futter. In einem sogenannten „Absetzzuber" wurden Heublumen xmd Kleie in warmem Wasser aufgeweicht und dann verfüt tert. Kamen Bettelleute oder andere unbeliebte Menschen in das Haus, so durften sie den Zuber nicht berühren, da sie sonst das Vieh verzaubern könnten. Am Barbaratag (4. Dezember) schnitten die un verheirateten „Weiberleute" Zweige von wilden Kirschbäumen, steckten sie in wassergefüllte Gefäße tmd stellten sie in der warmen Stube auf. Werm bis zum Weihnachtstag die von einem Dirndl gesammelten Kirschzweige aufblühten, so wurde es für sicher erachtet, daß es im nächsten Jahr Hochzeit halten würde. Der Nikolaustag (6. Dezember) hatte besonders für die Kinder eine große Bedeutung, war doch an seinem Abend der Besuch des „Bischofs", des Nikolaus, mit dem Krampus zu erwarten. Er vollzog sich fast im gleichen Rahmen wie in der Stadt. Bei den Bauern erschien aber meist nur der Krampus, „Niglo" genannt. Er trug eine Maske und auf der Pelzhaube meist Kuhhörner. Vielfach hatte er zwei, drei Gehilfen, die gleich falls verlarvt waren. Oft ging es bei den abends liehen Besuchen des Niglo sehr laut imd auch derb zu. Besonders die Jugend hatte oft allerlei zu erdulden. Das „Kucherl", die in der Küche mithelfende Magd, und die „Stallbuben" wur den nicht selten auf den Misthaufen gestellt, mit Wasser überschüttet oder anderweitig für ihre Verfehlungen im auslaufenden Jahre bestraft. Mit dem 21. Dezember, dem Thomastag, began nen die Rauhnächte, deren es vier gab. „Rauhnacht san vier Ziüoa foast und zivoa dürr." Wie schon aus diesem Spruch hervorgeht, wur den die altheiligen Nächte in „foaste", fette.
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