OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

ten Weihraudischwaden sich mischend, um die vielen Engelsköpfe, Engel- und sonstigen Figuren an den Ge simsen hinauf zum großartigen Deckenfresko Altomontes wogten, als wollten sie mit all diesen Seligen im Himmel wetteifern im ,Laudate Dominum'... Bei solchen Zwischenspielen war Bruckner oft so welt entrückt, daß er vom Organisten durch einen sanften Druck auf die Schulter aufmerksam gemacht werden mußte, das Spiel zu beenden, da der Priester beim Altar schon längere Zeit wartete. Den Höhepunkt seiner Kunst bildete stets das Nachspiel am Schluß des Amtes — eine großangelegte Fuge. Einst intonierte er auf dem Pedal das Fugenthema. Dabei streifte er den Rock ab, reichte ihn dem nächststehenden Sängerknaben und führte in weiten Hemdärmeln das Thema in all seinen Wendungen durch. Er vertiefte sich so in seine Kunst, daß der Priester schon längst in der Sakristei war. Nicht einmal Freund Preßl störte in diesem Augenblicke den Erdfernen und wartete, bis die gigantischen Schlußakkorde verklungen waren und Bruckner mit verklärten Zügen die Orgel ver ließ und seinem Freund dankend die Hand drückte . .. Sehr gerne spielte der Meister auch auf der Chororgel, die stilgerecht im Presbyterium gegenüber der Kanzel angebracht ist und gleich dieser die kunstvoll geschnitz ten Chorstühle gegen das Schilf der Kirche abschließt. Bruckner liebte das kleine Werk besonders wegen seiner leichten Spielbarkeit und der angenehmen Register." Die Chororgel, ein Meisterwerk von Nikolaus Rummel d. Ä. Wie von der Hauptorgel des Jahres 1741, so ist auch über die Chororgel (siehe Abb. 2) kein Ver trag zwischen dem Kloster und dem Orgelbauer vorhanden. In dem kleinen verglasten Bildrahmen in der Chororgel finden wir auf der Rückseite des bereits erwähnten aufschlußreichen Chronogrammes von 1771 auch die Herkunft dieses Instru mentes bestätigt: „Anno 1746 ist dieses Orgelwerk, in diesen ort, welcher der Kanzel ähnlich, von aber diesem vor an benenten Nicoiao Rumel, so von Rothenburg an der Tauber gebür tig, und in Lintz wohnhaft warr: verfertigt worden." Neben dem Pfeifenwerk erweckt auch die äußere Gestaltung der Chororgel besonderes Interesse. Ob wir den Entwurf der Chororgel in ihrer Aus führung dem Innenarchitekten der Kirche, An drea Altomonte, zuschreiben dürfen, sei dahin gestellt. Die Idee, die Chororgel in Kanzelform zu gestal ten, dürfte schon von Joseph Matthias Götz aus St. Nikola bei Passau stammen. In einer Erläute rung zu einem der drei nicht mehr erhaltenen Entwürfe schrieb er: „auch sieht man den Chor samt Kanzel und Orgel, wie sie zu stehen kommen'"." Gewiß waren die beiden Kanzelorgeln in den Zisterzienserstiften Lilienfeld (ca. 1740) und Zwettl (1727), wo Götz verschiedene Arbeiten ausführte®', Vorbilder. In einem Brief an Abt Johann Bapt. IV. von Wilhering (19. 2. 1735) erwähnt Götz, daß er auf Ersuchen Joseph Mungenasts die Kanzel in Lilienfeld „inventiert" habe®®. Ob er auch an der Planung der Chororgel Anteil hatte, ist nicht nachweisbar. Auffallend ist, daß sich diese drei Kanzelorgeln nur in Zister zienserstiftskirchen befinden. Der Gestaltung der Kanzelorgeln mag vielleicht ein theologischer Gedanke zugrunde gelegt wor den sein: die Gegenüberstellung oder gar Gleich stellung von Wort und Musik®®. Oder wollte man lediglich durch die Anbringung der kleinen Or geln an einem akustisch günstigen Platz, was auch für die Kanzeln gilt, mit geringen Mitteln — die Kanzelorgeln haben kaum mehr als zehn Register — ebenso einen raumfüllenden Orgel klang erreichen? Wie die Kanzel ist auch die Chororgel aus Holz gebaut und mit Stuckmarmor verkleidet. Sicher lich haben die beiden Laienbrüder Johann Bapt. Zell und Eugen Dümge — ihnen verdanken wir das herrliche Chorgestühl — die Holzarbeiten ausgeführt. Für die Stuckverkleidung und den Figurenschmuck konnte der Hofstukkateur des Stiftes Kempten, Johann Yblherr mit seinem Kon sorten Johann Michael Feichtmayr aus Augsburg gewonnen werden. Sie verpflichteten sich, „den Hochaltar, die beiden Kanzeln nebst ihren Stuck wänden gegen den Chor mit aller erforderlichen Stuckator- und Marmorierarbeit zu versehen, wie auch die Figuren und Statuen zu verfertigen. Mit eigener Hand hat Yblherr die Statuen und Haupt figuren auszuführen". Diese Arbeiten sollten bis Herbst 1746 vollendet sein®'. Im Sommer führte Johann Georg Frueholz noch Vergoldungsarbeiten durch®®. Nur selten haben an Orgelgehäusen mehrere große Künstler gearbeitet. Rath, Baugeschidite (Kirchenkunst 7/2,1935), 52. " Buherl, Zwettl (siehe Register). Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 7/2,1935), 54. Man denke hier an die nicht seltene Kombination von Altar, Kanzel und Orgel in den evangelischen Kir chen. Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 8/3,1936), 54 f. Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 8/3, 1936), 55. — Amadeus Reisinger, Beiträge zur Geschidite der Stifts kirche Wilhering (Christi. Kunstblätter 70/10—12, 1929), 107—110.

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