OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

Oberösterreichische Heimatblätter Herausgegeben vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreidi; Leiter: W. Hofrat Dr. Aldemar SdiifFkorn. 28. Jahrgang (1974) Heft 3/4 INHALT Gerald K. Mitterschiffthaler: Die Orgeln der Stifts kirche Wilhering 107 Heinrich Ze1enka : Nach 1945 errichtete Pfarr- und Filial kirchen des Traunkreises 125 Adalbert Schmidt: Franz Stelzhamer in unserer Zeit (Gedenkrede vom 14. Juli 1974) 135 Alois Le eb : Das Krippenschalfen der Bildhauerfamilie Schwanthaler 139 Fritz Merwa1d: Weihnachtsbrauchtum um 1930 im Raum um Mörschwang 143 Wilhelm Jerger : „Hochlöbliche, Hochverehrte philharmo nische Gesellschaft" — Die Briefe Anton Bruckners an die Wiener Philharmoniker nebst einem unbekannten Brief an August Göllerich sen 149 Wilhelm Rieß: Die Ustrina des westlichen römischen Gräberfeldes von Ovilava 154 Hans Peter Jeschke : Erhebung der Kulturgüter in Ober österreich — Projektgruppe Raumordnung des Oö. Volks bildungswerkes 157 Der 12. Februar 1934 und Oberösterreich — Eine Nachlese nach 40 Jahren (Harry Slapnicka) 164 Wie die „Nixhöhlen" zu ihrem Namen kamen (Alois Topitz) . 166 Schrifttum 168

Ansdniften der Mitarbeitei OStR. Prof. Dr. Rudolf Ardelt, Wiss. Konsulent der oö. Landesregierung, Kaplanhofstraße 29, 4020 Linz. W. Hofrat a. o. Univ.-Prof. Dr. Emst Burgstaller, Lustenauerstraße 19, 4020 Linz. Prof. Dr. Wilhelm Jerger, Arenbergstraße 31, 5020 Salzburg. Dipl.-Ing. Hans Peter Jeschke, Abt. Raumordnung u. Landesplammg der oö. Landesbaudirektion, Kärntnerstraße 12, 4020 Linz. OStR. Prof. Dr. Josef Krims, Konsulent der oö. Landesregierung, Zemannstraße 37, 4240 Frei stadt. Alois Leeb, Pflegerstraße 9, 5082 Grödig b. Salzburg. Rechn.-Dir. Fritz Merwald, Beethovenstraße 9, 4020 Linz. Cand. theol. Fr. Gerald (Karl) Mitterschiffthaler, Zisterzienserstift, 4073 Wilhering. Hochschulprof. Dr. Gustav Otruba, Vorstand d. Inst. f. Wirtschafts- u. Sozialgeschichte a. d. Hochschule für Sozial- u. Wirtschaftswiss., Auhof, 4045 Linz. Museumsdirektor Dr. Wilhelm Rieß, Pollheimerstraße 17, 4600 Wels. Univ.-Prof. Dr. Adalbert Schmidt, Vorstand d. Inst. f. Deutsche Sprache u. Literatur der Universität Salzburg, Akademiestraße 20, 5020 Salzburg. Prof. Dr. Harry Slapnicka, Leiter d. Abt. Zeitgeschichte u. Dokumentation am oö. Landes archiv, Anzengruberstraße 19, 4020 Linz. Dr. Alois Topitz, Leystraße 19/18/27,1200 Wien. Oberstaatsbibl. Dr. Franz Wilflingseder, Direktor der Bundesstaatl. Studienbibliothek, Schil lerplatz 2, 4020 Linz. Staatsbibl. Dr. Gerhard Winkler, Wiss. Konsulent der oö. Landesregierung, Schillerplatz 2, 4020 Linz. Mag. theol. Heinrich Zelenka, Arbeiterstraße 34/9, 4400 Steyr. Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexemplare etc.) und Bestellungen sind zu richten an den Herausgeber : Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberöster reich, 4020 Linz, Untere Donaulände 6, Tel. 26 8 21, Kl. 1127. Redaktion: Landstraße 24, Tel. 26 4 26, IG. 002 (Wiss. Rat Dr. Dietmar Assmann) und Kl. 007 (Sekretariat). Verlag : Landesinstitut für Volksbildung und Heimatpflege in Oberösterreich. Druck : Oberösterreichischer Landesverlag, 4020 Linz, Landstraße 41. Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich. Alle Rechte vorbehalten.

Die Orgeln der Stiftskirche Wilhering" Von Gerald K. Mitterschiffthaler Mit 5 Abbildungen Die Musikpflege der Zisterzienser in der Gründungszeit — Die erste Orgel in Wilhering — Die Orgel Paul Peuerls von 1619 — Der Neubau der Rokokokirdie und ihre erste Orgel — Die Chororgel, ein Meisterwerk von Nikolaus Rummel d. Ä. — Die neue Hauptorgel von Leopold Breinbauer — Die Orgel in der alten Studentenkapelle — Die Orgel in der neuen Studentenkapelle. Die Musikpflege der Zisterzienser in der Gründungszeit Die Zisterzienser pflegten in der Gründungszeit des Ordens in jeder Hinsicht große Einfachheit. Nicht nur der Lebensstil der Mönche, sondern auch die Kunst entbehrten des „Unnötigen". Jeglicher Schmuck, der Glanz des Goldes und des Marmors, die Vielfalt der Formen, die den Be tenden beim Gebet etwa stören könnten, waren verboten; Türme, Krypten, bunte Glasfenster, Bilder, Plastiken, verzierte Fußböden uam. waren nicht zugelassen. Diese Einfachheit begegnet uns auch im Buchschmuck, der sich auf Einfarbigkeit beschränkte; die Pracht der Bücher war als sträf liche Ausschweifimg verpönt^. Damit hatte man sich völlig gegen die Reformen von Cluny ge stellt, das bereits seinen Höhepunkt überschritten hatte. Die Rückkehr zur Buchstabentreue der Benediktinischen Regel fand ihren Niederschlag auch in der Liturgie und in der musikalischen Gesetz gebung. Abt Stephan Harding (1109—1134) regte die erste Choralreform an mit dem Bestreben, nur echte und authentische Melodien aus den Chorbüchern von Metz zu übernehmen. 1134 folgte unter Bernhard von Clairvaux eine zweite, die verschiedene Mängel der ersten zu beheben hatte. Die Choralmelodien wurden in einem für den ganzen Orden verbindlichen Nomalkodex zusammengefaßt^. Übertretungen beim liturgischen Gesang waren nicht gestattet; im Jahre 1217 wurde auf dem Generalkapitel eine Untersuchung darüber gefor dert, ob in den englischen Klöstern Dore und Tintern verbotenerweise (more saecularium) mehrstimmiger Gesang in Übung war'. Vernach lässigung und Mißachten der Vorschriften über den liturgischen Gesang hatten seit dem General kapitel des Jahres 1258 die Bestrafung des Sän gers zufolge*. — Daß bei all dieser Strenge und Einfachheit die Frage nach dem Gebrauch der Orgel im Gottesdienst ungestellt blieb, verwun dert kaum. Allmählich wurden die strengen Vorschriften ge mildert; manche vorschriftswidrigen Unterneh men wurden bereits ohne Erlaubnis des Vaterabtes oder des Generalkapitels durchgeführt. 1368 erteilte Abt Thomas von Morimund dem Abt von Altzelle in Sachsen die Erlaubnis, beim Gottes dienst in der Klosterkirche die Orgel zu ver wenden'. Erst beim Generalkapitel 1486 wurde dem Abt von Speciosa vallis (Schöntal in Würt temberg) gestattet, in der Klosterkirche eine Orgel zu errichten®. Diese Erlaubnis schien für alle Klöster des Zisterzienserordens Geltung ge- * Mit der Geschichte der Wilheringer Orgeln befaßte sich bereits 1934 der damalige Wilheringer Stifts archivar Dr. P. Gebhard Rath (Zur Geschichte der Wilheringer Orgeln, Linzer Volksblatt v. 27. 10. 1934). Auch die phil. Diss. von Rupert Mayr (Bei träge zur Entwicklungsgeschichte des Orgelbaues in Oberösterreich. Stiftskirchen und inkorporierte Pfar ren, Innsbruck 1953) behandelt kurz dieses Thema (S. 248—258). Auf den neuen Bildband „Orgeln in Österreich" von Alois Forer (Wien 1973) sei ebenfalls hingewiesen. — In meiner nun fast fünfjährigen Tätigkeit als Organist im Stift Wilhering war es mir ein Bedürfnis geworden, die Geschichte der Orgeln der Stiftskirche Wilhering anhand mehrerer wieder vorgefundener Quellen und neuer Literatur darzu stellen. Zu besonderem Dank bin ich meinem Lehrer, o. Prof. Dr. Hans Haselböck, weiters den Herren Univ.-Prof. Dr. Othmar Wessely und Ing. Egon Krauss sowie meinen Mitbrüdern Prof. Dr. P. Benno Hofer und Univ.-Prof. DDr. P. Gerhard Winkler ver pflichtet. * Hermann Rüttimann, Der Bau- und Kunstbetrieb der Cistercienser unter dem Einfluß der Ordensgesetz gebung im 12. und 13. Jahrhundert, phil. Diss. Frei burg (Cistercienserchronik 23, 1911), 122. ' Ludwig Lekai, Ambrosius Schneider, Geschichte und Wirken der Weißen Mönche (1958), 190 f. — Solutor Marosszeki, Les origines du chant Cistercien. (Analecta S.O.Cist. 8, 1952), 1—179. — Jacques-Paul Migne, Patrologia cursus completus, series latina. (Paris 1854—1855), 182, 1121—1132. ' Josephus Maria Canivez, Statuta Capitulorum Generalium Ordinis Cisterciensis ab anno 1116 ad annum 1786. (Louvain 1933—1941, Bd. 1), 472, Nr. 31. 1217. — Lekai — Schneider, a. a. O., 191. — Lekai—Schneider, a. a. O., 191. ® Eduard Beyer, Das Cistercienser-Stift und Kloster Alt-Zelle in dem Bistum Meißen (1855), 75, 620: 1419 wird der Bau von zwei Orgeln erwähnt. ' Cavinez V, 555, Nr. 89, 1486. — Lekai—Schneider, a. a. O., 191.

habt zu haben, obgleich schon mehrere Klöster in ihren Kirchen Orgeln seit längerer Zeit in Ver wendung hatten. Vom Kloster Kaisheim in Würt temberg ist der erste Orgelbau von 1430 be kannt'. Altenberg bei Köln erhielt das erste Werk in den Jahren 1440—1462®. In Salem wurden 1441 zwei Orgeln errichtet; aus dieser Zeit sind auch Orgelkompositionen des Mönches Bernhard von Salem erhalten®®. Das Kloster Stams in Tirol folgte 1481—1484 mit einem Orgelbau'. Noch vor 1484 wurde auch im Kloster Baumgartenberg in Oberösterreich eine Orgel mit bedeutenden Ko sten errichtet". Der erste Orgelbau im Kloster Wilhering fällt ebenso in jene Zeit, als es noch keine generelle Erlaubnis für ein solches Unter nehmen gab. Ob diese Klöster ähnlich wie Alt zelle bereits speziell eine Erlaubnis dazu hatten, oder ob diese Orgelbauten vorschriftswidrig durchgeführt worden sind, läßt sich nur schwer nachprüfen^*. Die erste Orgel in Wilhering Eine kleine Chronik", die uns zufällig erhalten ist, berichtet in einem kurzen Satz die wichtigsten Ereignisse eines Jahres. Zwischen die Zeilen hat eine spätere Hand die Eintragung eingefügt; „et eodem anno organum factum est." Die Ein tragung könnte sich auf das Jahr 1354 oder 1355 beziehen. Die romanische Klosterkirche war also bereits ein Jahrhundert alt geworden (am 18. 10. 1254 geweiht)*®, bis sie eine Orgel erhielt. Werfen wir einen Blick in die Geschichte anderer bedeutender Kirchen in Österreich, so sehen wir, daß die Wilheringer Orgel zu den ältesten in Österreich zählt. Die erste urkundliche Erwäh nung einer Orgel in Österreich ist aus dem Jahre 1334 im Wiener Stephansdom bekannt; dieses Instrument dürfte sogar schon im 13. Jh. ent standen sein**. Im Salzburger Dom wurde 1383 beim siebten Dombrand auch eine Orgel zerstört, der 1399 eine neue folgte, die als eine der größten Orgeln Europas galt*®. 1398 ist im Stift Admont eine Orgel nachweisbar*«. In unserer nächsten Umgebung lassen erhaltene Dokumente erst ein Jahrhundert später eine Blütezeit des Orgelbaues vermuten. Im Stift St. Florian waren 1450 bereits zwei Orgeln vorhanden. Damals schickte der Propst von St. Florian einige Konventualen in das Kloster Gleink, wo sie von einem Mönch im Orgelspiel unterwiesen werden sollten*'. Dem zufolge scheint das Orgelspiel auch in diesem Kloster besondere Pflege genossen zu haben. 1419 wurde anläßlich einer Visitation im Kloster Garsten der zu häufige Gebrauch der Orgel ge tadelt*®. 1454 ist im Stift Kremsmünster der erste Organist namentlich nachweisbar*'. 1469 hat ' Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas, Kaisheimer Orgelchronik. (Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 6, 1972) 255—285. ® Gabriel Hammer, Die Alleluja-Gesänge in der Cho ralüberlieferung der Abtei Altenberg bei Köln. Phil.- Diss. Köln (1968), 16. Hans Joachim Moser, Paul Hofhaimer, ein Lied- und Orgelmeister des deutschen Humanismus (1929), 87. ' Rudolf Quoika, Die altösterreichische Orgel der spä ten Gotik, der Renaissance und des Barock (1953), 22. *' Hans Heinrich Blumenthel, Die mittelalterliche Bau geschichte des ehemaligen Cistercienserstiftes Baum gartenberg in Oö. (Kirchenkunst 4, 1932), 43—46, 46. ** In Visitationsurkunden, Inventaren udgl. wären even tuell Vermerke zu finden. " Chronik von Wilhering 1340—1361 in Hs IX, 158 der Stiftsbibliothek Wilhering fol 2. — Konrad Sdiiffmann. Annalistische Aufzeichnungen (Archiv für Ge schichte d. Diözese Linz 2, 1905), 245—270, besonders 247—^249. — Bernhard Söllinger, Die Cistercienserabtei Wilhering (Hilaria) in Österreich ob der Erms (Sebastian Brunner, Ein Cistercienserbudi, 1881), 506. '« Gebhard Rath, Zur Baugeschichte der CistercienserAbtei Wilhering in Oö. (Kirchenkunst 6, 1934), 24. ** Oskar Eberstaller, Orgeln und Orgelbauer in Öster reich (1955), 4. — Hans Haselhöck, Sechs Jahrhunderte Orgelbau im Wiener Stephansdom (Singende Kirche 7/3, 1960), 90. *« Eberstaller, a. a. O., 4. — Haselböck, Barocker Orgel schatz in Niederösterreidi (1972), 8. — Hermann Spies, Die Salzburger Domorgeln (1929), 8. *« Eberstaller, a. a. O., 4. — Hellmut Federhofer, Bei träge zur Geschichte des Orgelbaues in der Steier mark (Aus Archiv und Chronik 4, 1951), 22. " Frairz Linninger, Orgeln und Organisten im Stift St. Florian (Oö. Heimatblätter 9/2, 3, 1955), 171, — In der Handschriftensammlung des Stiftes St. Florian befindet sich ein Traktat über Mensurenberechnung aus dem 11. Jh. Diese theoretische Schrift urkundet aber über keinen in St. Florian ausgeführten Orgel bau, würde allerdings die Vermutung auf Vorhanden sein einer Orgel in dieser Zeit untermauern. Godfried Edmund Friess, Geschichte des Benediktiner stiftes Garsten in Oberösterreich (Stud. u. Mitt. a. d. Benediktinerorden 2/1, 1881), 250. *» Georg Huemer, Die Pflege der Musik im Stift Kremsmünster (1872), 13 f. — Altmann Kellner, Musik geschichte des Stiftes Kremsmünster (1956), 27: Ver mutlich war bereits im 11. Jh. in Kremsmünster eine Orgel vorhanden.

auch das Kloster Lambach eine Orgel erhalten^". 1478 folgte ein Werk des Hannes Laus aus Beg gendorf in Bayern in der Stadtpfarrkirche Steyr^L Der Orgelbau im Kloster Baumgartenberg, der imter Abt Eberhard II (1469—1484) geschehen ist, wurde bereits erwähnt. 1497 sind Orgelbau ten in der Wallfahrtskirche St. Wolfgang durch Michael Khall aus Budweis^^ imd in der Stadt pfarrkirche Gmunden belegbar^'^. 1485 ist in Linz auch ein Orgelbauer, nämlich Hans Lar (auch Larer), nachweisbar^^. Wie die erste Orgel in Wilhering ausgesehen hat und welchen Anforderungen sie entsprechen konnte, läßt sich nur vermuten. Höchstwahr scheinlich war es ein einmanualiges Instrument, ein Blockwerk, wie es die Klosterkirche in Schey ern um 1250 besaß. Auch dem zweimanualigen Werk des Freisinger Domes aus dem Jahre 1364 von Lorenz von Polling mag die Wilheringer Orgel ähnlich gewesen sein: ein Blockwerk war durch das erste Manual spielbar, das zweite wies nur das Register Prinzipal 8' auf. Dieses Instru ment hatte möglicherweise auch ein Pedal zur Darstellung von einigen Tenores gehabt^'. Der Standort der Orgel ist ebenso unbekannt. In der Regel standen die Orgeln damals im Presbyterium-®. Der Einbau einer Empore über der Eingangshalle ist in Wilhering erst 1619 bei der Umgestaltung der Klosterkirche vorgenom men worden^'. Wie lange diese Orgel bestanden hat, läßt sich nicht mehr nachweisen; Reparaturen sind uns keine überliefert. Sicherlich hat sie nach und nach verschiedene Änderungen und Verbesserungen, bedingt durch die fortschreitende Entwicklung im Orgelbau, erfahren. Schon die Orgelkompositio nen unseres Landsmannes Paul Hofhaimer (1459 bis 1537) lassen erkennen, daß sich die Ansprü che an dieses Instrument bedeutend vergrößert hatten. Die Orgel Paul Peuerls von 1619 Über den zweiten Orgelbau in der Wilheringer Klosterkirche sind wir etwas besser unterrichtet. Abt Georg II Grill (1614—1638), der das Kloster nach der Reformationszeit zu neuer Blüte führte, ließ die Klosterkirche und die gesamten Kloster gebäude großzügig umgestalten^®. 1619 schloß er mit dem in Steyr ansässigen Orgelbauer und Komponisten Paul Peuerl einen Vertrag über einen Orgelbau, der uns mitsamt den Zahlungs quittungen noch erhalten ist^®. Peuerl hatte vor her bereits in der Pfarrkirche St. Georg in Horn (1609; heute in der St.-Stephans-Kirche, Horn) xmd in der evangelischen Schulkirche in Steyr (1614; heute Jesuitenkirche) Orgeln gebaut". Unter welchen Bedingungen und wie Paul Peuerl die Orgel für die Stiftskirche Wilhering bauen mußte, berichtet xms bis ins Detail genau der Bauvertrag. Peuerl sollte die Orgel „auf seine Aignen Unko sten dahaimb Zu Steyr ... Inner Jahr und Tag machen und gentzlich verfertigen, nach VerverWalter Luger, Beiträge zur Musikgeschichte des Stif tes Lambach (Oö. Heimatblätter 15/1, 2, 3, 1961), 5. — Moser, Paul Hofhaimer (1929), 98. — Othmar Wessely, Die Musik in Oberösterreich (1951), 14. Josef Ofner, O Musica, du edle Kunst (Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Musikfreunde Steyr, 1963), 16. Wessely, Musik in Oö., 14. — Quoika, Die altösterr. Orgel, 11, 17, 26. Ferdinand Krakowizer, Geschichte der Stadt Gmun den (1899) II, 84. Eberstaller, a. a. O., 12. — Josef Kenner, Bruchstücke über die Linzer Jahrmärkte (5. Bericht über das Museum Franc.-Carolinum. 1841) 121 Anm. — Linnin ger, St. Florian, 177. — Quoika, Die altösterr. Orgel, 16. — O. Wessely, Linz und die Musik (Jahrbuch der Stadt Linz 1950, 1951), 107. - Wessely, Musik in Oö., 15. ^ R. Quoika, Über die Orgel in Altbayern (1968) 14 f. " Eberstaller, a. a. O., 5. — Quoika, Die altösterr. Orgel, 62. — Spies, a. a. O., 8. — Fischer — Wohn haas, Kaisheimer Orgelchronik, 255 f., 259—261. Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 6,1934), 41. ^ Leopold Schiller, Abt Georg II. Grill (10. Jahresbericht des Stiftsgymnasiums Wilhering 1913). — Jodok Stüh, Geschichte des Zisterzienserstiftes Wilhering 1840), 211—213. — Söllinger, Wilhering, 510—512. Stiftsarchiv Wilhering (abgek.: StAW), 31. Juli 1619. Vertrag von Abt Georg Grill mit Paul Peuerl über Errichtung einer Orgel in der Stiftskirche Wilhering. — O. Wessely, Neues zur Lebensgeschichte Paul Peuerls (Jahrbuch des Oö. Musealvereins, 95. Bd. 1950), 299. — Es handelt sich um die Veröffentlichung einer Abschrift des Vertrages aus dem Anfang des 19. Jh. Nach Vergleichen mit dem Original weist sie nur unbedeutende Abweichungen auf. — Ilse Neu mann, Paul Peuerl, Organist und Orgelbauer in Steyr (Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Musik freunde Steyr, 1963), 37. — I. Neumann, detto (73. Jahresbericht d. BRG Steyr, 1956). O. Wessely, Paul Peuerl (MGG 10, 1962), Sp. 1151 bis 1154.

tigung dersölben albero auf Wilhering ohne entgeldtt des Closters verfertigter liefern, ... in der Kirche aufrichten ... mit guetten beständigen färben, vornhero aber im Gesichte mit Oehlfarben zierlich mahlen, daß gesprenge und an dere Zierathen Alß Schnierkelln, Rollen, Roßen, Carnießen, stäbe und was im Gesichte ist, vergulden und versilbern ...". Die Orgel soll ,,... gerecht und bständig sein und auf Zway Jahr die prob halten ..." „Die Stimbwerk aber, so in dem angefrumbten Werk mueßen gemacht Werden und alle Zinckenthön sein sollen, sein dieße, Alß. Erstlich in dem oberen Corpore 1. Ein Vollkommenes principall [8'] 2. Groß Coppelln [8'] 3. klain Coppelln [4'] 4. Große quintatonen [16'] 5. Spitz pfeiffen [8'] 6. Cimbelln 7. Groß octav [4'] 8. Dreyfache Mixturn 9. Quinten [2Vs'] 10. Flöttenn [4'] Ins Rückpositiv 1. Groß octav [4'] 2. klain octav [2'] 3. Super octav [1'] 4. Regall [8'] 5. Cimbelln 6. Coppelln [8'] Im Pedall 1. Fortunen von holtz [16'] 2. Posaunen, die oberen Corpora von holtz [16'?, 8'] Neben Register 1. Tremulant 2. Vogellgesang Dem Orgelbauer war auch die Anfertigung eines Gehäuses für die Orgel übertragen worden. Über Schmuck und Farben ist im Vertrag genauer Er wähnung getan. Erst nach der vertragsgemäßen Errichtung der Orgel — sie hatte innerhalb eines Jahres zu erfolgen — sollte Peuerl den Restbetrag von 1000 fl. erhalten. Ein Teil des vereinbarten Betrages würde in Teilzahlungen an ihn ergehen, die restlichen 300 fl. sollten erst nach zweijähri gem Bestehen und einwandfreiem Funktionieren der Orgel ausbezahlt werden. Daß die Orgel bauer während der Errichtung der Orgel neben der Kost auch Quartier vom Kloster beigestellt erhielten, galt als selbstverständlich. Die Form des Gehäuses ist nicht beschrieben. Gewiß bestand es aus einem einteiligen Haupt gehäuse, wobei auf ein Westfenster keine Rück sicht genommen wurde, und einem Rückpositiv. Zu dieser Zeit hatten die Orgeln meist beidseitig bemalte Flügeltüren und bildeten somit einen Gegenpol zum Altar. In diesem Fall sind solche nicht erwähnt. Über Reparaturen dieses Instrumentes sind wir nicht unterrichtet, da aus dieser Zeit keine Rech nungen mehr vorhanden sind. Der große Stifts brand am 6. März 1733 bedeutete auch für dieses Instrument das Ende. Ob es beim Brand total zerstört worden ist, oder ob man im Zuge der Neugestaltung der Kirche die vom Brand sicher lich nicht verschont gebliebene Orgel entfernte, ist nicht nachweisbar. Der Neubau der Rokokokirche und ihre erste Orgel War es im 17. Jh. die Baufälligkeit der Stifts bauten, die große Erneuerungen notwendig wer den ließ, so war dieses Mal der Brand ein mar kanter Wendepunkt in der Baugeschichte Wilherings. „An Stelle des alten, aus den verschiedenen Stil- und Bauperioden stammenden Klosters mit seiner mehr als fünfhimdertjährigen romanisch gotischen Kirche in cisterciensdscher Einfachheit sollte ein imposanter Prachtbau genialster Kom position treten. Zur Verwirklichung all dieser großartigen Pläne kam es aber nur bei der Kirche, wohl eine der edelsten Perlen barocken Schaf fens"." Mit dem Neubau der Rokokokirche begann noch Abt Bonus Pömerl, der aber schon 1734 starb. In Abt Johann Bapt. IV. Hinterhölzl erhielt das Kloster nicht nur einen kunstsirmigen und groß zügigen Bauherrn, sondern auch einen geschick ten Ökonomen und Politiker. Ohne Rücksicht auf " Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 5/4,1933), 167.

die finanzielle Lage des Klosters berief er durch wegs namhafte Künstler zum Bau und zur Aus gestaltung der neuen Kirche. Neben den Meistern der Familie Altomonte arbeiteten audi die Mei ster der Wessobrunner Schule an der Ausgestal tung der Rokokokirche'^. Diesen Meistern ver danken wir neben den Stiftstischlern, zwei Laien brüdern, auch die prachtvolle Gestaltung der bei den Orgeln®'. Verträge mit Orgelbauern über die Errichtung der beiden Barockorgeln sind leider nicht mehr erhalten. Auf Grund verschiedener Chronogramme und anderer Dokumente lassen sich die beiden Werke ziemlich genau datieren. Das älteste, genauer gesagt das erste Instrument der neuen Kirche dürfte, einem Chronogramm entsprechend, die Hauptorgel gewesen sein. Ein Chronogramm über der Orgel: „SaLVe reglna / o pla! o VaLDe / DeCora! / tVqVe pro nable / tlhl DeVotls I eXora." ergibt die Jahreszahl 1741®^. Wegen des Fehlens eines Vertrages mit einem Orgelbauer, der Rechnungen und der Quittungen lassen sich über die Autorschaft nur Vermutun gen anstellen®®. Meistens wurde bis jetzt Niko laus Rummel, der aus Rothenburg ob der Tauber nach Linz zugewandert war, der auch der Meister der Chororgel ist, angenommen. Es ist aber un wahrscheinlich, daß Rummel bereits zu Beginn seiner Tätigkeit als Orgelbauer ein so großer und bedeutender Auftrag anvertraut wurde. Überdies sind bis jetzt keine Orgeln Rummels nachweis bar, die vor dem Jahr 1741 entstanden wären®'. Abt Johann Bapt. IV. hätte kaum einem uner probten Meister einen Auftrag erteilt. Es soll hier versucht werden, die Hypothese, daß Johann Ignaz Egedacher aus Passau dieses Werk errichtet hätte, zu untermauern. Allein optisch ergeben sich Analogien zu verschiedenen Orgeln Joharm Ignaz Egedachers. Die Orgeln im Stift Zwettl, im Dom zu St. Pölten, in der Stiftskirche Garsten (1788 in die Pfarrkirche St. Michael in Steyr übertragen), in Rohrbach im Mühlkreis und im Passauer Dom zeigen einen charakteristischen Pfeifenendenverlauf, der vornehmlich bei Orgeln dieses Meisters anzutreffen ist. Die Schleierbretter haben zum Teil die Form eines auf die Spitze gestellten Dreiecks, so daß die Pfeifenenden zweier nebeneinanderliegender Pfeifenfelder eine Linie bilden. Ein weiteres Charakteristikum wäre das Register Piffara, das noch in den Orgeln der Stadtpfarr kirche Krems und in jener des Stiftes Zwettl auf scheint®''. Johann Ignaz Egedacher arbeitete zuerst in der Werkstätte seines älteren Bruders Johann Christoph in Salzburg, der vor der Vergrößerung der Salzburger Domorgel (1705) eine Studien reise nach Trient zu Eugen Casparini unternom men hatte. Hier dürfte er dieses Register neben anderen kennengelernt haben®®. Auch die anderen Meister dieser Familie haben dieses Register mit Vorliebe gebaut: z. B. in Benediktbeuren, Wald sassen, Raitenhaslach und Seeon®'. Wie aus der Beschreibung der Orgel, die Mat thäus Höfer im Jahre 1844 anlegte®', hervorgeht, hatten die Mixturen einen Terzchor, der wieder um auf Egedacher hinweist; im bodenständigen österreichischen Orgelbau des Spätbarodcs ist diese Mixturenzusammenstellung kaum anzu treffen®*. Für den Passauer Meister spräche aber auch, daß einer alten Tradition zufolge die oberösterreichi schen Stifte die Orgeln für ihre Klosterkirchen und zum Teil auch für ihre inkorporierten Pfarr kirchen meist von Meistern der Bischofsstadt Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 8/3, 4,1835), 80 f. Robert Keplinger, Verzeichnis der um das Stift Wilhering verdienten Künstler und Kunsthandwerker und der Schriftsteller desselben (Xenia Bernardina III), 223—231. — Rath, Baugescbicbte (Kirchenkunst 8, 1936), 55. Dort weitere Literatur. '® Ein Chronogramm auf der Rückseite des Rüdepositivs aus dem Jahr 1884 würde den Orgelbau sogar auf 1734 datieren, was jedoch keinesfalls möglich gewesen sein kann. Vgl. Rath, Wilheringer Orgeln. In den Rechnungsbüchern von 1738 bis 1778 findet sich kein Vermerk über die Bezahlung der Orgeln. Lediglich kleine Reparaturarbeiten sind vermerkt. ®' Der erste nachweisbare Orgelbau Rummels ist die Chororgel in Wilhering aus dem Jahre 1746. Haselböck, Orgelschatz, 46, 50. " Haselböck, Orgelschatz, 45. — Spies, a. a. O., 21. Quoika, Altbayern, 45, 47. Bibliothek Wessely, Wien Ms 78. Matthäus Höfer, Beschreibung der Hauptorgel im Stift Wilhering. Für die Überlassung der Kopien bin ich Herrn Univ.- Prof. Dr. Othmar Wessely zu großem Dank ver pflichtet. Für diese Mitteilung danke ich Herrn Dr. Otto Biba, Wien. — Eberstaller, a. a. O., 31.

Passau bezogen haben^^. Nicht etwa weil die bodenständigen Meister der Qualität auswärtiger Werkstättenarbeit nachgestanden wären, sondern weil unzählige Handelsbeziehungen zwischen den Klöstern und Passau bestanden haben. Die Donau war ein günstiger Verkehrsweg, sodaß es möglich war, daß Passauer Meister Orgeln bis vor die Tore Wiens lieferten^^. Ursprünglich war Joseph Matthias Götz aus Pas sau als Architekt der neuen Kirche ausersehen worden. 1734 jedoch brach der neue Abt die Ver bindung mit ihm ab, was Götz in einem Brief sehr beklagte^*. Die drei Entwürfe, die Götz an gefertigt hat, sind mitsamt den dazugehörenden Beschreibungen verlorengegangen^'. Demzufolge stammte von ihm auch ein Riß für Orgel und Positiv^®. Auch für die Stiftskirche in Zwettl ent warf Götz das Orgelgehäuse*''. Laut Vertrag mußte meistens der Orgelbauer selbst für die Herstellung eines Orgelgehäuses Sorge tragen und selbst einen Bildhauer damit beauftragen — wie es bei der Orgel in Zwettl der Fall war. In Wilhering waren jedoch zwei Laienbrüder, Eugen Dümge und Johann Bapt. Zell, als Stiftstischler tätig*®, was die Vermutung nahe legt, daß diese das Orgelgehäuse (siehe Abb. 1) nach den Plänen von Götz angefertigt haben. Die Schleierbretter mit dem herrlichen Bandwerk deuten allerdings klar auf passauische Herkunft. In Wilhering ist die großartige Konzeption durch einen Blick deutlich erkennbar. Angefangen von den grauen Marmorsäulen zum herrlichen Schnitzwerk der Brüstung hinauf zum Haupt gehäuse, dessen beide Kästen durch einen bogen förmigen, eine Uhr umfassenden Zierat verbun den sind. Die dreiteilige Aufstellung des Gehäuses darf im süddeutschen Raum als klassisch bezeichnet wer den*®. Vor allem in Böhmen, Niederösterreich, Wien und vereinzelt auch in Oberösterreich (Michaeierkirche in Steyr, Karmelitenkirche und Alter Dom in Linz, Stiftskirchen von Gleink und Wilhering u. a.) finden wir diesen charakteristi schen, aus zweigeteiltem Hauptgehäuse und Brü stungspositiv bestehenden Orgeltyp. Die Ursache dieser äußeren Gestaltung der Instrumente war das große Westfenster, das die Hauptlichtquelle der hochbarocken Kirchen ist (siehe Abb. 1). Die Disposition dieses Werkes ist uns nicht original überliefert. Das früheste Dokument, das eine Disposition dieser Orgel berichtet, ist die Beschreibung von Matthäus Höf er vom Jahr 1844. Die Disposition dürfte bis dahin kaum eine Veränderung erfahren haben. Hauptwerk: Positiv: Principal 8' Copl 8' Bordun Copl 16' Dolce suono 8' Plockflöte 8' Principal 4' Piffara 8' Flauta 4' Salicional 8' Octav 2' Fugara 4' Mixtur IV2' 3-fadi nral' . Quint 3' Contra — Principal — Baß 16' Super Octav 2' Pordun - Baß 16' Mixtur 1V2' S-fach Principal 8' Cimbel 1' 3-fach Octav - Baß 8' Quint — Copl 6' Quintatön 8' Superoctav 4' Mixtur 3' 4-fa(ii Koppel Positiv zu Hauptwerk (Schiebekoppel) Die Manuale hatten 45 Tasten, das Pedal 18 mit 18 Tönen. In der Großoctav fehlten also die Töne Cis, Dis, Fis und Gis; die kleine Oktav des Pedals reichte bis a. 1518 baute Michael Rytzinger ein Hornwerk für das Stift Kremsmünster. 1624 lieferte Andreas Putz eine Orgel für dasselbe Stift. Andreas Putz ist audi mit Orgelbauten im Stift Schlögl (1634), in der Pfarr kirche Rohrbach i. M. (1635) und im Stift Lambach vertreten. 1662 erhielt das Stift Baumgartenberg eine Orgel von einem Passauer Meister. Johann Georg Freundt arbeitete im Stift Lambach (1668), Stift Schlögl (1665), Leop. Freundt im Stift Kremsmünster (1680 und 1697), in der Pfarrkirche Viechtwang (1683) und im Stift St. Florian (1699 und 1712). Orgelwerke Joh. Ignaz Egedachers standen in den Stiftskirchen Garsten (1707) und Kremsmünster (1735/36), in den Pfarrkirchen St. Ulrich bei Steyr (1703, Stift Garsten), Rohrbach i. M. (1723) und Stadl-Paura (1720—1723). Joh. Georg Freundt baute 1642 die große Festorgel für das Stift Klosterneuburg. ** Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 7/2,1935), 54. " Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 7/2, 1935), 52. Hier ist das fallweise Vorhandensein der Plöne und Be schreibungen erwähnt. Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 7/2,1935), 52. Paul Buherl, Die Kunstdenkmöler des Zisterzienser stiftes Zwettl (ÖKT 29, 1940), 68. — Haselbödc, Orgelschatz, 47. *« Vgl. Anm. 33. Haselbödc, Orgelschatz, 30—34.

Der Spieltisdi war sicherlich — wie der jetzige — direkt an das Brüstungsgehäuse des Positivs an gebaut. Die erste Reparatur, die nachweisbar ist, dürfte nur aus kleinen Wartungsarbeiten bestanden ha ben. Nikolaus Rummel erhielt 1762 für die Ar beiten an beiden Orgeln 14 fl.®®. Über eine wei tere Reparatur berichtet ein kleines Chronogramm, das sich in einem kleinen verglasten Bilderrahmen im Spielschrank der Chororgel be findet (siehe Abb. 5). Demzufolge wurden beide Orgeln 1771 von Nikolaus Rummel repariert. Welche Verbesserungen Rummel bei dieser Re paratur vorgenommen hat, ist nicht mehr in Erfahrrmg zu bringen. Möglidaerweise mußte er beide Orgeln tiefer stimmen, was zu dieser Zeit häufig geschah. Für seine Arbeit bezog er 650 Eine weitere Reparatur ist vom Jahr 1844 über liefert; der aus Niederwaldkirchen stammende Orgelbauer, ein Autodidakt, Matthäus Höfer legte damals genaue Beschreibungen beider Or geln an®^, die für uns heute von großem Wert sind, da sonst kein früheres Dokument vorhan den ist, das genaueren Aufschluß über die Bauart der Orgeln gäbe. Höfer beschrieb auch detailliert die Reparaturarbeiten, die Veränderungen, die er vornahm, und den Zustand der Instrumente. Höfer nahm Reparaturen an den Bälgen, Wind kanälen, Windladen und Ventilen vor. Nach sei nen Angaben waren die „Cancellen zu enge, die Ventiele zu kurz, der Windstoß zu schwach, die Pulpetten zerrissen, die Spannfedern verrostet und verbogen". Daher hat er „die Cancellen er weitert, die Ventile mehr als um die Hälfte ver längert., den Windstoß merklich verstärkt, die Pulpetten, Spannfedern und Verspündungen ganz neu gemacht". Außerdem hat er die Pedal stimme Quint-Copl 6', „in welcher die Pfeifen ganz verwurmt und ohne Wirkung waren, her ausgenommen, imd anstatt derselben ein neues Zungenwerk Bombarton 16 Fuß; mit messinge nen Mundstücken und neuem Pfeifenstock ge macht. Soeben ist auch die Pedal-Mixtur, welche sehr schwach intoniert war, um 6 Schuh weiter hinauf mit Zusetzung von 2 neuen Pfeifenstöcken, angeschraubten Conducten imd Pfeifenbrettern versetzt worden". Weiters hat er „die PedalPfeifen gehörig intoniert und labiert, so auch neue Vorschläge gemacht". „Die meisten Baß-Pfeifen waren bei der Mündung ganz verschnitten und vergringelt, daher dieselben mit neuen Aufsetzen gehörig verlängert worden sind." Ebenso wurde das Pedal erneuert und die alten Stecher aus Holz durch neue mit messingenen Stiften rmd Ansatzknöpfchen ersetzt. Unter Punkt 6 erwähnt Höfer in seinen Aufzeichnungen die Verlängerung von Pfeifen. „Von zinnernen Pfeifen, welche ganz verbogen und verschnitten waren gut ausgerich tet, und diejenigen welche zu kurz waren oben angestückelt, danüt sie auf solche Art die gehö rige Länge zur reinen Stimmung erhalten haben." Es ist also anzunehmen, daß Nikolaus Rummel bei der Reparatur 1771 die Orgel tiefer gestimmt hat, diese Arbeit jedoch nicht fachgemäß aus geführt hat. „Auch waren im unteren Manualkasten die im Prospekt stehenden 3 größeren Zinnpfeifen ganz stumm, weil nie eine Windleitung dazugeführt war: daher dieselben jetzt durch Zuisetzung neuer Conducten zum Bordun Copl 16 Fuß das tiefe A, B, H in 16 Fuß gehörig ansprechen." Um dem Wurmfraß vorzubeugen, wurden die Holzpfeifen mit Beize behandelt; die Zinnpfeifen wurden ge reinigt und poliert. Letztlich „Ist das ganze Orgelwerk wieder zusammengesetzt, rein into niert, temperiert, /: Partition :/ und gestimmt worden". Höfer entfernte auch die Manualschiebekoppel und ersetzte sie durch einen Registerzug. „So wenn man mit der rechten Hand auf dem Oberen Ciavier spielt, mit der linken Hand den Register knopf herauszieht, auch das obere mit dem unte ren Werke coppuliert werde." Auch der Einbau eines „Kalkantenzuges" wird hier erwähnt. Interessant ist, wie Höfer den Klang der einzel nen Register charakterisiert; aus seiner statistisch angelegten Beschreibung geht auch hervor, aus welchem Material und wie die einzelnen Pfeifen gebaut worden sind. Fast zur Gänze bestanden StAW, 1760, Kamerey Wilheringsches RedinungsRapulare von 1760 bis inclus. 1778. 1762 Nr. 17 (25. 4. bis 1. 5.). StAW, 1760, Kamerey Wilheringsches RechnungsRapulare von 1760 bis 1778. 1771 Nr. 50 (8. bis 16. 12. 1771): An Rumel Orgimacher in Linz vor Reparirung und Renovirung der Figuralorgel 550 fl. dan vor die Choralorgel 100 £1. zusammen 650 fl. Bibliothek Wessely, Wien, Nachlaß Schwaiger Ms 78 und 79.

Hauptwerk: Prinzipal 8', Plockflöte 8', Piffara 8', Salidonal 8', Fugara 4' Octav 4', Quint 3', Super Octav 2', Mixtur 1^/2', Cimbel 1', Positiv: Principal 4', Dolce suono 8', Octav 2', Mixtur IV2', Pedal: Principal 8', Quintatön 8', Super Octav 4' und Mixtur 3' aus Metallpfeifen. Die übrigen Stimmen Hauptwerk: Bordun-Copl 16', Flauta 4', Positiv: Copl 8', Flauta 4', Pedal: Contra-Principal-Baß 16', Bombarton 16' (nur Schallbecher), Octav-Baß 8' bestanden aus Holzpfeifen. Bemerkenswert sind die Angaben über den Klang einzelner Register und die Zusammenstellung der Mixturen. „... Bordun — Copl 16' fangt an bei dem tiefen A . .. 40 Pfeifen. . .. Plockflöte 8' ... mit mittelmäßiger Men sur und gibt einen angenehmen Flötenton an. . .. Piffara 8' fangt an bei dem kleinen a ... gibt einen zarten Principalton an®^ Salicional 8' . . . gibt einen scharfen und angenehmen Flötenton an. Fugara 4' offen aus Ziim mit sehr enger Mensur und dreifachen Barten gibt einen zarten schneidenden Ton an. Octav 4' gibt eine schnei dende Octav zum Principal 8' an. ... Mixtur 1^/2' ... 5-fach gibt 2 Quinten, 2 Octaven und 1 Terz an. Cimbel 1 ... 3-fadi gibt 1 Octav, 1 Quint und 1 ober Terz an. ... Dolce suono 8' ... gibt eine Quintatön an ... gibt einen schneidenden Flötenton an. ... Mixtur 1V2' ... 3-fach . . . gibt in der unteren Octav 1 Quint und 2 gleidie Octaven, in der kleinen Octav 1 Octav, 1 Terz und 1 Quint, die eingestrichene Octav spricht zwei Octaven und 1 Quint an. In der zweigestrichenen Octav sprechen die 3 Pfeifen einen ungleichen Ton an. ... Contra — Principal — Baß 16' ... gibt einen starken tiefen Baß — Ton an. Pordun — Baß 16' ... gibt einen sanften und tiefen Baßton an. Bombarton 16' ein Zungenwerk. Die Mundstücke sind aus Messing, die Schallrohre von Holz, und spricht einen zarten Posaunen — Baß an. ... Mix tur 3' ... 4-fach. Spricht 2 Quinten und 2 Octaven an." Das Register Dolce suono 8' scheint ein in Diskant und Baß geteiltes Register gewesen zu sein, das zwei verschiedene Klangfarben aufwies: „. . . die unteren 2 Octaven sind gedeckt, vom tiefen c bis zum kleinen f ist es 4 füßig, von fis bis c' 8 füßig mit Barten und enger Mensur, gibt eine Quinta tön an; Von c' bis c'" offen enger Mensur mit Bärten, gibt einen schneidenden Flötenton an®^." Höfer teilte die Pfeifen statistisch nach Material und Bauart ein. Als Summe sämtlicher Pfeifen errechnete er 1346 Pfeifen. „Dieses Orgelwerk, welches für diese schöne Kirche ganz angemessen und probortioniert da steht, ist in drey schöne ausrundierte, verzierte und geschweifte Kästen zertheilt. Auf der Epistel — Seite ist das untere Manual werk: auf der Evangeli — Seite das Pedal — Werk: in der Mitte ganz vorn in der Brust — Wand das obere Manual — Werk, oder /:Positiv:/:Brustwerk:/ ange bracht." Eine Rechnung über Höfers Reparaturarbeiten ist nicht erhalten. Außer Höfers Reparatur des Jahres 1844 sind noch einige kleinere Reparaturarbeiten belegbar. 186355, 18725» und 1873»=' hat der Orgelbauer Josef Breinbauer aus Ottensheim Reparaturen vorgenommen; wie aus den Rechnungen hervor geht, waren diese aber kleineren Ausmaßes und umfaßten nur Instandsetzungsarbeiten rmd die Stimmung. Leopold Breinbauer beschäftigte sich eingehend mit diesem Instrument, bevor er es 1884 er neuerte. Ein „Befund" aus seiner Feder wurde erst kürzlich wieder aufgeftmden»». Ein Vergleich der beiden Beschreibungen läßt Änderungen die ser Orgel zwischen 1844 und 1884 vermuten, die aber in den erwähnten Rechnungen nicht auf scheinen. Breinbauer fand nicht nur ein sehr schadhaftes Klangwerk vor, sondern er bezeichnete auch die ganze Anlage als unbrauchbar und irreparabel. „Es ist daher am zweckmäßigsten, diese Orgel mit Verwendung des alten noch gut erhaltenen Gehäuses und der brauchbaren Zinnpfeifen neu herzustellen." Diese Orgel hat auch Anton Bruckner, der oft als Linzer Domorganist zu Gast in Wilhering war, gespielt. Ein Sängerknabe weiß aus dieser Zeit lebhafte Erinnerungen zu erzählen»»: „Für uns Sängerknaben war ein solches Bruckneramt jedesmal ein Ereignis ... Sein Spiel nahm uns vollstän dig gefangen und wir lauschten andächtig den gewaltigen Tonwellen, die, mit den durch die Sonnenstrahlen beweg5» Dieses Register war etwas höher gestimmt und ergab mit dem Principal 8', zusammen gezogen, einen schwebenden Ton, wie es Costanzo Antegnati (L'Arte organica, Brescia 1608) für die Elevationsmusik empfahl. 5* In der Stiftsorgel von Zwettl baute Johann Ignaz Egedacher einige Register dieser Art ein (Haselböck, Orgelschatz, 50). 5» StAW, 30. Aug. 1863, Jos. Breinbauer, Rechnung. »» StAW, 24. Dez. 1872, Jos. Breinbauer, Rechnung. 5' StAW, 1. Nov. 1873, Jos. Breinbauer, Rechnung. »» Nach dem Tod Josef Breinbauers (1882) übernahm sein Sohn Leopold die Leitung der Werkstätte bis zu seinem Tod (1920). — StAW, 6. März 1884. Leopold Breinbauer, Befund der alten Hauptorgel in Wilhe ring. 5» Hans Soulcup, Anton Bruckner im Stift Wilhering (Linzer Volksblatt 1937, Nr. 142, 23. 6. 1937).

ten Weihraudischwaden sich mischend, um die vielen Engelsköpfe, Engel- und sonstigen Figuren an den Ge simsen hinauf zum großartigen Deckenfresko Altomontes wogten, als wollten sie mit all diesen Seligen im Himmel wetteifern im ,Laudate Dominum'... Bei solchen Zwischenspielen war Bruckner oft so welt entrückt, daß er vom Organisten durch einen sanften Druck auf die Schulter aufmerksam gemacht werden mußte, das Spiel zu beenden, da der Priester beim Altar schon längere Zeit wartete. Den Höhepunkt seiner Kunst bildete stets das Nachspiel am Schluß des Amtes — eine großangelegte Fuge. Einst intonierte er auf dem Pedal das Fugenthema. Dabei streifte er den Rock ab, reichte ihn dem nächststehenden Sängerknaben und führte in weiten Hemdärmeln das Thema in all seinen Wendungen durch. Er vertiefte sich so in seine Kunst, daß der Priester schon längst in der Sakristei war. Nicht einmal Freund Preßl störte in diesem Augenblicke den Erdfernen und wartete, bis die gigantischen Schlußakkorde verklungen waren und Bruckner mit verklärten Zügen die Orgel ver ließ und seinem Freund dankend die Hand drückte . .. Sehr gerne spielte der Meister auch auf der Chororgel, die stilgerecht im Presbyterium gegenüber der Kanzel angebracht ist und gleich dieser die kunstvoll geschnitz ten Chorstühle gegen das Schilf der Kirche abschließt. Bruckner liebte das kleine Werk besonders wegen seiner leichten Spielbarkeit und der angenehmen Register." Die Chororgel, ein Meisterwerk von Nikolaus Rummel d. Ä. Wie von der Hauptorgel des Jahres 1741, so ist auch über die Chororgel (siehe Abb. 2) kein Ver trag zwischen dem Kloster und dem Orgelbauer vorhanden. In dem kleinen verglasten Bildrahmen in der Chororgel finden wir auf der Rückseite des bereits erwähnten aufschlußreichen Chronogrammes von 1771 auch die Herkunft dieses Instru mentes bestätigt: „Anno 1746 ist dieses Orgelwerk, in diesen ort, welcher der Kanzel ähnlich, von aber diesem vor an benenten Nicoiao Rumel, so von Rothenburg an der Tauber gebür tig, und in Lintz wohnhaft warr: verfertigt worden." Neben dem Pfeifenwerk erweckt auch die äußere Gestaltung der Chororgel besonderes Interesse. Ob wir den Entwurf der Chororgel in ihrer Aus führung dem Innenarchitekten der Kirche, An drea Altomonte, zuschreiben dürfen, sei dahin gestellt. Die Idee, die Chororgel in Kanzelform zu gestal ten, dürfte schon von Joseph Matthias Götz aus St. Nikola bei Passau stammen. In einer Erläute rung zu einem der drei nicht mehr erhaltenen Entwürfe schrieb er: „auch sieht man den Chor samt Kanzel und Orgel, wie sie zu stehen kommen'"." Gewiß waren die beiden Kanzelorgeln in den Zisterzienserstiften Lilienfeld (ca. 1740) und Zwettl (1727), wo Götz verschiedene Arbeiten ausführte®', Vorbilder. In einem Brief an Abt Johann Bapt. IV. von Wilhering (19. 2. 1735) erwähnt Götz, daß er auf Ersuchen Joseph Mungenasts die Kanzel in Lilienfeld „inventiert" habe®®. Ob er auch an der Planung der Chororgel Anteil hatte, ist nicht nachweisbar. Auffallend ist, daß sich diese drei Kanzelorgeln nur in Zister zienserstiftskirchen befinden. Der Gestaltung der Kanzelorgeln mag vielleicht ein theologischer Gedanke zugrunde gelegt wor den sein: die Gegenüberstellung oder gar Gleich stellung von Wort und Musik®®. Oder wollte man lediglich durch die Anbringung der kleinen Or geln an einem akustisch günstigen Platz, was auch für die Kanzeln gilt, mit geringen Mitteln — die Kanzelorgeln haben kaum mehr als zehn Register — ebenso einen raumfüllenden Orgel klang erreichen? Wie die Kanzel ist auch die Chororgel aus Holz gebaut und mit Stuckmarmor verkleidet. Sicher lich haben die beiden Laienbrüder Johann Bapt. Zell und Eugen Dümge — ihnen verdanken wir das herrliche Chorgestühl — die Holzarbeiten ausgeführt. Für die Stuckverkleidung und den Figurenschmuck konnte der Hofstukkateur des Stiftes Kempten, Johann Yblherr mit seinem Kon sorten Johann Michael Feichtmayr aus Augsburg gewonnen werden. Sie verpflichteten sich, „den Hochaltar, die beiden Kanzeln nebst ihren Stuck wänden gegen den Chor mit aller erforderlichen Stuckator- und Marmorierarbeit zu versehen, wie auch die Figuren und Statuen zu verfertigen. Mit eigener Hand hat Yblherr die Statuen und Haupt figuren auszuführen". Diese Arbeiten sollten bis Herbst 1746 vollendet sein®'. Im Sommer führte Johann Georg Frueholz noch Vergoldungsarbeiten durch®®. Nur selten haben an Orgelgehäusen mehrere große Künstler gearbeitet. Rath, Baugeschidite (Kirchenkunst 7/2,1935), 52. " Buherl, Zwettl (siehe Register). Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 7/2,1935), 54. Man denke hier an die nicht seltene Kombination von Altar, Kanzel und Orgel in den evangelischen Kir chen. Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 8/3,1936), 54 f. Rath, Baugeschichte (Kirchenkunst 8/3, 1936), 55. — Amadeus Reisinger, Beiträge zur Geschidite der Stifts kirche Wilhering (Christi. Kunstblätter 70/10—12, 1929), 107—110.

Die Chororgel /»ist mit einem derart reichen Figurenschmuck ausgestattet, wie er selbst in jener schmuckfreudigen Zeit nicht so bald wieder anzutreffen ist"®®. Die drei großen Pfeifenfelder sind von heiteren, jubelnden Putti (siehe Abb. 3) eingerahmt. Als Krönungsfigur der Chororgel ist König David mit der Harfe (siehe Abb. 2) zu sehen, dem der hl. Bernhard als Hauptfigur auf dem Schalldeckel der Kanzel gegenübersteht. Die originale Disposition dieses Werkes ist nicht belegbar; es lassen sich jedoch rückschließend auf den Zeitstil berechtigte Vermutungen über die Klanggestalt dieses Instrumentes anstellen. Nach verschiedenen Untersuchungen darf die heutige Disposition als original angesehen werden. Die Veränderungen dieses Instrumentes, die aller dings nicht genau belegjbar sind, waren nicht be deutend. Bei der Restaurierung durch Wilhelm Zika im Jahre 1953 hat sich lediglich das Register Alba 8' als nicht original erwiesen, weshalb es auch entfernt wurde. Die goldbedruckten Lederschildchen neben den Registerzügen (siehe Abb. 4) tragen folgende Aufschriften: Rechts vom Notenpult in senkrechter Anordnung: Principal 8 Fuß Quinte 3 Fuß et Super Octav 2 Fuß Mixtur 1 Fuß et 4 Fach Octav 4 Fuß Links vom Notenpult: Octav — Baß 8 Fuß Pordun — Baß 16 Fuß et Alba 8 Fuß Flauta 4 Fuß Flauta 8 Fuß Über die Kosten dieses Instrumentes liegen keine Unterlagen vor. Lediglich in einem Inventar, das anläßlich der Wahl des Abtes Alan Aichinger am 22. 11. 1753 angelegt wurde, scheint der Name Nikolaus Rummel in der Spalte „Schulden hin aus" mit einem Guthaben von 1000 fl. auf"'. 1000 fl. wäre aber ein zu hoher Betrag für die kleine Orgel gewesen, für die Rummel kein Ge häuse beistellen mußte. - Nach dem Tode des Abtes Johann Bapt. IV. Hinterhölzl belief sich der Schuldenstand des Klosters auf über 120.000 Gulden«®. Es wäre also denkbar, daß verschiedene Handwerker ihr Guthaben durch eine Anleihe noch vergrößerten«®. Die erste Reparatur, die belegbar ist, führte ihr Erbauer 1762 durch^®. Dem Entgelt nach zu schlie ßen — Rummel erhielt für die Reparatur beider Orgeln 14 fl. — waren es nur kleine Wartungs arbeiten. Die Reparatur vom Jahre 1771, eben falls von Rummel ausgeführt'', war jedoch um fangreicher. Für die Reparatur der Chororgel allein erhielt Rummel 100 fl. Wahrscheinlich mußte er sie damals wie auch die Hauptorgel tiefer stimmen. Eine weitere Reparatur an der Chororgel führte der Orgelbauer Matthäus Höfer 1844 durch. Ein kleiner eingeklebter Zettel in der Chororgel weist darauf hin: „Bey der Reparatur dieses Orgelwerkes wurden 3 ganz neue Blasbälge, Abstractur ganz neu geleimt und reno viert, die Kanälle, Windlade, Pfeifen und Claviatur und Stimmung geschehen im Jahr Christi den 17. September 1844. Matthäus Höfer, Orgelbauer in Niederwaldkirchen. Die Gesellen waren Josef Pertoizka, Allois Schnepf und Christof Erlich." Dabei legte er auch von dieser Orgel eine genaue Beschreibung an'®. Zunächst erläutert Höfer die Anbringung der Orgel an der Mauer über dem Chorgestühl. Genauer beschreibt er die Windladenbauart für Manual und Pedal: „Das Manual und Pedal ha ben nur eine Windlade mitsammen; nur mit dem Unterschied, daß das Pedal eigene Ventiele mit abgeschlossenen Cancellen hat; damit das Pedal allein gespielt werden kann bis auf das Register Alba, welches immer mit dem Pordun-Baß klingt und zusammen einen Registerzug ausmachen. Jedes Manual Register wenn es gezogen wird klingt allzeit mit dem Pedal." Als Reparaturen führt er die Neuanfertigung dreier neuer Blasbälge und eines Windkanals an; weiters belederte er die Ventile, erneuerte die Pulpetten, Ventilzüge und Federn. Im übrigen führte Höfer nur Wartungsarbeiten durch und nahm keinen Eingriff in die klangliche Substanz «" Eberstaller, a. a. O., 94. «' StAW, 22. Nov. 1753, Inventar anläßlich der Wahl Alan Aichingers zum Abt. «« Stülz, a. a. O., 359. — Söllinger, a. a. O., 514 «® Diesen Hinweis verdanke ich Herrn Dr. Wilhelm Rausch, Linz. Vgl. Anm. 50. " Chronogramm im verglasten Bilderrahmen im Spiel schrank der Chororgel, vgl. Anm. 51. Siehe Abb. 5. " Bibliothek Wessely, Wien, Nachlaß Schwaiger, Ms 79.

des Werkes vor. Höfer ließ sich auch die „Be schaffenheit, Natur und Bauart der Pfeifen in diesem Orgelwerk" angelegen sein. Er teilte die Pfeifen der einzelnen Register nach Bauart ein und beschrieb den Klang der Register. Die Pfeifen des Prinzipalchores (Principal 8', Octav 4', Quint 3' et Super Octav 2', Mixtur 1', Octav Baß 8') sind großteils aus Zinn. Den Hauptteil der Prospektpfeifen stellt das Register Principal 8'; es sind aber auch solche von Octav 4', Quint 3' et Super Octav 2' und Octav-Baß 8' darunter zu finden. Die beiden Flötenstimmen sind gänzlich als gedeckte Pfeifen aus Eichenholz gebaut. Pordun-Baß 16' besteht aus Weichholz pfeifen. Den Klang der Register charakterisiert Höfer folgend: „Principal 8' ... spricht einen sehr guten Principal Ton an. Alba 8' von Holz ... mit enger Mensur, spricht einen zarten Flötenton an. Flauta 8' ... gibt ein angenehmes Piano an. Flauta 4' ... gibt einen weichen Flötenton an. Octav 4' . . . spricht eine Octav zum Principal 8' an; ... Quint 3' et Super Octav 2' ... spricht eine scharfe Rauschquint zum Octav 4' an, ... Mixtur 1' und 4 fach ... spricht scharf und schneidend an. Pordun — Baß 16' et Alba 8' gibt einen tiefen und sanften Baßton an. Das Alba klingt nur mit dem Manual. Octav-Baß 8' ... geben einen scharfen Baßton an." Das Manual hat 45 Töne, das Pedal, das an das Manual angekoppelt ist, verfügt über 12 Töne bei 18 Tasten. Die Chororgel hat insgesamt 511 Pfeifen. Auch die Reparaturen von 1863''' und 1866''^ ausgeführt von Josef Breinbauer, beschränkten sich auf Instandsetzungsarbeiten. Eine weitere Reparatur führte 1882 der Orgel bauer Leopold Breinbauer aus Ottensheim durch, worüber die Rechnung vom 17. Dezember 1882 genauen Aufschluß gibt". Großteils waren es technische Mängel, die Breinbauer zu beheben hatte; hier ist auch die Erneuerung von sechs Mixturpfeifen angeführt. 1912 wurde die alte Windversorgung — sie ge schah nodi durch Ziehstricke — aufgegeben und ein elektrisches Gebläse eingebaut. Auch diese Arbeit hat Leopold Breinbauer ausgeführt". Im Jahre 1928 wäre dieses Instrument beinahe einem Neubau zum Opfer gefallen. Der Orgel bauer Josef Panhuber, der die Orgelbauwerk stätte Leopold Breinbauers weiterführte, legte dazu einen Kostenvoranschlag vor". Ob die In itiative zu einem Neubau von Seiten des Stiftes ausging, oder ob Panhuber die treibende Kraft war, ist nicht erwiesen. Angeblich strebte Pan huber auch einen Umbau der Hauptorgel an, worauf ihn der damalige Abt Gabriel Fazeny auf spätere Zeiten vertröstete'®. Laut Kostenanschlag war ein Werk mit zehn Registern auf einem Manual und Pedal geplant. Ein Teil des Pfeifenwerkes hätte wieder, aller dings mit veränderter Mensuration und Intona tion, Verwendung gefunden. Diese Orgel hätte auch zwei Harmoniumzungenstimmen (Diaposon 8' und Clairon 4') als Begleitstimmen des Chores erhalten. Die Windladen wären mit Kegelladen system ausgestattet worden, die Traktur hätte der Zeit entsprechend pneumatisch gebaut wer den sollen. Eine bedeutende Restaurierung erfuhr dieses In strument im Jahre 1953 durch den Orgelbauer Wilhelm Zika jun. aus St. Florian. Die Fachgut achten erstellte der Orgelreferent des Bundesdenkmalamtes, Ing. Egon Krauss'®. Bei dieser Restaurierung wurde festgestellt, daß das Register Alba 8' nicht zum originalen Bestand der Orgel gehörte. Allein die Bauweise der Pfei fen war auffallend: es waren Weichholzpfeifen mit Eichendecken zum Unterschied der originalen Holzpfeifen, die gänzlich aus Eichenholz sind. Die Windführung und der Umstand, daß die große Oktave fehlte und daß dieses Manual register mit einem Pedalregister gezogen wurde, deuteten klar auf einen späteren Zubau. Da die ses Register nicht original und vom Holzwurm stark angegriffen war — im Gegensatz der ande ren Holzpfeifen —, entschloß man sich, es nicht mehr einzubauen. Auch räumlich wäre es nicht " StAW, 30. Aug. 1863, Jos. Breinbauer, Rechnung. StAW, 7. Dez. 1866, Jos. Breinbauer, Rechnung. " StAW, 17. Dez. 1882, Rechnung von Leopold Brein bauer über Reparatur der Chororgel. StAW, April 1844, Meldebogen. — StAW, 10. Sept. 1912, Leop. Breinbauer, Rechnung für elektr. Gebläse der Chororgel der Stiftskirche Wilhering. " StAW, 31. Dez. 1928, Josef Panhuber, Kostenvor anschlag über eine neue Chororgel. " Freundliche Mitteilung von Frau Emilie Breinbauer, Ottensheim. " StAW, 1951—1953, Restaurierung der Chororgel. Gut achten von Ing. Egon Krauss.

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