OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

Von der „Kreuzerspielhütte" zum „Klosterkirchentheater" Ein Beitrag zur Theatergeschichte der Stadt Steyr Von Josef O £ n e r (t) Mit 2 Abbildungen Schon im 16. Jahrhundert war Steyr eine her vorragende Pflegestätte des Schultheaters. Die Rektoren der evangelischen Lateinschule Thomas Brunner (1558—1571), Georg Mauritius d. Ä. (1572—1600) und Ägidius Weixelberger (1608— 1624) veranstalteten mit den Schülern Komö dienaufführungen im Saal des Rathauses. Auch der von 1603 bis 1622 in Steyr tätige katholische Lateinschulmeister Wolfgang Lindner ließ sich solche Vorstellungen sehr angelegen sein^. Nach der Gegenreformation wurden von den Studen ten des Jesuitengymnasiums häufig lateinische Schuldramen aufgeführt®. Wahrscheinlich angeregt durch das Schultheater, versuchten sich auch „Bürgerskinder" und Hand werker in der Schauspielkunst. Sie spielten ge wöhnlich im Fasching und zur Zeit der Jahr märkte, wozu sie die Genehmigung des Stadt rates oder des Stadtrichters einholen mußten. Auf dem Marktgelände (Stadtplatz) stand ihnen eine Bretterhütte zur Verfügung, die man „Kreu zerspielhütte" nannte, weil der wohlfeilste Platz nur einen Kreuzer kostete®. In Jahren konfessioneller Wirren und in Notzei ten wurden Komödienaufführungen nicht gestat tet. Im Jahre 1626 verbot Statthalter Herbers torf alle „Mumereien und Fostnacht Spiel"^. Als deimoch um die Weihnachtszeit des genann ten Jahres acht „junge Knaben" um „Ansingen und Unterhaltung einer Comedi" bei der Stadt obrigkeit vorstellig wurden, verfügte der Rat: „Bei jetziger betriebter Zeit bschaffenheit sind diese Burben von ihrer vorhabeten comedi in die Kirchen zum Gebett gewisen"®. Ebenso be deutete man 1627 „etlichen Burgers Kindern", die ein „Fostnachspil" halten wollten, in der Kirche fleißig zu beten®. Bewilligte aber der Magistrat eine Komödienaufführung, dann wurde den Supplikanten eingeschärft, keine „Ungelegenheit" zu verursachen, sich „erbarlich" zu beneh men imd sich „in Ihren actionibus aller unzichtigen Wordt werckh und Geberden zu enthal ten'"'. Titel und Verfasser der Theaterstücke werden in den Archivalien nicht erwähnt, nur einige Hinweise sind überliefert. So berichten 1600 die Ratsprotokolle, daß Kürschnergesellen ein Spiel „auß der Bibel, vom Khönig Jophata"®, Hans Lachner und Wolf Schieffer 1615 „ein comoedi auß dem Hannß Sachsen" aufführten® imd Söhne bürgerlicher Messerer im August 1680 das Kaiserpaar im Schloß Steyr mit zwei „lu stigen Baurn-Spillen" ergötzten^®. Theatervorstellungen der städtischen Dilettan ten bewilligte die Stadtobrigkeit in den Jahren 1629", 1630, 1636, 1638, 1661 und 1669^®, abgelehnt wurden sie 1603, 1626, 1627, 1635, 1642 und 1680". Wandernde Schauspieler traten in Steyr erst ge gen Ende des 17. Jahrhunderts auf. Es wollten zwar schon im Jahre 1651 „Teutsche Comedianten" anläßlich des Jahrmarktes Vorstellungen ge ben. Im Hinblick auf die schlechten Zeiten jedoch, in denen man sich nicht „mit Comedien erlusti gen" durfte, wurden sie vom Stadtrat abgewiesen'^.Vierzig Jahre später bewilligte man dem Komödianten Johann Valentin Pezoldt aus dem Stadtsteueramt, „zur Beihilf" drei Gulden" xmd 1 R. Stumpft, Das alte Schultheater in Steyr zur Zeit der Reformation und Gegenreformation. Heimatgaue, 12. und 13. Jg. (1931,1932). * J. Fröhler, Zur Geschichte der Schule und des Schul dramas der Jesuiten in Steyr. Oö. Heimatblätter, Jg. 9 (1955), Heft 2/3, S. 131—146. ' F. Pfeffer, 150 Jahre Steyrer Stadttheater. Veröff. des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 19 (1959), S. 38. ^ StA. (= Stadtarchiv Steyr), Rp. (= Ratsprotokoll) v. 11. 2. 1626,14. = StA., Rp. V. 17. 12. 1626, 76. ® StA., Rp. V. 5. 2. 1627, 91. ' StA., Rp, 1630, 17; 1636,10; 1669, 88. ® Stumpft, Schultheater, Heimatgaue, Jg. 12 (1931), S. 140. ° „Der Suppl. begehrn hat der Zeit auß erheblichen Vrsachen nit statt, wie ihnen dann auch, das Sie, wie für khumbt, alberait die Inuermelte comoedi ohne E. E. Rhats Zuelaß gehalten, hiemit verwisen vnnd solches Verrer Zu Vnterlassen auferlegt wirdt." StA., Rp. v. 23. 2. 1615, 34. " „Beschreibung Deß Empfangs vnnd Einzugs Der AllerDurchleüditigisten Kayserlichen Mayestätten Leopoldi I. et Eleonorae, Magdalenae, Theresiae .. Linz, 1681, S. 18, 22. E. Krobath, Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit. Veröff. des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 22 (1961), S. 28. "StA., Rp. 1630, 17; 1636, 10; 1638, 70; 21. 1. 1661; 1669, 88. " StA., Rp. 1603, 8; 1626, 76; 1627, 91; 1635, 20; 1642, 105; 1680, 69. " StA., Rp. 1651,197. " StA., Rp. 1691,175.

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