OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

seine unerhört echte Mundartdichtung, so ergibt der Ausdruck der Bildungserlebnisse eine oft so windschiefe Prosaschriftstellerei. Den ganzen Lebenslauf Stelzhamers zusammenfassend ist die Problemlage seines Wesens die: Wie findet seine realistisch-bäuerliche Naturveranlagung den Ausgleich mit den unausweichlichen idealisti schen Zeiteinflüssen, die ihr von vornherein wi derstrebten, und zwar wie in jedem Moment seines Lebens. Auch seine erste Liebe, die zu gleich seine große war, gehört unter die Bil dungserlebnisse, jugendlich unreif, wie sie be gonnen, und durchaus als geistiges Prinzip, wie sie sich weiter entwickelte. Im Herbst 1816 zieht er mit seinem um sechs Jahre älteren Bruder Peter, der ihm aber an Studienjahren wohl nicht ganz ebensoweit vor aus war, an das Gymnasium nach Salzburg. Es ist kein Zweifel, daß das damals herrschende Schulsystem mit seinen Skriptionen, Setzungen und verschiedenen Schulactus das in ihm schon in seiner Dorfheimat entwickelte Gefühl, ein Aus nahmemensch zu sein, begünstigt. Schon die langwierige Aufnahmsskription setzt ihn auf den zweitbesten Platz der Klasse. Von einem liebe vollen Lehrer, Professor Martin Süß, angespornt, erringt er, bald nachdem er nur das anfängliche Heimweh überwunden hat, den ersten Platz, und der Schlußactus des ersten Jahres gestaltet sich zu einer ganz außerordentlichen Auszeichnung für ihn: Er ist nicht nur der erste Schüler seiner Klasse, sondern wird auch der ganzen Schule als Muster vorgestellt. „Aber ich kann ja nichts da für", äußert er sich seinem beschämten Bruder Peter gegenüber, der in seinen Gymnasialleistun gen immer mehr zurückrückte. Die Ferien bringen die erste Ferienreise durch das mittlere und obere Innviertel, durch Nieder bayern bis München. Vom Bruder Peter sind sie ganz auf Gelderwerb durch „Viatizieren" an gelegt: zur Deckung von Schulden und Bereit stellung eines Extrageldes für das nächste Schul jahr. Das Zeugnis des Kleinen wirkt zwar man ches Wunder, aber ihm selbst behagen die spar same Kost und die unheimlichen Nachtquartiere nicht. Auf dem Marsche sehen wir ihn vor allem spielerisch mit sich selbst beschäftigt, wozu ihm der mürrische Bruder, der alles eher als sein Mentor sein konnte, reichlich Zeit läßt. In Mün chen, das Bruder Peter wegen der Aufenthalts kosten vorzeitig verlassen will, ohne die gerühm ten Merkwürdigkeiten gesehen zu haben, trennt er sich soagar von ihm, so groß ist seine Begier, Land und Leute kennenzulernen (vgl. die Schul geschichte „Fritz Blasewitz' erste Ferienfahrt"). In den folgenden Schuljahren, auch nachdem das alte Schulsystem nach dem Regierungswechsel einem etwas freieren Platz gemacht hatte, scheint er sich ziemlich auf der gleichen Höhe gehalten zu haben. Er erhält ein Stipendium, das ihm bis zur Beendigung seiner Universitätsstudien ge währt wird und erteilt vom dritten Jahr an be reits Instruktionen. In seiner freien Zeit widmet er sich seiner Lieblingsbeschäftigung: Zeichnen und mit Wasserfarben malen (vgl. die Schul geschichte „Ein Student, wie er sein soll"). Un terdessen hatte sein Bruder Peter wegen einer Schatzgräbergeschichte, die in „Onkel Georgs Schatz" näher geschildert ist, das consilium aheundi erhalten und sich nach Graz gewendet. Dorthin macht auch Franz seine Ferienreise im Herbst 1819, die ihn im Freundschaftsbündnis mit zwei ungleichen Reisegefährten zeigt. Wir entnehmen seine diesbezüglichen Eindrücke der zweiteiligen Prosaerzählung „Die große Wande rung": Er selbst tritt uns in einer noch kindlich tänzelnden, übersprudelnd vertrauensseligen Haltung entgegen, vor allem auch schon als klei ner Poet, in der Art und Weise, wie er das ihm Entgegentretende aufnimmt. Vom Dezember 1819 stammt das erste authen tisch überlieferte Gedicht, das elegische „Jugendhild", das — bezeichnend genug — seine glück lichen Dorfjungenjahre ausmalt und sie betrau ert. Die durchwegs elegische Grundhaltung sei ner folgenden carmina der Jahre 1820 und 1821 läßt sich durch den Hinweis auf deutlich heraus zuführende Muster erklären, die beim Göttinger Hain, bei Klopstock und den Idyllen-Dichtern liegen. Wesentlich wohl durch das Gymnasium und die lateinischen und deutschen poetischen Stilübungen wurden ihm diese Muster nahe gebracht. Die Pflege der Freundschaft und der Dichtkunst entwickeln sich nun weiter und füllen ihn bald ganz aus. Bald verläßt seine Jugend lyrik die Schulsphäre, obwohl sie sich noch lange in den überkommenen Formen bewegt. Er ver einigt sich mit Gleichgesinnten zu einem poeti-

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