OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

Das Generalvikariat Hohenfurth 1940 - 1946 Von Hans Rödhammer Mit 1 Kartenskizze und 2 Abbildungen Durch das bekannte und heute noch sehr um strittene Abkommen zwischen Deutschland, dem Vereinigten Königreich (England), Frankreich und Italien am 29. September 1938 in München — deswegen auch „Münchner Abkommen" ge nannt — mußte die Tschechoslowakei die sude tendeutschen Gebiete an Deutschland abtreten.^ Dazu gehörten auch die südböhmischen Bezirke Kaplitz und Krummau^ mit den Gerichtsbezir ken Hohenfurth, Kaplitz, Gratzen, Oberplan, Kalsching und Krummau. Dieses Gebiet wurde gemäß dem Abkommen als Zone I am 1. und 2. Oktober 1938 unter Verwendung der noch vorhandenen und gültigen österreichischen Mob.-Pläne (sogenannte „Orange"-Pläne) von Einheiten der 45. Infanterie-Division militärisch besetzt®. Mit 20. November 1938 wurden die nunmehrigen Kreise Kaplitz und Krummau der zivilen Verwaltung des Gaues Oberdonau un terstellt^. Der Gerichtsbezirk Gratzen wurde dem Gau Niederdonau zugeteilt®. Zur neuen Staatsgrenze zwischen Deutschland und der CSR kam dem Abkommen entsprechend die Sprach grenze zur Geltung, die durch Gemeinden und Pfarren verlief und diese trennte. Der frühere Bezirk Krummau hatte 75 Gemeinden mit 1056,78 qkm, 45.161 deutsche und 15.729 tschechische Einwohner®, der neue Kreis Krummau nur mehr 62 Ge meinden mit 843,80 qkm, 48.869 Einwohner^, fast lau ter Deutsdie. Der frühere Bezirk Kaplitz zählte 78 Ge meinden mit 905,77 qkm und 50.840 Deutschen und 2848 Tschechen®, der Kreis Kaplitz umfaßte nunmehr 84 Gemeinden auf 902,92 qkm mit 46.415 meist deut schen Bewohnern®. Das an Oberdonau angeschlossene südböhmische, deutschsprachige Gebiet hatte somit 148 Gemeinden, war 1756 qkm groß mit 95.284 Bewohnern, von denen nur 988 Tschechen'® waren. Mit dem „Ge setz über die Gliederung der sudetendeutschen Ge biete"" vom 25. März 1939 wurden „in das ehemalige Land Oberösterreich"(!) diese Gebietsteile mit Wirkung vom 15. 4. 1939 eingegliedert. Mit Zustimmung des Reichsministers des Innern wurde auch der Gerichtsbe zirk Gratzen an Oberdonau angegliedert'® und ist in den obigen Zahlen bereits inbegriffen. Kirchlich gehörte das Böhmerwaldgebiet zur Di özese Budweis, welche bis 15. März 1939 ein Teil der tschechoslowakischen Republik und ab 16. März 1939 ein Teil des „Protektorates Böh men und Mähren" war. Damit hatte ein auslän discher, ein tschechischer Bischof Einfluß auf deutsches Hoheits- und Sprachgebiet. Daß die ser Zustand der deutschen Reichsregierung und der Gauleitung in Oberdonau nicht recht war, ist erklärlich. Die Situation der kirchlichen Ein richtungen verschlechterte sich, und aus dieser Sachlage zog der Bischof von Budweis die Konse quenzen. Im Mai 1939 wurden Verhandlungen mit dem Apostolischen Nuntius in Berlin aufgenommen^®, die dahin führten, daß die deutsch sprachigen Gebiete der Diözese Budweis mit 1. Jänner 1940 abgetrennt und den Diözesen Re gensburg, Passau, Linz und St. Pölten unter stellt wurden^^. Im Auftrage des Heiligen Apostolischen Stuhles übernahm der Bischof von Linz, Dr. Johannes Maria Gföllner, mit 1. Jänner 1940 die proviso rische kirchliche Verwaltung der Dekanate Ho henfurth, Oberplan, Kaplitz und Krummau mit 45 Pfarreien und 87.568 Katholiken^®. Von den 45 Pfarren waren 29 Weltpriester-Pfarren, 14 waren dem Zisterzienserstift Hohenfurth und 2 dem Prämonstratenser-Stift Schlägl inkorpo riert^®. Bis zum 31. Dezember 1939 hatte das Archipresbyteriat Böhm. Krummau mit den Vikariaten Hohenfurth, Kaplitz, Oberplan und Krummau bestanden, dessen Archipresbyter ' (Deutsches) Reichsgesetzblatt, Teil II, Nr. 49 vom 30. 11. 1938, S. 853—855. ® Ostmark-Jahrbuch 1939 (Karl-Ueberreuter-Verlag, Wien 1938), S. 108. ' Rudolf Gsdtöpf: Mein Weg mit der 45. Inf.-Div. (Linz, 1956), S. 33—35. ' Die deutschen Vertreibungsverluste (Hg. Statistisches Bundesamt Wiesbaden, 1958), Karte nach S. 364. ® Ostmark-Jahrbuch 1939, S. 108. ® Ernst Pohl: Orientierungs-Lexikon der Tschechoslowa kischen Republik, Reichenberg 1931, S. 297. ' Josef Ensthaler: Verzeichnis der Ortschaften und Ge meinden des Reichsgaues Oberdonau, Linz 1940, 5.16. ® Pohl, 5. 246. ® Ensthaler, S. 12. '® Vertreibungsverluste, S. 363. " DRGBl. Teil I, Nr. 70 vom 14. 4. 1939, S. 745. '® Verordnungsblatt für den Amtsbereich des Landes hauptmannes für den Gau Oberdonau, Jg. 1939, 19. Stück vom 25. 7. 1939, S. 50. '® Bischöfliches Konsistorium Budweis, ZI. 1239 vom 8. 2. 1940. " Linzer Diözesanblatt (abgek.: LDiözBl.), 86 Jg. (1940), Nr. 1, S. 9. '® LDiözBl. 1940, Nr. 1, S. 7. '® LDiözBl. 1940, Nr. 1, S. 7.

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