OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

Erdformationen landschaftsmorphologisch rekon struiert werden (siehe Zeittafel). Denn wie jede Geschichtsschreibung verlieren sich auch in der Landschaftsgeschichte mit zunehmender Vergan genheit die sicheren Anhaltspunkte, da die über lieferten Belege und Beweise nicht mehr eindeu tig zusammenfügbar sind, so daß zwar eine re lative Zeitbestimmung, aber keine absolute Da tierung ermöglicht wird. Landschaftsentwicklung ist Veränderung in der Zeit, wobei letztere am Ergebnis der einwirkenden Kräfte faßbar wird. Die landschaftsgeschichtliche Zeit ist gleichsam die Gegenwart der Erdgeschichte, denn im allge meinen sind nur die Landformen der jüngeren Erdneuzeit, des Jungtertiärs und Quartärs, da tierbar. Landschaften des Alttertiärs und des Erdmittelalters oder gar des Erdaltertums wur den bereits so stark abgetragen bzw. tektonisch verstellt, daß keine zusammenhängenden Flä chensysteme erkennbar sind. Für diese Gebiete vermag die Paläogeographie auf Grund der vor gefundenen Sedimente und Fossilien zwar eine großräumige Verteilung der Kontinente und Meere nachzuweisen, aber Einzelheiten der Land schaftsgestaltung nicht mehr zu ergründen. Die erfaßbare Zeit der Landschaftsentwicklung kann zumeist ab Landwerdung der jüngsten Geosynklinale nach Rückzug des Meeres veranschaulicht werden, wobei die Geologie und Paläontologie die Entstehung und Art der Sedimente erforscht. Im allgemeinen wird das Aufsteigen einer Land schaft infolge tektonischer Hebungen leichter darstellbar als deren Absenkung, insbesonders wenn diese mit einer Meeresüberflutung verbun den ist, da die Hebungsbeträge an den Land flächen wie an einem Pegel abgelesen werden können. Die jetzige Landschaftsfläche ist das erd geschichtliche Augenblicksbild der Hebungs- und Abtragungsvorgänge, das in Oberösterreich nicht nur auf exogene Einflüsse, sondern auch auf das Wirken starker tektonischer Kräfte hinweist. Im Höhenunterschied zwischen den gegenwärtigen Talauen und den hochgelegenen Verebnungsflächen, die bei Hebungsvorgängen stets älter als jene sind, ist die seit ihrer Anlage vergangene Zeit präsent, deren Dauer nur überschlägig ein geschätzt werden kann. Überhaupt ist derzeit noch die Genauigkeit der Altersbestimmung das größte Problem der Land schaftsforschung, denn einerseits kann man das stetige, langsame und in geologischen Dimen sionen sich vollziehende Entwickeln der Landschaftsgestaltrmg nicht mit einem fixen Zeitprmkt, sondern nur mit einem gewissen Zeitraum ver knüpfen, und anderseits fehlen für diesen Ab schnitt der Erdgeschichte bis jetzt noch absolute Datierungen. (Vielleicht eröffnen sich aus den Untersuchungen über den Paläomagnetismus der Erde hiefür neue Möglichkeiten). Denn mit der C^^-Methode vermag man nur etwa 30.000 Jahre zurückzublicken und die Altersbestimmun gen mit anderen Elementen bzw. Isotopen (Ka lium-Argon, Rubidium-Strontium, Uran-Blei) geben armähernd bloß die verflossene Zeit seit der Abkühlung verschiedener Minerale an und sind somit für die morphologische Forschung un geeignet. Somit kann die zeitliche Entstehung alter Land oberflächen nur mit vorhandenen Fossilien rmd Ablagerungen oder mit dem geologisch-tektonischen bzw. klimatischen Geschehen in Verbin dung gebracht werden. Weiters können auch Bodenuntersuchungen vor zügliche Hinweise für die Altersstellung von Ebenheiten geben, da die Bodenbildung von den gleichen Faktoren wie die Landschaftsentwick lung, d.h. vom Ausgangssubstrat, von der Ver witterung und von der Zeit abhängig ist. Boden kundliche Studien, insbesonders Untersuchungen über die Mikromorphologie ermöglichen aus der Tonbildung und Tonwanderung Rückschlüsse auf das Alter der Böden zu ziehen und dadurch eine relative Einstufung der Flächensysteme her zustellen. Daher wird es öfters notwendig, bei den Beschreibungen der Landschaftsräume auf die vorhandenen Bodenbildungen hinzuweisen, um die morphologische Altersstellung aufzuzei gen. Ältere Verebnungen weisen intensivere Bo denbildungen, stärkere Entkalkung und Verlehmung als jüngere auf, und dies kaim auch analy tisch festgestellt werden. Am besten und sehr eindrucksvoll enthüllen mikromorphologische Untersuchungen durch die Anzahl, Farbe und Doppelbrechung der kolloidalen Toneisenhydroxyde das Alter der Böden, wodurch eine alters mäßige Einordnung von nicht erodierten Flächen ermöglicht wird.

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