OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

der Gewässer. Sogar die Überschiebungen der verschiedenen Meeresablagerungen, wie dies bei der Tektonik des Deckenbaues vorkommt, sind oft noch als Stirnfronten der Kalkalpen sichtbar. In der jüngeren Kreidezeit und im älteren Ter tiär (Erdneuzeit), vor ungefähr 70 Mill. Jahren, wurde der geosynklinale Senkungsraum weiter gegen Norden verlegt und in ihm das abgetra gene Material des damalig bestehenden Alpen gebirges eingebracht. Auch in diesem Meeres trog, der mit unterschiedlichen Ablagerungen (Gerolle, Sand, Kalke und Tone) erfüllt war, vollzogen sich gewaltige Auffaltungen und Dekkenüberschiebungen bis endlich auch die „Flyschzone" als Festland aufstieg. So entstand ein schmaler, den Kalkalpen vorge lagerter und mit diesem tektonisch verbundener Saum aus Sand- und Tongestein, deren Schich ten oft steil aufgestellt gegen Süden einfallen (siehe Steinbruch „Hatschek" bei Gmunden). Da die Flyschgesteine bei der Verwitterung wenig widerstandsfähig und leicht abtragbar sind, ist diese Zone ein stark gegliedertes, sanftes Mit telgebirge, so daß ein großer landschaftlicher Gegensatz zum kalkalpinen Hochgebirge besteht. Letzteres hebt sich mit hohen senkrechten Fels wänden (z. B. Kremsmauer) über das Flyschgebiet heraus, wodurch die geologische Grenze zwi schen beiden Gebirgsteilen zumeist sehr gut sichtbar wird. c) Das Alpenvorland Zwischen dem kristallinen Grundgebirge der Böhmischen Masse im Norden und dem alpinen Hochgebirge bzw. der Flyschzone im Süden er streckt sich in Oberösterreich eine Hügelland schaft, die erst in der Erdneuzeit Festland wurde. Denn die ehemalige Geosynklinale wandert im jüngeren Tertiär, Qligozän-Miozän, weiter ge gen Norden, wobei der Südrand der Böhmischen Masse abgesenkt und stellenweise abgebrochen wurde. In diesem Meerestrog lagerten sich die Sedimente sowohl der Alpen als auch des kristallinen Grundgebirges ab; demnach ist im Norden, am Rande des alten Massivs, zumeist grobkörniger Sand (Linzer Sand) und im Innerern des Ter tiärbeckens feinkörniges Material (Schlier) vor handen. Diese Sedimente wurden bisher noch von keiner Gebirgsbildimg erfaßt, so daß sie nicht gefaltet und noch in ursprünglicher paralle ler Schichtung vorliegen. Im weiteren Verlauf der Erdgeschichte vollzog sich infolge Landhebung der Rückzug des Welt meeres, wodurch das oö. Meeresbecken zuerst ein Süßwassersee und später Festland wurde. Aus dieser Meeresregression entwickelte sich das Entwässerungsnetz der Donau und ihrer Neben flüsse, das sich nach und nach infolge weiterer Landhebung in die Formationen eintiefte. Dieser erdgeschichtlich erst zuletzt entstandene Landschaftsraum, der von weichen, unverfestigten und rasch verwitternden Ablagerungen (Mo lasse) erfüllt ist, hat sich zu einem flachen Hügel land entwickelt, da das Lockermaterial leicht ab zutragen und umzulagern war. Somit wurde die Entstehung von Steilwänden verhindert und es wurden breite Talauen ange legt, in denen sich die Gewässer dahinschlängeln und in unzähligen Armen verzweigen. Entlang der größeren Flüsse sind weite Verebnungen aufgeschüttet, die das Zusammenwirken tektonischer und klimatischer Zyklen aufzeigen. Denn die jüngste Landschaftsformung Oberösterreichs verursachte das Eiszeitalter, als infolge Hochwöl bens der Gebirge sich die Klimabedingungen stark veränderten und in Verbindung mit ande ren Faktoren eine Vergletscherung bedingten. Große Eismassen bedeckten die Alpen, und de ren Gletscherzungen rückten bis in das Vorland. Sie schürften die Täler, sowie zahlreiche Glet scherseen aus und ließen das Geschiebe als Mo ränen zurück. Die alljährlichen Schmelzwässer verfrachteten teilweise die von den Gletschern abgetragenen Steine und die vom Eis zerriebe nen Feinstteilchen, wodurch breite Schotterfluren abgelagert wurden und zahlreiche Flußverlegun gen stattfanden. So zeigt die Landschaft das Schicksal unserer Erde, sie ist das geschaffene Abbild aller Ge schehnisse. Auf dieser dünnen Kruste widerspie gelt sich eine lange, jahrmillionenwährende Ver gangenheit, sie wird geprägt von einer ewigen Gegenwart und sie verändert sich in ferner und fernster Zukimft.

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