wie das Ihrige nächstens müssen fahren lassen. Denn es soll mein Herz hienieden nichts haben als: Täuschung, Jammer, Elend und endlich spät den ersehnten, willkom menen Tod." Daß er auch anders konnte, zeigt der plötzliche Umschlag in diesem Briefkonzept von einer Dich tung nach Art seiner Phantasien und völlig un angebrachter kapriziöser Feuilletonstilübung zu einfacher Menschlichkeit, Dank für ihre schönen Gefühlsäußerungen, menschlich liebende Sehn sucht nach ihr; zum Schluß freilich wieder der frühere Ton. Der Briefwechsel mit der Tochter seiner Jugendliebe — Stelzhamer nennt ihn spä ter „Aktenstücke zu einem streitigen Liebeshan del" — ist voll von Eifersüchteleien und gegen seitigen Beschuldigungen mangelnder Zuneigung. So lesen wir z. B. in einem Briefkonzept Stelzhamers: „... So aber sind wir quitt: ich nahm Deine dargebotene, hingebende, opferreiche Liebe an und erwiderte sie mit gleicher Hingabe und Opferung: Verließ Ischl, hing alle Arbeit an den Nagel, steckte mich in Schulden, schlief auf nacktem, hartem Wirtshausgerät und loschierte mich katzenreinliches Geschöpf hart neben Wust und Un rat ..." Der Briefwechsel treibt sie schließlich um Weih nachten in eine ernstliche Erkrankung psychi scher Natur, die den Bruder Herminens nötigt, an Stelzhamer zu schreiben, er möge sie doch mehr schonen. In Salzburg hatte er ein Geschäft mit Buchhänd ler Duile im Auge. Nach Linz war er gegangen, um am 6. November der Aufführung seines Stückes „Die Ehre des Regiments" (dessen mora lischer Stoff schon in seinem Volksschullesebuch enthalten war) beizuwohnen. Gedanken an eine Bühnentätigkeit scheinen ihm auch weiterhin nahe zu liegen, da er im nächsten Jahr dem befreundeten Direktor des Theaters an der Wien, Pokorny, das Anerbieten auf Abfassung einer Komödie macht, worauf er gleich wieder einen Vorschuß nimmt. Außerdem knüpft er dort mit dem neu gegründeten „Linzer Abendboten" und dessen Redakteur Höller Beziehungen an, für den er in der Folge auch mehrere Beiträge liefert. Auch die Hofstädtersche Erbschaftsangelegenheit war wieder aufgetaucht. Am Jahresanfang 1857 kehrt er nach Salzburg zurück. Das Verhältnis zu Hermine entwickelt sich gegen Mitte des Jahres nach der Seite hin. daß sie ein Kind von ihm erwartet. Sie drängt ihn inständig, daß er von ihren Eltern demütig Verzeihung und Wiedereintritt in ihr Haus er bitte, damit sie doch einen Trost in ihrer schreck lichen Lage habe. Doch er entschließt sich unter zwei erhaltenen Konzepten vom 27. und 29. Juli nicht zur Absendung jenes, in dem er, ohnehin noch sehr gemessenen Tones, für ihre gütige Nachsicht gegenüber dem „sonst guten Kinde" dankt und das den Passus enthält: „Was endlich mich betrifft, so weiß ich wohl nicht, wie viel ich werde tun können, daß ich aber tun werde, so viel ich kann, das weiß ich." Er sendet viel mehr jenes ab (die folgenden jammernden Briefe Herminens bezeugen es), in dem er Anspielun gen auf die geringe Achtsamkeit der Eltern auf ihr Kind macht und in dem er schreibt: „. . . daß es mir nicht einfällt, mich in ihrer gegenwärti gen fatalen Lage schlau zurückzuziehen oder gar schelmenhaft mich aus der Schlinge winden zu wollen, den noch bleibt vor der förmlichen Paternitätserklärung und darauf bezüglichen Pflichtenübernahme noch soviel zu erörtern und festzustellen, daß ich es teils der Weit läufigkeit, teils der Wichtigkeit wegen dem Papier nicht anvertrauen will." Endlich scheint er, vor oder nach der Entbindung Herminens, doch Zutritt ins Haus erlangt zu haben, denn der Briefwechsel hört nach noch einigen schmerzlichen Ergießungen Herminens über ihre entsetzliche Lage auf. Ende des Jah res nimmt Hermine eine Stellung als Kinder mädchen bei einer Herrschaft in der Steiermark an. Der letzte vorhandene Brief datiert vom 20. Jänner 1858. Dann hören wir keine Silbe mehr, weder von ihr noch von dem Kinde, das vielleicht tot zur Welt gekommen war oder nicht lange am Leben blieb'®. Weit weniger als bei dem langwierigen Kampf mit Betty darf man bei diesem kurzen Erlebnis annehmen, daß es ihn im Innersten aufgewühlt hätte und daß von seiner Seite wahre Liebes empfindung mit im Spiele gewesen wäre. Das Schmeichelhafte der Hingabe Herminens, die sinnliche Seite als rein physisches Bedürfnis nach Fortsetzung des Ehelebens (er selbst vermißt an Hermine, richtiger gesagt aber wohl an dem ganDazu bemerkt Hans Commenda: „Franz Stelzhamer — Leben und Werk", Linz 1953, S. 250: „Am 15.9.1857 brachte Hermine — laut Eintragung im Totenbuche der Dompfarre Salzburg — ein totes Kind zur Welt."
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