OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

So wurde das Buch schließlich doch aiigenommen und kam 1855 heraus, aber nicht allein, sondern umrahmt von Liedern in obderennsscher Volks mundart und von der „Ahnl", ohne die man den hochdeutschen Stelzhamer nun einmal nicht ha ben wollte. Über ein in seiner Heimat verbreitetes Gerücht, er sei in München gestorben, schreibt er an Betty am 7. Dezember 1854: „Jawohl ist der Franz von Piesenham, den das Vater land kennt und liebt, jawohl ist derselbe Franz gestorben und sie mögen ihm heute oder morgen in Großpiesenham ein kleines Monument setzen, aber mit Gottes Hilfe und Beistand wird dessen Zwillingsbruder ins Leben treten und im großen deutschen Vaterlande dieselbe Rolle ein nehmen, die der Piesenhamer im kleinen Österreich ein genommen hat." In München hatte sich inzwischen für seine Frau die Lage gefährlich gestaltet. Es drohte die ge richtliche Exekution auf Betreiben eines Gläubi gers. Stelzhamer, nicht in der Lage, diese zu ver hindern, rät ihr, seine Schriften zu beseitigen und selbst nach Stuttgart nachzukommen. Hier ließe sich von dem Cottaschen Honorar von 550 Gulden nun wieder eine Weile leben. Stelz hamer will die errungene Position ausbauen. Aber bald entwickeln sich im Hotel Marquardt in Stuttgart die Dinge genau so wie im Matschakerhof in Wien. Er schickt nun doch seine Frau nach Ried, um den dortigen Haushalt wie der einzurichten. „Schon am Abend nach Deiner Abreise finde ich auf dem Tisch meine Gesamtrechnung von 354 fl und einen Brief von Marquardt, mit der noch ganz artigen Bitte, die Rechnung anzuerkennen und ihm gefälligst, damit das Konto nicht noch wachse, das Zimmer zur Verfügung zu stellen... Am nächsten Tage schrieb ich ihm: die Rechnung wird anerkannt und das Zimmer steht ihm vom Montag an zur Verfügung." (Brief an Betty, Ende März 1855.) Stelzhamer zieht noch in ein Privatlogis, um das Ergebnis eines kleinen Geschäftes abzuwarten und damit Reisegeld zu bekommen und verläßt Ende Mai Stuttgart, um über München und Salz burg nach Ried zurückzukehren. Nach dieser letzten literarischen Erfahrung — der erwartete Sturm war ausgeblieben, und Cotta hatte sein Verlagswerk nicht einmal in seinen eigenen Zei tungen angekündigt — hat Stelzhamer nun wie der nicht genau feststellbare Pläne auf ein „ge meinnütziges praktisches Schaffen ... und zwar in Österreich" (Brief an Betty am 1. Mai 1855). Die Übersendung der Cotta-Ausgabe an den Kaiser hätte die Möglichkeit einer solchen wohl anbahnen sollen, der Ertrag war nicht ein vom Kaiser erhoffter Ehrensold, sondern die „Gol dene Medaille für Kunst und Wissenschaft" mit kaiserlichem Entschluß, „de dato Ischl 29. Sep tember 1855". Betty hatte nach ihrer Rückkehr von Stuttgart in Ried traurige Verhältnisse vorgefunden. We gen des seit Jahren rückständigen Wohnungs zinses hatte der Hausherr die Wohnung weiter vermietet und einen Teil des Hausrates versetzt. Sie jedoch war völlig mittellos angekommen und wieder einmal auf die Mildtätigkeit von Freun den und Verwandten angewiesen. Ihrem unter dessen gleichfalls ohne finanziellen Rückhalt nach Salzburg zurückgekehrten Gatten schreibt sie in bündigen Worten über ihre verzweifelte Lage. Stelzhamer jedoch wirft ihr ihre Mitschuld an der Lage und, Gerüchten folgend, sogar eheliche Untreue vor, letzteres diesmal wohl nicht ohne Grund. Er eilt nach Ried, wo Betty unterdessen versucht, mit den Resten der verstreuten Möbel eine bescheidene Wohnung einzurichten und ihre Näherei wieder aufzunehmen. Es kommt zu hef tigen Auseinandersetzungen, die sogar die Nach barn alarmieren. Betty ist die neuerlich zur Ver söhnung Bereite. An ihren Mann nach Ischl ge richtete Briefe von Anfang Oktober sprechen deutlich und erschütternd ihr Schuldgefühl und ihre Reue aus. „Aber ich war immer so verlassen und vernachlässigt, wie ich mich jetzt mitten unter Leuten, die mir alles Liebe tun und tun möchten, verlassen fühle, doch sei versichert, daß ich in dieser Verlassenheit mich Deiner nicht unwürdig beweisen werden." Ein weiteres Beisammensein beider schien bei der aufrichtigen Reue Bettys möglich. Aber wie sie von da ab seelisch zerbrochen war, so hatte sie auch schon den Keim der Todeskrankheit in sich. Von einer Art Cholera, an der sie in Mün chen litt, hatte sie sich nie mehr völlig erholt. Sie starb im darauffolgenden Jahr am 16. März in Salzburg infolge Verblutung, 38 Jahre alt. In den zwei Gedichten „Meditationen am Grabe meines Weihes" von 1856 weiß Stelzhamer ihr nichts mehr vorzuwerfen, als daß er nie während

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