OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

III. August, September, Oktober — Abscheu: „Der radi kale Held", „Der Held und Hecker", „Die neuen Apostel", „Wien und Windisdigrätz", „Des Helden Klage", „Die Aula", „Heerpredigt", „Der Dinge Wedisel", „Radikale Philosophie", „Die Wiener Amazonen", „Das ominöse Wir", „Kossuth". IV. 1849: „Der Reaktionär", „Lob der alten Zeiten", „Der gesprengte Reichstag", „Weiden und die Reaktion", „Deutsche Einheit", „Schlußreim". Von der politischen Erweckung Stelzhamers re sultiert schließlich eine deutschpatriotische, ty pisch liberale Gesinnung, die in den fünfziger Jahren in mehreren politischen Aufsätzen und Gedichten ihren Niederschlag fand. Eine gewisse antiklerikale Haltung ist fortan nicht zu leugnen. Die Erlebnisse des Jahres 1848 und danach hat er in einem Buch „Der Nase nach" niederlegen wollen; der handschriftliche Entwurf ist jedoch über die Einleitung und das erste Kapitel hinaus nicht gediehen. Im Mai 1848 machte er eine wieder dringend notwendig gewordene Vorlesungs- und Ge schäftsreise nach Schärding, Passau und ins an grenzende Bayrische, im August eine weitere nach Linz und dessen Umgebung. Dabei wurde auch das Verhältnis zu Adalbert Stifter wieder aufgefrischt, und auch Betty hat damals bei einem Besuch in Linz die „Stifterischen" kennen gelernt. Gewöhnlich liest er in einem größeren oder kleineren Ort mit oder ohne Arrangements seine Mundartgedichte, jetzt besonders die poli tischen, vor und sucht dann die Flugblätter unter den Anwesenden abzusetzen oder Pränumeran ten zu bekommen. Oder er wird, von einem zum andern empfohlen, bei der Geistlichkeit, Beam tenschaft oder sonstigen Intelligenz der ober österreichischen Dörfer vorstellig und macht oft tagelange Fußmärsche, um nur einen noch in Betracht Kommenden aufzusuchen. Den Zeit verhältnissen, in denen alles Interesse durch Politik in Anspruch genommen war, gibt er in seinen Briefen die Schuld am schlechten Ge schäftsgang: „Diese verzweifelte Zeit, in der alles steht und stockt.. Zwei Problemkreise füllen Stelzhamers Leben dieser Jahre tatsächlich aus: der Kampf mit der materiellen Not und das Problem des Verhält nisses zwischen Mann und Frau in der Ehe. So erklärt sich auch, warum er in dieser Periode, in der man von ihm nach langen und harten Lehr jahren eine große innere Besinnung, ein Resümee über sein Leben und dessen künstlerische Aus wertung erwarten zu dürfen meint, nicht zu einem kontinuierlichen poetischen Schaffen ge kommen ist. Die allererste Zeit in Ried waren die Ansätze gegeben, aber die schreienden Be dürfnisse des Tages störten ihn wieder auf. Die Not war ihm freilich kein neues Erlebnis mehr, sondern vertrautes, mit Resignation und Hoff nung auf endliche Änderung ertragenes Element. „Nur diese Fassung und Resignation läßt es zu, daß ich sogar (!) Stunden der Poesie feiere." Erst in den sechziger Jahren konnte er mit ihr abschließen, auch künstlerisch: in dem Mundart märchen „Königin Noth". Den Winter 1848/49 verbringt er in Ried. Im April geht er wieder auf Reisen. Am 27. Mai 1849 berichtet er von Linz aus seiner Frau von einem auch bereits in Gang gesetzten Plan, „der mich vielleicht sogar mit der neuen Zeit in ge wünschten Zusammenhang bringt". Dieser Plan war vielleicht von Stifter angeregt, der gerade um diese Zeit mit dem Ministerium für Unter richt in Verbindung trat. Stelzhamer bietet sich an, eines der notwendig gewordenen Lesebücher zu schreiben und denkt dabei zunächst an ein Gymnasiallesebuch. Als dieses vergeben ist, bie tet er sich zur Abfassung eines Dorfschullese buches an. Seine Sache wurde vom oberöster reichischen Landespräsidium an das Unterrichts ministerium weiter empfahlen. Der Amtsweg war langwierig, die Wartezeit verbringt er mit Pränumerationsreisen von Linz aus. „Meine ministerielle Sache scheint ein Strudelteig zu werden, und ich verdanke dies nebst mehreren Ministerial-Böhmen wahrscheinlich auch meinem Freund Stif ter, der sich in engster Nähe um den eitlen Landeschef herumdrückt, der mir schwach genug scheint, allen seinen Einflüsterungen Gehör zu schenken. Ich war erst vor ein paar Tagen wieder bei dem Landeschef, der immer voll Freundlichkeit mir die Hand reicht, den Bart strei chelt, mich unseren Ofterdingen und Barden neimt, aber — und das scheint, ja ist Stifters Werk — nicht sonder lich viel von meinem Beruf und Eifer für strenge Arbeit, wie die Zusammentragung eines solchen Schullesebuches ist, hält. Er läßt sogar durchblicken, daß ich für solche Arbeit zu gut sei, kümmert sich aber nicht, wovon ich mich samt Euch fortbringe. . ." (Brief an Betty vom 13. Oktober 1849.)

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2