OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

dauernd von übler Gemütsstimmung, er glaubt die wohl durch den zwiespältigen Briefwechsel verlorene Ruhe nicht eher wiederzufinden, als bis er bei ihr ist. Am 28. Mai 1843 trifft er wieder in Wien ein, wo er die Vorlesungstätigkeit, die Mitarbeit an Almanachen und die Verlagsgeschäfte fortsetzt. Schon im August tritt er eine neue Reise an. In Linz liest er vor dem König von Preußen und der Erzherzogin Sophie; weitere Vorlesungen folgen in St. Florian, Enns, Steyr, Gmunden, Ischl und sdiließlich Graz. Oberösterreich wird auch im nächsten Sommer aufgesucht; so etwa Ischl am 31. Juli 1844, wo er vor Mitgliedern des Kaiserhauses liest. Von da reist er im Oktober über Passau nach Regensburg, wo er mit dem Verleger G. J. Manz den Vertrag über Heraus gabe seiner Prosaschriften abschließt, der aller dings lieber Mundartgedichte von ihm genom men hätte. Auf dieser Reise — sicher nach Re gensburg — scheint ihn Betty begleitet zu haben; Briefe an sie aus dieser Zeit liegen nicht vor. Auch über besondere Schicksale ist nichts zu er fahren. Die erste Hälfte des Jahres 1845 ver bringt er wieder in Wien. Ried, München, Stuttgart: 1845—1855 Die errungene literarische Stellung, die gelegent liche Mitarbeit an Journalen, weitere Vortrags tätigkeit und nicht zuletzt die Geschäftsverbin dung mit Manz, den er zu einem ständigen Ver leger zu gewinnen hoffte, scheinen Stelzhamer nunmehr doch eine genügend tragfähige Grund lage zur Gründung eines eigenen Hausstandes ergeben zu können. Zwar dauert der gleich an fangs zutage getretene problematische Stand des Verhältnisses zu Betty fort — vom 4. Mai 1845 datieren einige Aphorismen über unglückliche Ehen! —, doch das Verhältnis war immer enger und unauflöslicher geworden. Es sieht sich schließlich ganz wie eine Ehe an und wird auch auf den Reisen, wo er sie mitnimmt, als solche ausgegeben. Zu dem Schritt der Eheschließung, die am 4. Au gust 1845 in Linz erfolgt, wird er endlich doch nur dadurch gedrängt, daß Betty ein Kind er wartet. Nach einigem Schwanken beschließt er anfang Oktober, sich in Ried, dem seinem Ge burtsort am nächsten gelegenen Städtchen im InnvierteP, niederzulassen. Mit dieser Wahl bleibt er mitten im Geist der Heimat, von dem er sich für seine mundartlichen Schriften die beste Befruchtung erhofft. Es sagt damit bewußt dem Wanderleben sowohl wie der Großstadt ab und denkt, in ländlicher Ruhe seine Bücher zu schreiben. Denn die Ruhe sucht der nun auch häufigen Unpäßlichkeiten ausgesetzte Mann. Er „spürt plötzlich Anlage zu nicht ge wöhnlicher Marktklugheit", mit deren Hilfe er mit seinen literarischen Pfund wirtschaften will. In Ried scheint er sich anfangs sehr wohl zu fühlen. Ein paar Briefe an seinen Linzer Freund Schaller sprechen davon. Er denkt auch an die Erwerbung eines „grün und laubig umfriedeten Eigentümchens" und an eine Idylle, in die er sich mit seiner Frau und dem im November 1845 geborenen Kind, seinem Linchen, einspinnen will. Aber „Freund, Freund", schreibt er an Schaller, „mit dem Einrichten gehen mir meine Hunderter dahin!" Mit der Arbeit macht er einen guten Anfang, denn hier, noch im Jahre 1845 wird sein mund artliches Hauptwerk „D' Ahnl" begonnen. Geht auch die Arbeit wegen häuslicher Störun gen und zu anderer Tätigkeit drängender Not nur mit großen Unterbrechungen zu Ende, so steht das Werk doch schließlich wie aus einem Guß da. Es hatte den in der Vorrede hiezu auch ausgesprochenen Zweck, gegenüber der senti mentalen und gegenüber der vergröbernden Auf fassung des Bauerntumes dieses zu zeigen, wie es tatsächlich ist. — Auch von einem „Christus"- Plan und Bibelstudien hiefür hören wir aus die ser Zeit. Den Winter verbringt er in Ried, wo er sich einigermaßen wohlfühlt. Dies verrät ein Brief an Schaller vom 12. Dezember 1845: „Ich lebe in Ried ein dummes, seliges Leben, vorzüglich abends, wenn ich im lustigen Ring wahrhaft fideler Leute (Luber®, der mich fast anbetet, an der Spitze) bei goldklarem Biere vergesse . .. ^ Damals war Ried i. 1. ein Markt und noch nicht zur Stadt erhoben. ° Ludwig Luber, der in der Rieder Lokalgeschichte als literarisches Ferment mehrfach bezeugt ist, hat sich 1849 selber als Verfasser eines Mundartbändchens her vorgetan.

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