OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

hamers dazu, wie es sich in einigen Taschenkalendernotizen vom folgenden Tag, dem 23. April, zeigt, ist wiederum äußerst bezeich nend: „Was sie immer auch tun mag, und wo immer sie dir auch zu Gesicht kommt, überlasse ich es deinem eigenen Geist, welche Unart du ihr wolltest antun. Begegnet sie dir und mir nirgend und nimmer im Leben, dann Freund, habe Ehrfurcht und stilles Mitleid für sie, denn sie war dann nicht nur meiner, sondern der Liebe des Besten wert trotz ihrer Fehler und Mängel... 14 Tage lang wird die Totenliste das von mir gesuchteste Zeitungs blatt sein." Er will es also darauf ankommen lassen, um Beweise zu bekommen, ob sie ihn wahrhaft liebt oder nicht. Seine ohne Zweifel schwer beleidigte Subjektivität will sich rächen, wenn er sie im folgenden ein „Weib voll Lüge, Geilheit und Diebsgelüsten" nennt. Freilich auch wieder: „Ob ich etwa nicht doch ein wenig zu rasch und streng gewesen bin gestern abend? Oder was machte mir denn gleich darauf und noch heute das Herz so beklommen und ängstlich?" Ferner: „Ich habe einen Menschen als Hund behandelt und fürchte, daß sich dafür die Menschheit an mir rächt." Es ging ohne die Todesprobe ab; Betty fleht in einem Billet vom 28. April, ihr ein Zusammen treffen zu gewähren. Das Verhältnis wird bald noch enger geknüpft, jedenfalls hat Stelzhamer Unterhaltsverpflichtung gefühlt und so weit als möglich eingehalten. Nach dem Erfolge zweier Vorlesungen seiner Mundartdichtungen, die er im August im Som mertheater in Meidling und in Baden hält, wird ein schon lang gehegter Plan einer großen Vor tragstournee in ihm reif. Die feuilletonistische Tätigkeit genügt ihm auf die Dauer weder ma teriell noch innerlich. Mit dieser Kunstfahrt wollte er wohl auch irgendwie in bezug auf Betty die Luft reinigen. Der ziemlich eng geführte Briefwechsel auf die ser Reise läßt es dazu nicht kommen. Im Gegen teil, er zeigt Stelzhamer zum ersten Male von einer seelisch angekränkelten Seite, in der Art, wie er sie mit Eifersüchteleien verfolgt, wie er an ihren naturwüchsigen Briefen peinliche Silbenstecherei übt, wie er ihr geradezu heimlich Proben stellt, die beide Teile peinigen. So bietet dieser Briefwechsel mit seinem bei Stelzhamers wechselnden Aufenthaltsort und zunehmender Entfernung unvermeidliche Verspätungen und Nachhinken oft ein recht unerquickliches Bild. Es kommt oft ausschließlich auf die Stimmung an, in der Stelzhamer einen Brief von der durch aus ausdrucksgewandten, wenn auch in den Ver sicherungen ihrer Liebe und Treue etwas stereo typ schreibenden Betty empfängt, ob er durch denselben beruhigt und getröstet oder in neue Zweifel gestürzt wird. Merkwürdig ist doch die Kühle, mit der Stelzhamer den Mitteilungen von ernsten Krankheitsanfällen Bettys gegenüber steht. Um so mehr berichtet er von eigenen Ge mütsverstimmungen und Unpäßlichkeiten. Durch all dieses wird der Zweck und die Wirkung die ser Kunstfahrt, die mit dem Impuls einer Welt eroberung begonnen, stark abgeschwächt. Sie wurde am 9. September 1842 angetreten und führte über Melk und Enns zum Teil zu Fuß nach Linz, wo er die ersten Vorlesungen hält, nach Wels, Kremsmünster, Kirchdorf, Gmunden, Lambach, Ischl, Ried, Vöcklabruck, Salzburg, wo er gegen Ende des Jahres eintrifft und mehrere Wochen verbleibt. Der Erfolg ist groß, und die Einnahmen betragen schon in Kirchdorf 411 Gul den. Sie gehen freilich zum größten Teil auf seine Bedürfnisse auf. Von Salzburg aus erwartet er die „Erfüllung seiner fast übergroßen Hoffnung" und den Wiedergewinn „der verlorenen Ruhe seines Herzens" von München, wo er über Mondsee, Mattighofen, Braunau, in den genann ten Orten überall Vorlesungen haltend, am 23. März 1843 anlangt. Dort findet er die beste Aufnahme, erhält eine Einladung zum Herzog Maximilian, von dem er nach Vorlesung seiner Volksdichtungen angesichts der ganzen Hof gesellschaft wie ein Freund behandelt wird und nachher eine auszeichnende Medaille empfängt. Er hält noch im April und Mai eine Privatvor lesung vor der Münchner Künstlergesellschaft und zwei öffentliche im Odeon, alle mit bestem Erfolg. Graf Pocci schickt an den „verehrten Freund von Piesenham" ein Album für seine Frau zur ersten Eintragung. Stelzhamer schreibt an Betty: „Der stille, zurückgezogene Franz ist ein Mann der geräuschvollen Öffentlichkeit ge worden und gehört tage-, ja wochenlang mehr anderen als sich selbst." Trotz allem ist er an-

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