OÖ. Heimatblätter 1974, 28. Jahrgang, Heft 1/2

der gleichwohl unter sich eine förmliche Hier archie einhielt von den Anfängern über die noch nicht und schon Gedruckten^ bis hinauf zu denen, die gar schon ein Büchlein ediert hatten. Indem er so von einem zum andern empfohlen worden war, geriet er mitten in die Journalliteratur und ihr Getriebe hinein. Er sah hier einen Lebensweg und wollte ihn gehen, trotz aller anfänglichen „Miserabilität". Er lernte hier einen neuen Ton in der Literatur kennen, den „Modernen", den auf das Aktuelle gestellten, den Journalistischen, und entfernte sich zunehmend von den bisheri gen allgemein menschlichen Grundlagen seiner Kunstübungen, befreit sich freilich auch jetzt erst von den letzten Resten des Schulschmacks in seinen Gedichten. An den Redakteur Friedrich Witthauer, damals Herausgeber der „Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode", übersendet er 1829 einige Proben: „Ich kann dem Verlangen nicht länger widerstehen, midi endlich meinen lieben Mitmenschen als das, wofür mich eine kleine Genossenschaft nimmt und ich mich selbst zu halten angefangen habe, nämlich als Poet zu zeigen." Immer deutlicher möchte er im Künstlertum sei nen Beruf sehen, und der Gedanke, in der Schriftstellerei sein Brot zu verdienen, der ihm während seiner Studentenzeit wohl kaum nahe gekommen war, gewinnt Herrschaft über ihn. Damit tritt ein neues Problem auf, das der Durchsetzung seiner künstlerischen Individuali tät, mochte sie auch an allen Stellen nicht gleich stark sein, gegenüber der Welt. Zwischen Ostertag und dem anspruchsvoll auf tretenden Hauslehrer war es bald zu unpassen den Auseinandersetzungen gekommen. Nach einem Jahr, im Oktober 1829, verläßt er die Stelle. Er findet einen anderen Hauslehrerposten in Bielitz (Schlesien) bei dem dortigen Postmei ster Johann Dietzius, hält sich aber dort noch weniger lange. Anton Matosch^ verlegt vor Bie litz noch eine Reise in die Heimat zu Antonie. Als Beleg dafür habe ich einzig das Gedicht „Wehmut heim Scheiden" vom 10. Oktober 1829 ausfindig machen können, das mit seinen tiefen Gefühls- und ernsthaften Treueversicherungen wirklich nur auf Antonie bezogen werden kann. In Bielitz hatte er sich unter Leitung der Maler Auer imd Waniczek (von denen der erstere viel leicht identisch ist mit einem Alois Auer von der poetischen Freundschaft im Salzburger Gymna sium, der ihn wohl auch nach Bielitz empfohlen hatte) der lang vergessenen Malkunst wieder angenähert. Am 4. April verläßt er Bielitz wie der; in einer Tagebuchepistel von der Rückreise hören wir: Unter seiner (Auers) Anleitung wäre ich richtig ein Zeich ner geworden. Zwar habe ich in Wien in der Akademie noch mehr Gelegenheit. Was wird deim doch am Ende aus mir werden. Ich kann es noch zum Porträtmaler bringen, aber wo bleibt darm der Schauspieler, ich kaim es auch zum Beamten bringen, wo bleiben dann die Beiden. Ich kann auch noch jetzt Professor werden, ach wo bleiben dann die Drei! ... Unglückselige Verzweigung des Talentes ... Ich kaim zu keiner Wahl, kann zu kei nem Ende kommen... ich möchte zusammenhängen und zerstreue mich. Ich möchte mich zerstreuen und hänge zusammen." Auf der Rückreise und an den ersten Tagen in Wien hat er ein galantes Abenteuer mit einer Reisegefährtin, die ihren kranken Bruder in Wien besuchen will. „Die liebende Schwester traf den teuren Bruder lücht mehr, vor einigen Tagen starb er elend dahin. Unglück liche! Statt den Bruder zu finden, verlorst du auch deine Unschuld! Statt frohem Herzen und freudiger Nachricht bringst du Tod und Reue ins Vaterhaus. Den Tod klagst du an und mich, aber der Tod und ich sind nur Gottes Fügungen, Vollstrecker seines unerferschlichen Willens." Hier erblicken wir den Gipfelpunkt eines der Realität gegenüber sich verantwortungsfrei füh lenden Subjektivismus. Stelzhamer geht von die sem Erlebnis weg zu seiner Netty, oder eigent lich, da er dort nicht recht vorkommen karm, ins Wirtshaus und ergötzt sich dort an einer Schenkenschönheit. Fast jede dieser Tagebuch episteln schließt aber mit dem Ausruf der reinen Liebessehnsucht: „O Antonie, o Tora!". Nach Bielitz hatte er noch Briefe von Antonie bekom men, worüber er in seinem Tagebuch vermerkt: „Ich hätte nicht zu sorgen, sagt sie, mein Lämmlein kommt nicht zum Oberförster. Aber sonst ist das ganze Schreiben — Ausbruch von Mißmut. Mein ungeregeltes Treiben verdrießt sie, und sie philosophiert vielleicht lieblos, aber recht vernünftig. Kann ihrs nicht verdenken, aber ich kann nicht anders." 1830 ist das Gefürchtete eingetreten, sie verhei ratet sich wirklich zum zweiten Male, und zwar mit Josef Tremml, dem Chorregenten und Orga nisten zu St. Peter in Salzburg. Von 1831 datieren ® Vgl. a. a. O., S. 320.

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