OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

imd Steyrermühl wurden ausgebaut und moder nisiert. Die Nettingsdorfer Fabrik der Firma Roemer erreichte dadurch einen Produktionszuwachs um das Doppelte. Die Steyrermühl Papierfabrik war Ende der siebziger Jahre rationalisiert wor den, das Reinerträgnis stieg von 1875 bis 1880 von 140.878 Gulden auf 294.387 Gulden. Neben den Investitionen in den Anlagen wurde auch eine Umstellung in den Produktionsmethoden notwendig. Im Jahre 1881 konnte die Steyrer mühl Papierfabrik auf Grund eines Vertrages mit Dr. Alexander Mitscherlich zur ersten Zellulose fabrik Österreichs ausgebaut werden^"^. Auch das Nettingsdorfer Unternehmen führte die Zel luloseerzeugung 1882 nach Fertigstellung einer Sulfitzelluloseanlage ein^"®. Im Jahre 1890 er warb Emil Hamburger die Papiermühle in Pettighofen. Bald darauf errichtete er in Penzing eine Sulfitzellulosefabrik^®^. Anteil der oberösterreichischen Papierindustrie an Zisleithanien (in ®/o) 1880 1895 Betriebe 10,0 4,5 Beschäftigte 6,9 6,1 Wert in fl 8,2 6,8 Dampfkraft in PS 2,2 1,5 Die oberösterreichische Papierindustrie zeigte also die Tendenz zum Großbetrieb mit einer hohen Produktivität. Die geringe Ausnützung der Dampfkraft resultiert aus einem sehr guten Ausbau der Wasserkräfte. Nach 1885 ging diese Konjunktur in ein verlangsamtes Wachstum über. Die Ursache für diese Entwicklung lag in den Exportschwierigkeiten. Durch hohe Einfuhr zölle war der russische Markt nahezu völlig verloren gegangen. Weitere Nachteile bildeten die hohen Frachtsätze der Eisenbahnen, vor allem der Südbahn. Die oberösterreichische Papierindu strie hatte ihre Produkte über den Mittelmeer hafen Triest exportiert. Mangelhafte und teure Schiffahrtsverbindungen von Triest nach Italien, Spanien und dem Orient wirkten ausfuhrhem mend. Die heimischen Fabriken rivalisierten auf diesen Märkten mit der billigeren ausländischen Papier industrie^®®. Wachstum der oherösterreichischen Papierindustrie (1871 = 100) 1875 1880 1885 1890 1895 Betriebe 71 104 71 112 117 Beschäftigte 116 102 107 150 186 Produktion in mq III 115 193 207 304 Zu Beginn der neunziger Jahre setzte wieder ein beschleunigtes Wachstum ein. Die Gründe lagen im allgemeinen Konjunkturaufschwung, aber auch in einer weiteren Verbesserung der techni schen Einrichtungen. Beachtung verdient der Ausbau der Steyrermühl, die damit zur größten Papierfabrik Österreichs wurde. Im Jahre 1888/89 entstand in „Gschröff" bei Steyrermühl eine E-Werksanlage; die Schweizer Firma Oerlikon lieferte eine 100-PS-starke Gleichstrom seriendynamomaschine für Riemenantrieb samt den Motoren. Die Steyrermühl war damit das erste Werk Österreichs, das den elektrischen Strom für technische Kraftübertragung verwer tete^®®. LEDERINDUSTRIE Die Lederindustrie hielt lange Zeit ihre hand werklich zünftige Organisationsform aufrecht. Die Ursachen hiefür bildeten die geringe Be darfskonzentration im Inland und der nur mit Qualitätsware belieferbare Auslandsmarkt, die die dezentralisierte Produktion in zahlreichen Kleinbetrieben begünstigten^®^. Oberösterreichs Lederindustrie profitierte vom allgemeinen Auf schwung der Gründerzeit. Ab 1872 machten sich aber bereits Anzeichen einer Abschwächung be merkbar, die nachstehend motiviert werden soll: 1. Konkurrenz durch Importware (vor allem schwere Leder) Die Wiener Schuhfabrikanten führten billiges belgisches Meixner Erich Maria, a. a. O., S. 155 ff. 203 Das oberösterreichische Heimatbuch, Bd. 2, Wien (1966), S. 165 f. 303 Thiel Viktor, Geschichte der Papiererzeugung und des Papierhandels in Oberösterreich, Zentralblatt für die Papierindustrie, Jg. 1928, Nr. 3—12 (1928), S. 18. 300 Statistischer Bericht 1881—1885 . . ., S. 590. 300 Meixner Erich Maria, a. a. O., S. 157 ff. 30' Messer Alois, Konzentrationserscheinungen in der österreichischen Industrie bis 1914. In: Bericht über den 11. österr. Historikertag . . ., S. 192.

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