OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

pierindustriellen des Landes forderten daher 1872 eine gründliche Reform des Eisenbahntarifwesens; alle Fracht güter, die der industriellen Produktion dienten, sollten mit niedrigen Tarifsätzen belegt werden'®^. 3. Fluktuation der Arbeitskräfte Ende der sechziger Jahre machte sich in der oberösterrei chischen Papierindustrie ein starker Mangel an Arbeits kräften bemerkbar, was zu einer Fluktuation führte. Die Papierfabrik Steyrermühl beklagte 1872, daß es trotz verschiedener Zugeständnisse noch immer nicht gelungen war, einen ständigen Arbeiterstock zu sichern. Das Un ternehmen hatte zum Beispiel Fläuser errichtet und die Wohnungen den Arbeitern kostenlos zur Verfügung ge stellt, manchmal auch die Beleuchtungs- und Heizungs kosten getragen. Neben der Gründung eines Konsum vereines und einer eigenen Schule wurde auch ein Fa brikskrankenhaus erbaut sowie ein Werksarzt angestellt"=. Im Laufe der Krise von 1873 trat durch die Verminderung des Papierkonsums ein Abschwung bei den oberösterreichischen Unterneh men ein. Die Nettingsdorfer Maschinenpapier fabrik, die älteste des Landes, ging 1873 in Kon kurs und wurde zwei Jahre später an die Firma Julius Roemer verkauft^®®. Die infolge Überpro duktion entstandenen Vorräte fanden nicht ein mal zu reduzierten Preisen Absatz und zogen letztlich einen Preisverfall nach sich^®^. Ange sichts der ernsten Lage forderten die oberöster reichischen Industriellen 1874 folgende Maßnahmen^®®: Steigerung des Papierverbrauchs durch Auflassen des Zeitungs- und Kalenderstempels, an gefällsreichen Flüssen Holzschleifereien errich tet, zum Beispiel die Papierfabrik Nettingsdorf 1883 in Steinbach an der Steyr und 1894 in Klaus, die Steyrermühl 1870 in Kohlwehr, 1878/79 Bruckmühl und 1882 die Holzschlei ferei und Deckelfabrik in ReinthaP®®. Damit wurde die Holzstofferzeugung allein nicht mehr rentabel. Soferne Papierfabriken noch Holzstoff von anderen Unternehmen bezogen, versuchten sie die Preise zu reduzieren. Die meisten Holz schleifereien installierten Deckelmaschinen, um Pappendeckel zu erzeugen und somit eine wirt schaftliche Unabhängigkeit zu erreichen. Im Jahre 1880 konnten die nicht unmittelbar in Eisenbahnnähe gelegenen Betriebe kaum Ge winne erzielen. Auf Grund der hohen Fracht sätze der Westbahn war eine Produktionsaus weitung billiger Packpapiersorten unmöglich®®®. Die Anzahl der selbständigen Holzstofferzeuger war von 1873 bis 1890 von zehn auf drei Be triebe zurückgegangen und die Produktion von 40.000 mq auf 15.000 mq. Bis zum Jahre 1885 expandierte die Papierindu strie, weil sie im Ausland neue Marktlücken er schließen konnte. Die Exporte gingen vorwiegend in den Orient, nach Italien, Spaiüen, England imd Frankreich®®^. Um in diesen Absatzgebie ten konkurrenzfähig zu sein, mußte man um fangreiche Investitionen vornehmen. Die großen Betriebe in Nettingsdorf, Eaakirchen, Obermühl Papierindustrie 1871 1875 1880 1885 1890 1895 Betriebe 24 17 25 17 27 28 Beschäftigte 1.044 1.206 1.069 1.120 1.568 1.948 Produktion in mq 78.500 87.100 90.300 151.500 162.846 238.446 Wert in fl 1,866.000 2,100.000 2,426.800 Energie in PS 1.759 2.797 5.413 7.963 davon Dampfkraft in PS 250 110 117 424 300 Aufheben oder Ermäßigung des Einfuhrzolles auf Chlorkalk und andere zur Papierfabrikation benötigte Chemikalien. Bis zum Jahre 1880 zeichnete sich keine Ände rung der Tendenz ab. Die ausländische Konkur renz drüdcte ständig die Preise. Am stärksten waren von dieser Entwicklrmg die Holzstoff fabriken betroffen. Viele Papierfabriken hatten Summarischer Bericht 1872 .. ., S. 116 f. Ebenda, 8.117. 196 Meixner Erich Maria, a. a. O., S. 156. Summarischer Bericht 1874 ..., S. 75. Ebenda, S. 76. '®® Stein Erwin, Gmunden und der Traunsee. Berlin 1929, S. 188. -1® Statistischer Bericht 1876—1880 .. ., Bd. 2, S. 212 f. ®®' Statistischer Bericht 1881—1885 . . ., S. 590.

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