Viechtau befand sich in einer ständigen Regres sion. Die Situation war hier um das Jahr 1880 äußerst prekär geworden. Der Markt in den un teren Donauländern ging durch den russisch türkischen Krieg verloren. Da aber für Hunderte von Familien die Holzschnitzerei den einzigen Erwerb bildete, drohte deren Verarmung^®®. Die 1881 gegründete Fachschule für Holzschnitzerei sollte vor allem zu einer Verbesserung der seit Jahrhunderten gleichgebliebenen Schnitztechnik beitragen und die einfachen kaufmännischen Kenntnisse vermitteln. Den Vertrieb der Schnit zereierzeugnisse besorgten einige Verleger. Die oberösterreichische Handelskammer forderte 1885 die Ausschaltung der Zwischenhändler durch eine Neuorganisierung des Verkaufs. Ähn lich wie in Steyr sollte an der Fachschule in Neukirchen auch eine gut ausgebaute kommer zielle Abteilung eingerichtet werden^®^. Für die Weiterverarbeitung von Hölzern bestan den in Oberösterreich wenige Fabriksbetriebe. Die Goldleisten- und Rahmenfabrik in Garsten arbeitete mit Sträflingen und war völlig vom Baugeschäft abhängig. Ab 1873 zeichnete sich ein Verfall ab, so daß es schließlich 1890 zur Stilllegung des Betriebes kam. In Garsten existierte noch ein zweites Unternehmen, das für das Stammhaus in Wien diverse hölzerne Artikel herstellte. Als weitere Betriebe innerhalb die ser Gruppe sind in Weyer eine Möbelfabrik, in Linz eine Kammfabrik und in Vöcklabruck die Asbestwarenfabrik von Ludwig Hatschek (gegr. 1893) zu erwähnen. PAPIERINDUSTRIE Die oberösterreichische Papierindustrie war im Verlauf der Gründerzeit enorm expansiv. Wäh rend die Fabriksbetriebe zahlenmäßig ständig zimahmen, reduzierten sich im gleichen Ausmaß die Papiermühlen. Die Erzeugung blieb auf „or dinäres" Papier und Packpapier beschränkt. Qua litativ hochwertige Sorten mußten zunächst aus dem Ausland bezogen werden. Zu Beginn der siebziger Jahre wurden erstmals feine Sorten hergestellt, als Dr. Franz Feurstein in Traun seine Stroh- in eine Seidenpapierfabrik umwan delte^®®. Der Absatz des oberösterreichischen Papiers erfolgte in allen Ländern der Monar chie^®®. Die Abschwächung der Konjimktur der ober österreichischen Papierindustrie ab 1870 war auf nachstehende Ursachen zurückzuführen: I. Hohe Rohstoffkosten Infolge der Konjunktur waren die Strazzenpreise Ende der sechziger fahre rasch angestiegen. Die österreichi schen Papierfabrikanten begannen nach neuen Rohstof fen zu suchen. Den Ersatz für die Strazzen fanden sie in Stroh und Holzstoff. Während Stroh nur teilweise verwendungsfähig war, erwies sich Holzstoff als ein ausgezeichnetes Surrogat. Von 1871 bis 1873 stieg der Papierstoffverbrauch um 88 Prozent, der Bedarf an Stroh um sieben Prozent und an Hadem um zwölf Pro zent. Insgesamt wurden 1873 zirka 38.000 mq Hadern, 32.000 mq Holzstoff und 30.000 mq Stroh verwerteti". Holzstofferzeugung Betriebe Produktion in mq Wert in fl 6 8 10 26.500 35.000 40.000 206.000 300.000 300.000 Holzstoff, aus Fichten- und Tannenholz hergestellt, eig nete sich zur Fabrikation von Papieren minderer Quali tät wie Packpapier und DeckeP®^. Die Basis für Stroh papier bildeten Roggen- und Weizenstroh. Auf Grund der äußerst geringen Güte war das Erzeugnis nur be schränkt verwendungsfähig. Die beiden Firmen, die Noitzmühle bei Wels und die Strohpapierfabrik in Schwanenstadt, produzierten neben Papier auch Stroh pappen'®'. Der große Bedarf an Holzstoff und Stroh ließ ihre Preise Ende 1872 stark ansteigen, was die gün stige Entwicklung der Papierindustrie hemmte. 2. Hohe Tarifsätze der Westhahn für Kohle Die oberösterreichischen Papierfabriken waren bis 1873 bereits größtenteils zur Feuerung mit Braun- und Stein kohle übergegangen. Die Erhöhung der Frachtsätze der Elisabethbahn beeinträchtigte die Produktion. Die PaNekola Rudolf, Die Holz- und Spielwarenhaus industrie in der Viechtau bei Gmunden. Gmunden 1882. Vgl. Exner Wilhelm, Die Hausindustrie Öster reichs. Ein Kommentar zur hausindustriellen Abtei lung auf der allgemeinen land- und forstwirtschaft lichen Ausstellung Wien 1890. (Wien 1890), S. 48 ff. Statistischer Bericht 1881—1885 . .., S. 564. 188 p)jg Großindustrie Österreichs 1848—1898, Bd. 2, S. 51. 'S» Statistischer Bericht 1876—1880 ..., Bd. 2, S. 217. '»» Summarischer Bericht 1870 .. ., S. 97. '»' Summarischer Bericht 1873 .. ., S. 147. '»» Summarischer Bericht 1870 .. ., S. 97. Trathnigg Gilbert, Welser Fabriken und Fabrikations betriebe. In: 13. Jb. des Musealvereines Wels 1966/67, S. 78.
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