OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

sdien Sensenindustrie" gründeten"". Seckendorf emp fahl den Gewerken zur Hebung des Exportes die An legung von Preisverzeichnissen und häufige Werbe einschaltungen in Zeitungen in deutscher und russischer Sprache mit russischer Gewichtsangabe und Preisen in russischer Währung. Er beanstandete die oft man gelhafte Verpackung der Waren, die Mißachtung von Zollbestimmungen und vor allem die Angewohnheit, qualitativ minderwertige Stücke den Sendungen beizu fügen. Weiters kritisierte er, daß die Lieferungen oft nicht auftragsgemäß ausgeführt wurden'". Den ober österreichischen Sensengewerken fehlte eben jede kauf männische Ausbildung, die sie vor der Übervorteilung durch ausländische Händler bewahrt hätte. Durch die hohe Abhängigkeit vom Export waren die Sensenhämmer den wechselnden Verhältnissen in Politik und Wirtschaft ausgesetzt. „Jeder Krieg, jede Mißernte in einem der Hauptabsatzgebiete führte sofort zu einer Verkaufsstockung, die bei längerer Dauer die einzelnen Werke schwer gefährdete""." Der russisch-türkische Krieg von 1877/78 schädigte die Sensenindustrie durch die Einstellung der Donauschiffahrt, die Stockung des Handels in den Ländern der unteren Donau und die •Entwertung der russischen Valuta"". e) Der Standort Die industrielle Revolution stellte den traditionellen Standort der Sensenschmieden in Frage. Die beiden bedeutenden Rohstoffe, Eisen beziehungsweise Stahl und Steinkohle, mußten über größere Entfernungen heran gebracht werden. Der Stahl kam nach Auflassung des Werkes Reichraming aus der Steiermark, die Steinkohle aus dem böhmisch-mährisch-schlesischen Raum. Die Bin dung an die Flüsse und Bächer als Energieträger war schon lange durch den Einsatz der Dampfmaschine ge löst worden. Der an Rohstoff oder Energie gebundene Standort kam nicht mehr in Frage, der konsumorientierte fiel infolge der Lage zu den Absatzgebieten völlig weg, so daß eventuell nur mehr von einem an ein geschultes Arbeiterkräftepotential gebundenen Standort gesprochen werden könnte'". Der Bau der Kremstalbahn, die Klärung der Markenschutzfrage und die Regelung der Ex portabwicklung machten nach 1885 die ober österreichische Sense wieder konkurrenzfähig. Eine Festigung der Aufschwungstendenzen sollte die von Michael Zeitlinger 1894 initiierte Grün dung des Zentralverbandes der Sensen-, Sichelund Strohmessergewerke ermöglichen. Ziel die ser Vereinigung war neben der Hebung der Lei stungsfähigkeit und der wirtschaftlichen Kräfte noch vorhandener Betriebe eine umfassende In dustrieförderungsaktion, an der sich Staat, Land und Gemeinde beteiligen sollten. „In diesen Be strebungen vereinigten sich das Handelsmini sterium, Handels- und Gewerbekammern, Gewerbeförderungsdienst und Landesausschüsse^^®." Durch Subventionen versuchte man die noch bestehenden Betriebe zu erhalten. 3. Die Messerindustrie Die oberösterreichische Messerfabrikation war eine der wenigen Zweige der Kleineisenindustrie, der ein gewisser Übergang zum Fabriksbetrieb gelang. Diese neuen Unternehmen wichen zu nächst dem Zentrum Steyr wegen der Konkur renz der Waffenfabrik aus und siedelten sich in Neuzeug und Steinbach an der Steyr an. Messerfabriken 1875 1885 1890 1895 Betriebe 2 3 4 6 Beschäftigte 136 210 303 Produktion in Stück 202.531 1,927.000 Energie in PS 113 119 davon Dampf kraft in PS 12 12 Hämmer 5 11 Seit Ende der achtziger Jahre erfolgte ein rascher Aufschwung der maschinellen Herstellung von Schneidwaren. Die neugegründeten Betriebe wa ren fast durchwegs mit den modernsten Maschi nen „nach Solinger Art" eingerichtet. Viele Be triebe hatten diese Arbeitsgeräte direkt aus So lingen bezogen^i®. Neben dieser Aufwärtsentwicklung vollzog sich der Niedergang des einstmals mächtigen Mes sererhandwerks. Schon allein der Erzeugungs prozeß war veraltert und nicht mehr konkurrenz fähig: Die Messer- und Gabelklingenschmiede in Steyr und Umgebung erzeugten die Klingen, die Schleifer und Polierer besorgten die Weiter bearbeitung und die Messerer mit dem Sitz in "» Ebenda, S. 123. '" Ebenda, S. 112 ff. "" Bachinger Karl, Der Niedergang der Kleineisen industrie ..., S. 228. "" Summarischer Bericht 1877 . . ., S. 122. Bachinger Karl, Der Niedergang der Kleineisen industrie ..., S. 344 ff. Mejzlik Heinrich, Die nördlichen Eisenwurzen..., S. 20 f. "" Hack Viktor, a. a. O., S. 157.

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