schlage K. M. (Kirchdorf-Micheldorf) und das öster reichische Erblandwappen, die die deutschen Fabrikan ten ebenfalls nachschlugen, galten nämlich nicht als Marken im engeren Sinn'®. Die Prozesse, die Franz Zeitlinger und Michael Pießlinger in Leipzig gegen deutsche Firmen anstrengten, blieben zunächst erfolglos. Zu einer positiven Regelung kam es 1888, als ein Reichsgericht in Leipzig die individuellen Markenrechte der oberösterreichischen Sensenschmiede anerkannte®'. Eine endgültige Lösung dieses Problemes brachte ein Übereinkommen, das am 6. Dezember 1892 zwischen Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich zum Schutz der Erfindungen, Marken und Muster fixiert wurde'"®. b) Die ungenügende Verkehrserschließung Die ungenügende Verkehrserschließung, vor allem des Krems- und Steyrtales, ließ die oberösterreichischen Werke gegenüber dem Ausland ins Hintertreffen gera ten. Bereits im Jahre 1866 bildete der Bau einer Bahn linie Pilsen—Budweis—Linz—Leoben, die diese Gebiete berühren sollte, die Hauptforderung zur Hebung der österreichischen Eisenindustrie'®'. Nachdem aber die Schwerpunkte der Sensenindustrie im Eisenbahnbau konzept zunächst nicht berücksichtigt wurden, hatte dies für die oberösterreichischen Sensenschmiede verhängnis volle Auswirkungen: aa) weiterhin hohe Transportkosten der Rohstoffe. Ein Übergang zur Steinkohlenfeuerung konnte erst nach dem Bau der Kremstalbahn erfolgen. Der Eisenbahntransport verbilligte die Steinkohle in Kirchdorf von ehemals 1 fl 50 kr auf 40 kr pro mq'°®. Die ständig teurer werdende Holzkohle wurde bis zum Bahnbau in den achtziger Jahren verwendet. bb) weiterhin hohe Lebensmittelpreise für die Arbeiter. Durch den verzögerten Ausbau des Schienennetzes ver teuerten die herkömmlichen Transportarten die Lebens mittel der Sensenarbeiter. Obwohl der Fabrikant für die Verköstigung der Gesellen aufzukommen hatte, zogen die hohen Fleisch- und Getreidepreise auch höhere Löhne nach sich. cc) weiterhin hohe Frachtkosten der Endprodukte. Diese drei Fakten bedingten einen hohen Preis der Finalerzeug nisse und verminderten die Konkurrenzfähigkeit der oberösterreichischen Sensen gegenüber den preußischen. Erst nach dem Bau der Kremstalbahn und deren Ver längerung bis Klaus trat hier eine Änderung ein. c) Die innerbetriebliche Organisation Das österreichische Handelsministerium nannte im Jahre 1870 folgende Ursache für die Krise der Sensenindustrie, nämlich die „merkantile Schwerfälligkeit und die patri archalische Verfassung'®®". Noch immer war es üblich, Ende Juli die Arbeiter für ein ganzes Jahr aufzudingen. Diese Sitte, die noch aus der Zeit der Zünfte stammte, barg für den Unternehmer folgende Risken: er mußte die Arbeiter zu einem Zeitpunkt aufnehmen, wo er über die Absatzverhältnisse und die Preisentwicklung des kommenden Jahres noch keinerlei Anhaltspunkte hatte. Der Gewerke konnte auch dann die Gesellen nicht ent lassen, wenn er teils durdi Winterfröste, teils durch trockene Sommer mangels an Wasserkraft nur be schränkt arbeitete oder den Betrieb überhaupt ein stellte'®®. d) Der Absatz Nach dem Verlust des Absatzmarktes in Westeuropa und Deutschland verblieb der österreichischen Sensen industrie nur mehr Rußland. Eine 70- bis 80prozentige Exportrate vom Produktionsanteil verlangte eine gut funktionierende Absatzorganisation'®®. Die oberöster reichischen Sensenindustriellen hatten es leider verab säumt, durch Anstellung von Agenten oder Errichtung von Faktoreien in den wichtigsten Ausfuhrländern, den Absatz selbst zu besorgen'®®. Häufig arbeiteten man che Hämmer ohne jede Bestellung auf Vorrat und war teten, bis die russischen Kaufleute in das Werk kamen, um die Einkäufe persönlich zu tätigen. Angesichts der großen Lager drückten die russischen Händler die Preise. Oft mußten die Fabrikanten sogar mit Verlust verkau fen, um die Vorräte zu reduzieren'®'. Einzelne Gewerken besaßen Kontakte zu russischen Händlern. Diese meldeten im Dezember den ungefähren Bedarf, schlössen jedoch das Geschäft erst ab, wenn sie die Ware benötigten. Der Industrielle, der die ganze Zeit auf Lager produzierte, war nun gezwungen, dem russi schen Kaufmann seine Sensen um jeden Preis zu ver kaufen'®®. Den oberösterreichischen Sensenindustriellen fehlten auch genauere Kenntnisse über die Absatzgebiete ihrer Waren. Durch Reisen in die Länder der Kunden hätten sie sich von der Seriösität der Vertreter überzeugen kön nen, die doch oft als wenig zuverlässig bezeichnet wur den und über die man häufig vorher nicht einmal Aus künfte eingeholt hatte. Von Seckendorf, ein Kenner des russischen Marktes, urteilte über die russischen Handels agenten österreichischer Sensenflrmen wie folgt: „Der Sensenhandel, der wohl einen wesentlichen Beitrag zur österreichischen Ausfuhr ausmache, liege in Kiew fast ausnahmslos in den Händen unreeller Geschäfts leute'®®." Eine Änderung der Absatzverhältnisse trat nach 1880 ein, als von Seckendorf und E. Wurzinger in Kiew eine „Agentur für die Interessen der österreichi- ®® Summarischer Bericht 1876 . . ., S. 8. ®® Brachmann Gustav, a. a. O., S. 82. '°® Statistischer Quinquennalbericht, S. 29. '®' Jahrbuch für Industrie und Handel, Jg. 2 (Wien 1866), S. 63. '®® Summarischer Bericht 1872 .. ., S. 100. '»® Beiträge zur Statistik der österreichischen Industrie. In: Nachrichten über Industrie, Handel und Ver kehr ..., Bd. 3, S. 60. '°® Statistischer Bericht 1870—1875 . . ., S. 484. '®® Jahrbuch für Industrie und Handel, Jg. 2, S. 61. '®® Summarischer Bericht 1873 .. ., S. 122. '®' Ebenda. '®® Summarischer Bericht 1874 ..., S. 55 f. '®® Brachmann Gustav, a. a. O., S. 112.
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