OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

c) Kohlenbergbau Der Kohlenbergbau war von allen Bergbauen für die Industrialisierung von größter Bedeutung. H. Matis®® bezeichnet den Kohleverbrauch als einen zuverlässigen „Indikator" des Industriali sierungsstandes. Die Förderung von Kohle be schränkte sich in Oberösterreich nahezu völlig auf die Braunkohlengruben der Wolfsegg-Traunthaler Gewerkschaft. I. Steinkohlenbergbau Der Abbau von Steinkohle war infolge einer äußerst günstigen Konjunktur nach 1870 rasch vorangetrieben worden, hatte aber 1872 seinen Förderungshöhepunkt überschritten. Wie beim Manganbergbau beeinflußten auch bei der Stein kohlengewinnung die geographischen Verhält nisse die Preisbildung, so daß Oberösterreichs Werte oft bis zu 180 Prozönt über dem Durch schnitt der österreichischen Reichshälfte lagen. Der Abschwung nach 1873 stellte die Rentabili tät der Gruben in Frage und führte 1877 zur Stillegung des letzten Werkes. Steinkohlenbergbau in Oberösterreich Produktion in mq Wert in fl Beschäf tigte hemmend aus. Der Mangel an geeigneten Ar beitskräften machte sich seit 1870 spürbar. Eine verstärkte Fluktuation der Bergleute verlangte Maßnahmen. Als zum Beispiel im Jahre 1872 von 352 neu angeworbenen Beschäftigten im Laufe des Jahres 115 ab- oder wegzogen, bezeichnete die Werksleitung diesen Umstand als noch äu ßerst günstig®®. Um sich einen größeren Ar beiterstock zu sichern, mußte die Gesellschaft Investitionen tätigen; so wurden zum Beispiel Arbeiterwohnhäuser errichtet und den Bergleu ten ohne Entgelt zur Verfügung gestellt. Durch den Aufschwung von Industrie und Eisen bahn häuften sich 1870 bei der Wolfsegg-Traunthaler Gesellschaft die Aufträge. Die Produktion vermochte kaum mit der Nachfrage Schritt zu halten. Die Errichtung neuer Förderanlagen wur den daher notwendig®®. Eine Änderung der Ab satzstrategie sollte die Rentabilität des Unter nehmens verbessern. Die Gesellschaft bevorzugte Großaufträge und gewährte diesen bedeutende Preisnachlässe. Nutznießer dieser Entwicklung wurden die Westbahn sowie die Salinen. Zwi schen 1873 und 1895 blieb die Braunkohlen förderung Oberösterreichs gegenüber der öster reichischen Reichshälfte erheblich zurück. Die jährlichen Zuwachsraten von 1,3 Prozent lagen weit unter dem Mittelwert Zisleithaniens. 2. Braunkohlenbergbau Die Braunkohlenförderung war in Oberösterreich mit Ausnahme von zwei kleinen Gruben für den Betrieb der eigenen Brauerei im Besitz der Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks- und Eisen bahngesellschaft. Im Jahre 1872 erwarben Josef Werndl und Georg Ritter von Eichinger das Werk. Der Braunkohlenbergbau hatte durch den Bau der Westbahn nach 1859 einen raschen Auf schwung genommen. Seit Ende der sechziger Jahre war dennoch ein deutliches Zurückbleiben in der Kohlenförderung gegenüber Zisleithanien bemerkbar. Die Ursachen hiefür dürften in erster Linie auf eine verminderte Teilnahme Ober österreichs am Wirtschaftsaufschwung der Grün derzeit zurückzuführen sein. Daneben wirkten sich auch andere Strukturelemente wachstumsJährliche Zuwachsrate des Braunkohlenbergbaues 1873—1895 (in "/oj Ober- österr. Österreich Reichshälfte Produktion 1,3 5,4 Wert der Produktion 0,15 3,8 Beschäftigte 0,53 2,79 Die Auftriebstendenzen, die sich in Österreich Ende der siebziger Jahre, anfangs der achtziger Jahre zeigten, blieben in Oberösterreich ohne Widerhall. Während die Braunkohlenförderung der österreichischen Reichshälfte einen fast kon tinuierlichen Anstieg aufwies und nur zeitweise Matis Herbert, Industrielles Wachstum und konjunk turelle Dynamik in der Franz-Joseph-Zeit. In; Bericht über den 11. österr. Historikertag .. ., S. 204. 5» Summarischer Bericht 1871 . . ., S. 54. Summarischer Bericht 1873 ..., S. 99.

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