OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

weis, das hinsichtlich Länge und Baukosten die Linzer Pläne bei weitem übertraf^^. Vom Ausbau des Telegraphen- und Telefonnet zes gingen für die Industrialisierung kaum nen nenswerte Impulse aus. Das vorhandene Stra ßenwesen war mangelhaft entwickelt und gab häufig Anlaß zu Beschwerden der Industriellen und Gewerbetreibenden^^. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß von den einzelnen Verkehrsträgern nur dem Ei senbahnbau für die Industrialisierung Bedeutung zukam. Der zögernde Ausbau des Schienennet zes verhinderte aber eine optimale Ausnützung der bestehenden Möglichkeiten. KAPITALMARKT Jede Industrialisierung verlangt nach einer ver stärkten Kapitalakkumulation. Dabei spielt die bestimmte Quantität der Ausstattung eine we sentliche Rolle^®. Der Aufbau von Industrien ist gleichbedeutend mit einer Kapitalanlage in Grundstücken, Gebäuden und Maschinen, deren Bedarf an Umlaufkapital zur Lagerhaltung und zur Finanzierung der Produktions- und Ver kaufsprozesse ständig anwächst. Die Fragen, wo her stammt dieses Kapital — welchen Umfang hat es — wie wird es in die Industrie beziehungs weise Infrastruktur geleitet — welche strategische Rolle im Wachstumsprozeß spielt es — sind Kernprobleme der Industrialisierung geworden^''. Aus der Vielfalt der Kapitalressourcen wird im Rahmen dieser Arbeit der finanzielle Sektor be sonders hervorgehoben. A. Gerschenkron hat nämlich betont, daß für die Industrialisierung rückständiger Gebiete dem Aufbau leistungs fähiger Investitionsbanken eine zentrale Aufgabe zukam. Erst durch die Finanzierungsbanken konnten die mitteleuropäischen Staaten in die Phase des „take off" eintreten^®. Das moderne Aktienbankwesen hatte in der Monarchie bereits in den fünfziger Jahren Ein gang gefunden, in Oberösterreich hingegen erst mit dem Auschwung der Gründerzeit. Im Jahre 1869 entstanden in Linz die zwei größten Geld institute des Landes, nämlich die Bank für Ober österreich und Salzburg sowie die Industrialund Commercialbank für Oberösterreich und Salzburg. Während sich die Oberbank in erster Linie dem gewöhnlichen Bankgeschäft widmete. lag das Hauptaufgabengebiet der Industrie- und Commercialbank im industriellen Gründertum. Durch ihre Initiative entstanden: 1870 in Schnee gattern eine Dampfsäge (von der Bank in Eigen regie betrieben), die Oberösterreichische Bau gesellschaft, eine Drahtseilbrücke zwischen Ot tensheim und Wilhering, 1871 die Schärdinger Granit Aktiengesellschaft und 1872 die Klein münchner Baumwollspinnereien und mechanische Weberei als Aktiengesellschaft sowie die Salz burger Bank. Weiters war das Institut im Eisen bahnbau engagiert: 1870 trat es dem Konsortium zum Bau der Pyhrnbahn bei, 1871 erwarb es die Konzession für die Vorarbeiten der BraunauStraßwalchener Eisenbahn und 1872 für die Li nien Altheim—Schärding und Ischl—Straßwalchen®". Durch das Falliment des Mutterinstitu tes, der österreichischen Industrialbank, geriet die Kreditanstalt in Schwierigkeiten. Trotz ver schiedener Rettungsversuche und großen Opfern einzelner Aktionäre war ein Konkurs nicht zu vermeiden®®. Der Sturz dieses für die ober österreichische Wirtschaft so bedeutsamen Geld institutes wirkte wie ein Schock auf die Ge schäftswelt des Landes. Auch die Bank für Oberösterreich und Salzburg wurde von der Krise im Jahre 1873 schwer geStatistischer Quinquennalbericht, S. 11. Vgl. audi Neweklowsky Emst, Die Schiffahrt und Flößerei im Räume der oberen Donau, Bd. 2, Linz 1954, S. 21 ff. Pisecky Franz, Die größte Binnenreederei der Welt. Hundertvierzig Jahre Erste Donau-DampfschiffahrtsGesellschaft — Größe und europäische Bedeutung der österreichischen Donauschiffahrt. In: Tradition, Jg. 1970, S. 56 ff. Summarischer Bericht. 1877 ..., S. 121. Kuznets Simon, a. a. O., S. 23. Crouzet Frangois, Die Kapitalbildung in Großbritan nien während der Industriellen Revolution. In: In dustrielle Revolution . . ., S. 165—215. Gerschenkron Alexander, Wirtschaftliche Rückständig keit in historischer Perspektive. In: Industrielle Revo lution ..., S. 63 ff. Summarischer Bericht 1870 ff. PrösM Siegfried, Entwicklungsgeschichte und Bedeu tung einer Kommerzbank als Beitrag zur Wirtschafts und Finanzgeschichte des oberösterreichischen und salzburgischen Raumes. Dargestellt am Beispiel der Oberbank. Diss. Linz 1972, S. 60. Vgl. Hoffmann Alfred, Oberösterreichs Wirtschaft und Gesellschaft um 1890. In: 1891—1966. 75 Jahre Oberösterreichische Landeshypothekenanstalt (Linz 1966), S. 14.

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