OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

Die Ursachen dieser Entwicklung sind zunächst Von 1869 bis 1890 blieb die Landeshauptstadt in der natürlichen Bevölkerungsbewegung zu su- Linz in der Zunahme der Einwohnerschaft hin dien. Die Geburtenziffer Oberösterreichs war ter dem industriellen Zentrum Steyr zurück. Die bedeutend niedriger als die korrespondierenden geringeren Zuwachsraten von Steyr zwischen Zahlen Zisleithaniens. Bei der Sterbeziffer gab 1869 und 1880 dürften wohl auf die schwere Bevölkerungsbewegung (1869—1890)^ Oberösterreidi österreichisdie Reidishälfte Geburten ziffer Sterbe ziffer Geburten überschuß ziffer Geburten Ziffer Sterbe ziffer Geburten überschuß ziffer 1869 31,0 27,0 4,0 40,2 28,9 11,3 1880 31,7 26,0 5,7 38,4 29,5 8,9 1890 30,4 27,6 2,8 37,5 29,1 8,4 es erheblich geringere Unterschiede. Nimmt man die Geburtenüberschußziffer als Kennzeichen des natürlichen Bevölkerungszuwachses, so lag Ober österreich weit hinter den Werten der Reichs hälfte zurück. Der Rückstand war im Wanderungsverlust sowie in einer verminderten Geburtenfreudigkeit be gründet. Bei einem Vergleich des Geburtenüber schusses von 1869 bis 1880 mit den Ergebnissen der Volkszählungen ergibt sich ein Bevölke rungsverlust von 4863 und zwischen 1880 und 1890 von sogar 9915 Personen®. Durch den Industrialisierungsprozeß entstanden große regionale Bevölkerungsveränderungen. Gebiete ohne Industrie zeigten stagnierende be ziehungsweise rückläufige Tendenzen. Die an den Eisenbahnlinien gelegenen Siedlungen und die Zentren der Industrialisierung wie zum Bei spiel Wels, Ried, Steyr und Linz entwickelten sich zu Ballungsräumen. Dennoch läßt sich fest stellen, daß Oberösterreich im Hinblick auf den Grad der Urbanisierung gegenüber anderen Län dern der Monarchie zurückblieb. Das Fehlen von großen industriellen Schwerpunkten verhinderte das Entstehen von Großstädten. Ein Vergleich der beiden größten Städte des Landes, Linz und Steyr, unterstreicht diese Entwicklungslinie. Einwohnerbewegung von Linz und Steyr (in ®/o) Linz Steyr 1869-1880 36,5 28,4 1880-1890 14,4 25,0 1869-1890 56,1 60,5 Krise der Eisenindustrie zurückzuführen sein. Infolge des Mangels an Industrie zeigte Linz für die genaimte Zeit, verglichen mit anderen Provinzialhauptstädten der Monarchie, eine lang same Bevölkerungsentwicklung^®. WANDEL DER BERUFSSTRUKTUR Im Wandel der Berufsstruktur, vor allem in der Verlagerung zwischen den einzelnen Wirtschafts sektoren, haben viele Wissenschaftler den Fort schritt der Volkswirtschaft eines Staates oder Landes gesehen^^. In Österreich sind Vergleiche der Ergebnisse berufsstatistischer Erhebungen über mehrere Zählungen hinweg nur sehr schwer möglich. So können beispielsweise die Daten für 1880 denen von 1869 wegen der unterschied lichen Behandlung der Taglöhner mit wechseln- ® Nach: Statistisches Jahrbuch für das Jahr 1868 ff. Wien 1870 ff., österreichisches statistisches Handbuch, Bd. 1 ff., Wien 1881 ff. — Die weiteren Tabellen wur den, falls nicht gesondert vermerkt, nach den Statisti ken der oberösterreichischen Handelskammer und des österreichischen Handelsmirüsteriums zusammenge stellt und berechnet. Die Diagramme beruhen auf den Angaben des statistischen Jahrbuchs für 1872 ff. und des österreichischen statistischen Handbuches, Bd. 1 ff. ' Vgl. Sturmberger Hans, Die Amerikaauswanderung aus Oberösterreich zur Zeit des Neoabsolutismus. In: Mitteilungen des Oö. Landesarchivs, Bd. 7 (1960). Suimnarischer Bericht betreffend die Verhältnisse der Industrie, des Handels und Verkehrs Oberösterreichs im Jahre 1870. Linz 1871, 5.17 f. Fourastie Jean, Die große Hoffnung des zwanzigsten Jahrhunderts. 2. Aufl., Köln 1969.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2