OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

keiten der deutschen Buchmalerei, fand der Ver fasser dieser Bemerkungen bei der liturgiege schichtlichen Auswertung^® die S-Initiale des Introitus „Statuit" am Fest der Translatio S. Ruperti insofern merkwürdig, als diese Miniatur die Erhebung des Heiligen durch den Papst dar stellt, also eine nicht alltägliche Ehrung, die nur wenigen Heiligen zuteil wurde. Wir sehen diesen außergewöhnlichen Vorgang auf der Abbildung: Während im oberen S-Bogen nur Kirchenarchitektur gemalt ist, hat der Künst ler im unteren Bogen die Begebenheit dargestellt, die bisher stets mit Rücksicht auf den liturgischen Ort des Bildes, das Fest der Übertragung des hl. Rupert am 24. September, auf den Gründer bischof von Salzburg bezogen wurde. Im Vorder grund sehen wir das geöffnete Heiligengrab, da neben links den Papst in Albe, Dalmatik, Pluviale, Handschuhen und Tiara, von den Händen die rechte segnend erhoben, die linke den (litur gisch nie verwendeten) Stab mit dem Doppel kreuz tragend. Begleitet wird er von 5 Bischöfen, einigen Kardinälen und Prälaten, von denen z. T. nur die Hüte zu sehen sind. Zwei Bischöfe halten die Säume des päpstlichen Pluviale, einer steht im geöffneten Grab und hebt eben das Haupt des Heiligen heraus, das ihm einer seiner Kolle gen abnehmen will. Während die Kardinäle nur ihre Mäntel und Hüte tragen, sind die Bischöfe in Entsprechung zum Papst mit Albe, Dalmatik, Handschuhen, Pluviale und Mitra bekleidet. Da die im Zusammenhang mit der Domweihe vom 24. September 774^' durch den hl. Virgil vorgenommene Erhebung seines Vorgängers Ru pert sicher nicht vom damaligen Papst Hadrian I. (772—795) vorgenommen wurde, sondern in den Quellen ausdrücklich Virgil zugeschrieben wird, hat man die Frage nach der ursprünglichen Be deutung des Bildes zu stellen. Es wurde offenbar von einer anderen Heiligenerhebung auf Rupert übertragen und ist nach einer entsprechenden Vorlage gemalt worden. Vor ferner abliegenden Möglichkeiten hat man bei Berthold Furtmeyr, der aus Regensburg kam und trotz seiner Arbeit im Dienst des Salzbur ger Erzbischofs Bernhard von Rohr der Regens burger Meister war und blieb, an die berühmte ste Heiligenerhebung zu Regensburg zu denken, die Papst Leo IX. am 7. Oktober 1052 in der Kirche St. Emmeram vornahm: die des heiligen Wolfgang. Das festliche Geschehen von damals wurde be reits anderwärts nach den knappen Angaben der annalistischen Nachrichten erzählt^®. Wolfgang hatte, nachdem er am 31. Oktober 994 zu Pupping gestorben war, zunächst seine letzte Ruhe stätte in St. Emmeram an der Seite seines Vor gängers Tuto (gest. 930) gefunden, wo sich bald ein Heiligenkult bildete und auch nach der Über tragung weiterlebte. Die Erhebung von 1052 ge hört zu den großen Szenen aus der Geschichte der ottonisch-salischen Reichskirche vor dem In vestiturstreit. Nachdem der Papst und Kaiser Heinrich III. Anfang Oktober nach Regensburg gekommen waren, nahm das geistliche Haupt der Christenheit in Anwesenheit des weltlichen Ge folges sowie des Regensburger Bischofs Gebhard, des Salzburger Erzbischofs Balduin, des venezia nischen Patriarchen Dominikus von Grado, der Werke, Diss. Mütrchen 1885; A. v. Rohr, Berthold Furtmeyr und die Regensburger Buchmalerei des 15. Jh., philos. Diss., Bonn 1967. Das hier behandelte Bild befindet sich in Hs. 15.711 (4. Bd. des Missale mit den Festen Augustinus, Maria Geburt, Translatio S. Ruperti, Dedicatio ecclesiae und Translatio S. Virgilii) auf fol. 62'. Über dieses vgl. Haendke, S. 32; V. Rohr, S. 48, 79. K. Amon, Der vortridentinische Salzburger Meßritus nach dem „Tewtsch Rational" des Bischofs Berthold Pürstinger von Chiemsee, in: Heiliger Dienst 20 (1966), S. 86—100, 137—156; Die Benedictiones episcopales im Salzburger Pontifikalmissale, ebd. 23 (1969), S. 154 ff. Vgl. die neue Deutung der für die Konsekration des Domes und die Übertragung der Gebeine Ruperts überlieferten Jahreszahl 774 bei: S. Haider, Zur Bau geschichte des Salzburger Virgil-Domes, in: Mitteilun gen des Instituts für österreichische Geschichtsfor schung 80 (1972), S. 35—47. Auf die Frage, warum bei der Annahme der Weihe der Krypta und der Über tragung Ruperts 774 und der Weihe des ganzen Do mes 780 die einschlägigen Feste dennoch zusammen fallen, geht der Verfasser leider nicht ein. Ausführlich bei F. Janner, Geschichte der Bischöfe von Regensburg I, Regensburg 1883, S. 499—502; G. Jacob, Grab und Krypta und die vier Erhebungen des Leibes St. Wolfgangs, in: Der heilige Wolfgang, Bischof von Regensburg, hrsg. von J. B. Mehler, Regensburg 1894, S. 100—104; G. Schwaiger, Die Kanonisation Bischof Wolfgangs von Regensburg (1052), in: Bavaria Chri stiana. Zur Frühgeschichte des Christentums in Bayern (Deutingers Beiträge 27, Festschrift Wilhelm Ziegler), hrsg. von W. Gessel und P. Stockmeier, München 1973, S. 225—233.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2