OÖ. Heimatblätter 1973, 27. Jahrgang, Heft 3/4

Was bedeutet uns heute die Reformation? (= Linzer Theologische Reihe, Bd. 2), Redaktion: Prof. Dr. Rudolf Zinnhobler. Linz 1973 (Oö. Landesverlag), 132 Seiten. S 60.—. Der zweite Band dieser neuen Reihe bringt die im Sommersemester 1972 im Rahmen der kirchengeschicht lichen Lehrveranstaltungen an der Phil.-Theol. ffochschule Linz gehaltenen Ringvorlesungen zum Thema „Reformation — Reformatoren", die Redner und Hörer verschiedener christlicher Konfessionen zusammenführte. Im Zeichen der ökumenischen Bewegung können Gedan ken und Überlegungen mit der neuen Methode der Über windung der Spaltung neue Impulse geben. Gustav Hammann bietet eine historische Studie über die in Frankreich entstandene Waldenser-Bewegung, die auch in Österreich eine rege missionarische Tätigkeit ent faltet hatte. In mehr als einem Dutzend Pfarren hatten sie in Oberösterreich ihre Gemeinschafts-Schulen, Ke maten a. d. Krems allein wies zehn solcher Schulen auf und verfügte um 1315 sogar über ein Leprosen-Spital. Mittelpunkt der waldensischen Opposition in Oberöster reich war die Stadt Steyr. Eine markante Persönlichkeit in dieser Vorbereitungsepoche vor Beginn der Reforma tion war Konrad Hertz. Vermutlich in Leonfelden ge boren, wuchs er in Leombach bei Sippachzell auf; er stand im Kreise um den Wittenberger Reformator in hohem Ansehen und schrieb als erster Luthers Tisch reden auf. Von Leopold Temmel wird der Reformator Martin Lu ther in dreifacher Sicht als Theologe, als Prophet und als Reformator einer einprägsamen Erläuterung gewür digt. Luther wuchs in einem Zeitalter auf, das nicht bloß kirchliche Schattenseiten zu verzeichnen hatte, sondern vielfach auch eine moderne Frömmigkeit pflegte. Aus dem akademischen Disput um den Ablaßhandel fühlte sich der Theologe Luther prophetisch zu spontanen Stellungnahmen und Entschlüssen gedrängt, die unerwar tete Wirkungen zur Folge hatten. Rudolf Zinnhobler greift im nächsten Beitrag das echte evangelische Anliegen Martin Luthers auf und deutet auf eine Synthese zwischen dem Trennenden und Ver bindenden hin. Bemerkenswert ist Zinnhoblers Hinweis, daß die Reformation auch der Grabmalkunst neue Im pulse brachte. Vor Luther sind Tod und Verwesung vielfach Motive der Grabmalplastik. Mit der Reformation wird plötzlich der Auferstandene und der durch Christus erlöste, auferstehende Mensch häufig Hauptthema bild nerischer Darstellung auch auf oberösterreichischen Grabmälern. In einer weiteren Studie widmet Zinnhob ler der anglikanischen Kirche eine ausführliche Darstel lung. Karl Lüthi erörtert die Weiterführung der Reformation durch den Genfer Reformator Calvin. In ideologischer Konsequenz seiner Lehre führen seine Zielsetzungen zu einer Neuausrichtung des Menschen innerhalb der Ge sellschaft, führen zu sozialen Reformen und geben An regung zu einer neuen Ethik. Den Reigen der Stellungnahmen schließt Helmut Nausner mit einer Klarstellung des Wirkens und des Lebens weges des John Wesley, des Gründers der methodisti schen Kirche. Er sieht im 18. Jahrhundert, im Zeitalter der alle Bereiche erfassenden Aufklärung, seine Haupt aufgabe in einer dringend notwendigen christlichen Mis sionierung. In einem Schlußwort erwähnt Zinnhohler noch drei Beispiele, wie im turbulenten Zeitalter der Reformation auch echte Toleranz geübt wurde. Unter den dreien ist auch ein Oberösterreicher, Georg Friedrich Koller, Pfar rer von Sierning (gestorben 1653). Als ihm der Auf trag erteilt wurde, die protestantische Stadt Wels zum Katholizismus zurückzuführen, wehrte er sich gegen die laut kaiserlicher Resolution angeordnete Landesverwei sung aller jener, die nicht zur katholischen Lehre zu rückkehren wollten. Mit seinem Gutachten setzte er sich nicht bloß bei den oberen Instanzen durch, es waren ihm damit auch große seelsorgliche Erfolge zuteil. Dieser Band ist auf dem Boden und vor dem Forum kirchengeschichtlicher Tatbestände entstanden, er bietet Übersichten, stellt Fragen, wirft Problematiken auf, ver sucht Klarstellungen in der Kürze der Beiträge. Er ist zugleich eine wertvolle Ergänzung in der Aufhellung der religiösen Situation unserer engeren Heimat an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Rudolf Ardelt Birgit Hahn-Woernle: Christopherus in der Schweiz. Seine Verehrung in bildlichen und kultischen Zeugnissen (= Sehr. d. Schweiz. Ges. f. Volkskunde, Bd. 53), Basel 1972 (Verlag G. Krebs), 204 Seiten, 16 Abb., 2 Karten beilagen. Sfr 48.—. Die Reihe vorzüglicher Monographien über Heilige — wir denken etwa an die wertvolle Untersuchung von A. Wittmann über Kosmas und Damian oder von M. Zender über den hl. Quirinus — wird durch dieses aus einer Dissertation hervorgegangene Buch wesent lich bereichert. Auch wenn sich die Darstellung in vielen Punkten auf die Schweiz und angrenzende Gebiete beschränkt, so ist sie doch auch für unseren Raum maß gebend, da die ersten zwei Kapitel, in denen die Ent stehung und Entwicklung des Christophorus-Kultes bzw. seiner Verehrung vorgeführt werden, allgemein gehal ten sind, zumal H. Rosenfelds grundlegende Arbeit über diesen Heiligen (1937) kaum greifbar ist. Zu kurz scheint uns dabei die Bedeutung des hl. Christo pherus in der Volksfrömmigkeit der Gegenwart gewür digt zu sein, in der er als Patron der Autofahrer in Zu sammenhang mit den vielen „Autoweihen" eine neue, kräftige Verehrungswelle erlebt. Falsch ist die Bemer kung, wonach der hl. Christophorus zusammen mit an deren Heiligen 1969 aus dem liturgischen Kalender ge strichen sei; im entsprechenden päpstlichen Dekret wurde nur das allgemein vorgeschriebene Missalefest (Commemoratio, am 25. Juli) abgeschafft. Auch im 3. Kapitel, „Christophorus-Zeugnisse in der Schweiz", finden wir Parallelen zu österreichischen Ver hältnissen, indem seine Funktion als Beschützer vor jähem Tod, seine Darstellungen als Riese zusammen mit Fabeltieren vor allem an Kirchtürmen, Kirchen- und

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